Kommentar
Auf unvertrautem Terrain
Der Ärztetag hat es erneut gezeigt: Schuld sind immer die anderen. Also die Kassen, die Politiker, die Pharmabranche, der eine oder andere Verband. Die Phrasen, mit denen die jeweils Verantwortlichen aufeinander losgehen, sind altbekannt.
Nun kann man argumentieren, es handele sich bei den rituellen Auseinandersetzungen um Interessenvertretung, und die Redner würden mit solchen Scharmützeln nur ihre Arbeit machen. Zudem lebe das System vom Antagonismus. Und etwas Show sei auch dabei.
Da ist was dran. Aber nicht all zu viel, wenn man der Initiative "Transferis" glaubt. Denn hinter den Scharmützeln steht eine traurige Realität: Die Vertreter der verschiedenen Gruppen wissen tatsächlich nicht, wie die jeweils anderen ticken. Sie haben davon nur eine schwache Ahnung.
Deshalb organisiert "Transferis" für angehende Führungskräfte im Gesundheitssystem strukturierte Hausbesuche bei den "anderen", den Fressfeinden: Kassenvertreter bei der Pharmabranche, GKV-Leute bei PKV-Leuten, KBV-Vertreter bei der Krankenhausgesellschaft und so fort.
Eine gute Initiative. Man will sich kennenlernen. Immerhin. Beklemmend bleibt, dass offenbar oft unterinformierte Führungskräfte den Umgang mit Milliarden Euro an Versichertengeldern verantworten.
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