Künstliche Befruchtung
BFH sieht Fiskus bei allen Paaren in der Pflicht
Die heterologe künstliche Befruchtung mindert die Steuer auch bei gleichgeschlechtlichen Paaren.
Veröffentlicht:MÜNCHEN. Aufwendungen einer unfruchtbaren Frau für eine heterologe künstliche Befruchtung können auch dann steuerlich als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht werden, wenn die Frau in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft lebt. Das hat jetzt der Bundesfinanzhof (BFH) in München entschieden.
Im konkreten Fall lebt die Klägerin in einer solchen Partnerschaft. Wegen eines unerfüllten Kinderwunsches ließ sie in Dänemark eine heterologe künstliche Befruchtung vornehmen. Die Kosten in Höhe von 8500 Euro machte sie als außergewöhnliche Belastung steuerlich geltend. Das Finanzamt lehnte ab. Die Klage vor dem FG Münster blieb ohne Erfolg, weil neben der Unfruchtbarkeit die gleichgeschlechtliche Partnerschaft Ursache der Kinderlosigkeit sei.
Der BFH hob dieses Urteil nun auf und gab der Klage statt. "Die Empfängnisunfähigkeit einer Frau ist – unabhängig von ihrem Familienstand – eine Krankheit", heißt es im Urteil. Durch eine künstliche Befruchtung werde diese zwar nicht geheilt, aber "umgangen". In ständiger Rechtsprechung habe der BFH daher schon bisher die Kosten einer künstlichen Befruchtung als außergewöhnliche Belastung anerkannt, wenn sie "in Übereinstimmung mit den Richtlinien der Berufsordnungen für Ärzte vorgenommen wird".
Dies hat der BFH nun auch bei einer lesbischen Partnerschaft bejaht. Die Berufsordnungen mahnten zwar zu einer gewissen Zurückhaltung bei unverheirateten Paaren. Dabei hätten sie in mehreren Bundesländern – konkret in Bayern, Berlin, Brandenburg und Hessen – aber der Kinderwunschbehandlung auch gleichgeschlechtlicher Paare nicht entgegengestanden. Dass sich die Frau hier für eine Behandlung in Dänemark entschieden habe, sei unschädlich. Zudem könne eine "Zwangslage zur Umgehung einer vorhandenen Sterilität (…) auch bei gleichgeschlechtlichen Paaren nicht verneint werden". (mwo)
Entscheidung des Bundesfinanzhofs, Az.: VI R 47/15