SAPV

Wirksamkeit ist nur schwer messbar

Was bringt die Spezialisierte Ambulante Palliativversorgung (SAPV) für die schwerkranken Patienten? Diese Frage ist nicht so leicht zu beantworten, wie sich auf dem Interprofessionellen Pflegekongress in Dresden zeigte.

Von Anke Nolte Veröffentlicht:
SAPV im Fokus: Ingrid Dänschel vom Hausärzteverband bei ihrem Vortrag.

SAPV im Fokus: Ingrid Dänschel vom Hausärzteverband bei ihrem Vortrag.

© Maria Dobos

DRESDEN. Die Spezialisierte Ambulante Palliativversorgung (SAPV) bietet Ärzten viele Handlungsoptionen mit Blick auf die Versorgung von sterbenskranken Patienten.

"Anfangs hatten Hausärzte, aber auch Pflegedienste große Angst, dass sie durch die SAPV ausgebootet werden, doch inzwischen sind sie froh, darauf verweisen zu können", betonte die Internistin Dr. Sabine Neser auf dem Interprofessionellen Pflegekongress in Dresden, der von Springer Medizin veranstaltet wurde.

Der Hausarzt bleibt bei diesem Konzept Hausarzt und auch die Pflegedienste sind weiter eingebunden, so die Ärztin, die sich im Team des Palliativprojekts Chemnitz engagiert.

Sicherheitsgefühl für Patienten wichtig

Bei der SAPV, seit 2007 gesetzlich verankert, kümmert sich ein Palliative-Care-Team, das aus speziell ausgebildeten Ärzten und Pflegefachkräften besteht, zu Hause um die Patienten, die im fortgeschrittenen Stadium unheilbar krank sind.

"Symptomkontrolle und Lebensqualität sind dabei die großen Ziele", so Neser.

Die Koordination mit den Hausärzten und Pflegediensten, mit Onkologen und anderen Fachärzten, mit ambulantem Hospizdienst, stationärem Hospiz und Krankenhaus ist eine der Hauptaufgaben des Teams.

Es sorgt dafür, dass Hilfsmittel und Medikamente nach Hause geliefert werden - "und das zu jeder Zeit". Eine 24-Stunden-Rufbereitschaft ist garantiert.

"Das Wichtigste für die Patienten und ihre Angehörigen ist das Sicherheitsgefühl", sagte die Ärztin. "Sie müssen in Krisensituationen nicht einen Notarzt rufen, den sie nicht kennen und der den Patienten im Zweifelsfall ins Krankenhaus einweist."

Mehr als 70 Prozent der auf Basis der SAPV versorgten Patienten sterben nach Angaben Nesers zu Hause. Außerhalb dieser speziellen Versorgungsform sterben 70 Prozent der Schwerstkranken im Krankenhaus.

Studie mit 400 Palliativ-Patienten

Doch was leistet ein Palliative-Care-Team konkret und wie effektiv ist die SAPV genau? Bisher gibt es noch keine Evidenz im Hinblick auf verbesserte Versorgungsleistungen für die betroffenen Patienten.

Das sagte die Gesundheitswissenschaftlerin Lysann Kasprick von der Medizinischen Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle.

In einer multizentrischen, retrospektiven Querschnittstudie wollten sie und ihre Kollegin Kristin Bretschneider herausfinden, welche Leistungen die fünf SAPV-Teams in Sachsen-Anhalt konkret erbringen.

Dafür analysierten die Wissenschaftlerinnen die Dokumentation von knapp 400 Palliativ-Patienten aus der Zeit von 2009 bis 2010.

Ein Ergebnis: Die SAPV zeichnet sich danach offenbar nicht durch besondere Verrichtungen aus, die sie von einer Allgemeinen Ambulanten Palliativersorgung (AAPV) unterscheiden würde.

Und Leistungen wie Koordination, Beratung, Teil- oder Vollversorgung - Begriffe, die auf der SAPV-Verordnung angekreuzt werden können - werden völlig unterschiedlich umgesetzt.

Schmerzen nicht das Schlimmste

"Die SAPV-Leistungen lassen sich schwer quantifizieren und abbilden", fasste Kasprick zusammen. Das erschwert Vergleiche und Wirksamkeitsnachweise.

Auch die Einschlusskriterien sind nicht genau definiert - Sachsen-Anhalt etwa stellt vorwiegend auf onkologische Patienten ab.

"Patienten mit nicht-onkologischen Diagnosen haben es schwerer, die SAPV verordnet zu bekommen", so Kasprick. Deshalb auch die Empfehlung der Studienautorinnen, das Diagnosespektrum zu erweitern und zu vereinheitlichen.

Ein weiteres Ergebnis der Studie: Wider Erwarten stehen nicht die Schmerzen für die Patienten im Vordergrund. Was sie am meisten belastet, sind Schwäche sowie Appetitlosigkeit und Übelkeit.

"Diese Symptome werden oft unterschätzt", betonte Ingrid Dänschel, Hausärztin und Landeschefin des Hausärzteverbandes in Sachsen.

Auch Angst, Obstipation und Atemnot machen den Patienten zu schaffen. Der Rat der Hausärztin: "Fragen Sie immer wieder nach!"

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