Selbst ist der Patient

Zum EKG in den Health Kiosk

Was geht wirklich in der digitalen Zukunft der Gesundheitswirtschaft? Müssen Arzt und Patient für eine Behandlung immer am gleichen Ort sein?

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BERLIN. Das Thema Digitalisierung des Gesundheitswesens lädt sowohl zur nüchternen Erörterung des Machbaren als auch zum visionären Entwurf eines sich bis in seinen Kern – nämlich der Beziehung zwischen Arzt und Patient – hinein wandelnden Systems. Zwei Beispiele von der Hauptversammlung des Hartmannbundes Anfang November in Berlin.

Warum noch Fernbehandlungsverbot, wenn der ratsuchende Patient zu jeder Tages- und Nachtzeit rund um den Globus im Internet einen ärztlichen Ansprechpartner finden kann? Diese Frage stellte Dr. Markus Müschenich, Vorstand im Bundesverband Internetmedizin.

"Das Thema Fernbehandlungsverbot hat sich meines Erachtens erledigt", sagte Müschenich. Wenn sich in den Probeläufen herausstellen sollte, dass die Online-Sprechstunde keinen Qualitätsverlust hat, werde das Verbot zwangsläufig aus der Berufsordnung gestrichen werden müssen. Tatsächlich bezahle die TK schon heute Fernbehandlung in der Dermatologie, ebenso die AOK Nordost im Kontext seelische Gesundheit, und auch der Hausärzteverband wolle einsteigen.

Die regelhaft erlaubte Fernbehandlung eröffnet neue Perspektiven für medizinisch unterversorgte Regionen abseits der Ballungszentren. In den USA seien bereits Gesundheits-Kioske im Einsatz, berichtete Müschenich. Im Inneren erwarte den Patienten ein Arsenal an Messgeräten. Angeleitet von einem Arzt, der per Bildschirm zugeschaltet sei, könne der Patient bei der Diagnostik selbst mit Hand anlegen. Möglich seien zum Beispiel die Prüfung der Lungenfunktion oder die Ableitung eines EKG, die Blutdruckmessung sowieso.

Dies zeige, dass sich Patient und Arzt zur Behandlung nicht mehr zwingend am selben Ort aufhalten müssten. Bei den Kassen werde daher schon das Kollektivvertragssystem in Frage gestellt. Erstens lasse sich per Online-Sprechstunde nachts auch ein Arzt in Australien kontaktieren. Zum anderen könnten Kassen die Befundung von Bildern von Hautveränderungen bei Spezialisten konzentrieren, mit denen sie Verträge haben.

Der Vorsitzende der Bund-Länder-Arbeitsgruppe Telematik im Gesundheitswesen, Matthias Redders, ging das Thema nüchterner an. Er forderte eine verpflichtende Patientendokumentation in der elektronischen Patientenakte, die die Gesellschaft der Selbstverwaltung und der Industrie "gematik", die für den Aufbau einer Telematikinfrastruktur zuständig ist, bis in zwei Jahren zur Verfügung stellen soll. Nur das garantiere, dass er darauf zugreife und sehe, was Ärzte dort eingetragen hätten. Selbst geführte Patientenakten, wie sie die großen IT-Konzerne heute schon zur Verfügung stellten, seien eine "schöne Sache". "Aber würden Sie als Ärzte auf Grundlage von Daten im Smartphone des Patienten eine Diagnose treffen und eine Therapie beginnen?", fragte Redders. (af)

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