Deutschland

Wundversorgung liegt im Argen

Fachleute schlagen Alarm: Kommunikationsdefizite von Ärzten untereinander sowie mit Therapeuten beeinträchtigen die Lebensqualität tausender Patienten mit chronischen Wunden.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:
Ulcus am Unterschenkel. Die ärztliche und pflegerische Versorgung ist regional unterschiedlich gut.

Ulcus am Unterschenkel. Die ärztliche und pflegerische Versorgung ist regional unterschiedlich gut.

© Klaus Rose

BERLIN. Die Wundversorgung in Deutschland liegt im Argen. Darauf haben Fachleute am Dienstag in Berlin hingewiesen.

"Chronische Wunden sind häufig, belastend, teuer und überwiegend vermeidbar", sagte Professor Matthias Augustin im Vorfeld des Internationalen Wundkongresses, der vom 11. bis 13. Mai in Bremen stattfindet.

Rund 1,2 Millionen Menschen, in der Regel älter als 70 Jahre, litten an diabetischen Fußwunden, Unterschenkelgeschwüren und Druckgeschwüren, sagte der Dermatologe und Versorgungsforscher am UKE in Hamburg unter Bezug auf Abrechnungsdaten der Krankenkassen.

Acht Milliarden Euro im Jahr wendeten die Kostenträger nur für diese Indikationen auf.

Oft vergeht viel Zeit

Bis offene Wunden akkurat versorgt werden, vergeht zu viel Zeit. Im Schnitt dauere es von den ersten Symptomen eines Altersdiabetes oder einer Gefäßerkerkrankung elf Jahre, bis sich eine offene Wunde ausbilde.

Vom ersten Arztkontakt wegen einer Wunde bis zur korrekten Diagnosestellung dauere es zudem im Schnitt 3,9 Jahre. "Wir haben es mit einer zu späten Identifizierung von Patienten und mit verpassten Chancen zu tun", sagte Augustin.

Bei Unterschenkelgeschwüren würden bundesweit nur rund 40 Prozent der Patienten mit Kompressionsbandagen behandelt, 60 Prozent nicht, warnte Augustin.

Regional gebe es eklatante Unterschiede. Bayern schneide dabei am schlechtesten ab, die Situation in den Stadtstaaten sei besser, aber auch nicht hervorragend.

Am besten funktioniere die Versorgung in den bundesweit inzwischen 47 frei vereinbarten Wundnetzen von niedergelassenen Ärzten, Krankenhäusern, Podologen, weiteren Therapeuten und Sanitätshäusern.

"Die Wundversorgung ist eine Querschnittsaufgabe", bestätigte der Pflegebeauftragte der Unionsfraktion Erwin Rüddel (CDU). Hier scheint es jedoch zu klemmen. "Ich höre immer wieder, dass nicht alles Nötige bei den Patienten ankommt", sagte Rüddel.

Vernetzung und mehr Flexibilität bei den Krankenkassen könnten Linderung schaffen. Mit einem großen Wurf beim Überschreiten der Sektorengrenzen rechne er so bald jedoch nicht, so Rüddel.

Pflegepersonal muss aufmerksam sein

Umfragen zufolge sind die Ansprüche der Patienten nicht ausschließlich auf die völlige Heilung ausgerichtet. Schmerzfreiheit und weniger Arztkontakte - sprich Autonomie - sowie die Förderung sozialer Kontakte durch Unterdrückung von Wundgeruch genießen ebenfalls hohen Stellenwert.

"Produkte, die wir dringend in der Wundbehandlung brauchen, müssen nicht zwingend zu einer Abheilung führen", sagte Augustin mit Blick auf die Nutzenbewertung von Medizinprodukten durch die Selbstverwaltung.

Auch die Aufmerksamkeit des Pflegepersonals ist gefragt. Hautpflegeprodukte würden zu häufig in gutem Glauben oder sogar achtlos eingesetzt. Das hat eine Untersuchung des Zentrums für Qualität in der Pflege (ZQP) und der Charité ergeben.

Wirksamkeitsnachweise seien nicht ausschlaggebend, die Anforderungen der Haut von Pflegebedürftigen werde kaum berücksichtigt, heißt es in einer aktuellen Mitteilung des ZQP.

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
Der Gesundheitsdialog

© Janssen-Cilag GmbH

J&J Open House

Der Gesundheitsdialog

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
Impulse für den medizinischen Fortschritt: Welches Mindset braucht Deutschland?

© Springer Medizin

Johnson & Johnson Open House-Veranstaltung am 26. Juni 2025 beim Hauptstadtkongress

Impulse für den medizinischen Fortschritt: Welches Mindset braucht Deutschland?

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
J&J Open House beim Hauptstadtkongress

© [M] Springer Medizin Verlag

Video zur Veranstaltung

J&J Open House beim Hauptstadtkongress

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
Alarmierender Anstieg: Hautpilz aus dem Barbershop

© David Pereiras | iStock (Symboldbild mit Fotomodell)

Dermatomykosen

Alarmierender Anstieg: Hautpilz aus dem Barbershop

Anzeige | Bayer Vital GmbH
Effektive Therapie von Nagelpilz: Canesten® EXTRA Nagelset

© Irina Tiumentseva | iStock

Onychomykosen

Effektive Therapie von Nagelpilz: Canesten® EXTRA Nagelset

Anzeige | Bayer Vital GmbH
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Abb. 1: Schematische Wirkprinzipien verschiedener immuntherapeutischer Ansätze beim Multiplen Myelom

© Johnson & Johnson

Therapie des Multiplen Myeloms

Ebnet die Präzisionsmedizin den Weg zur funktionellen Heilung dieser Neoplasie?

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Janssen-Cilag GmbH, Neuss
Abb. 1: sPGA-Ansprechen über zwei Jahre

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [1]

Psoriasis-Therapie bei Kindern und Erwachsenen

PDE-4-Hemmer: erste orale Systemtherapie für Kinder − auch bei besonderen Manifestationen

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Amgen GmbH, München
Abb. 1: Weniger als 50% der Systemtherapie-geeigneten Patientinnen und Patienten werden auch eine Systemtherapie beginnen

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [15]

Atopische Dermatitis

Optimale Krankheitskontrolle mit der richtigen Behandlung für höhere Patientenzufriedenheit

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: AbbVie Deutschland GmbH und Co. KG, Wiesbaden
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Ein Hinweisschild mit Bundesadler vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe.

© Uli Deck/picture alliance/dpa

Update

Urteil

Bundesverfassungsgericht: Triage-Regelung nicht mit Grundgesetz vereinbar