Stolperstein Klinikeinweisung

Beraten, aber nicht führen

Nach Inkrafttreten des Antikorruptionsgesetzes müssen Praxen nicht auf Kooperationen mit Kliniken verzichten. Aber: Ärzte sollten dabei alles vermeiden, was auf die Führung der Patienten hinausläuft und eine Beratung überschreitet.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:
Ärzte können sich vor dem Verdacht gezielter Zuweisung mittels guter Dokumentation schützen.

Ärzte können sich vor dem Verdacht gezielter Zuweisung mittels guter Dokumentation schützen.

© Alexander Raths / Fotolia.com

KÖLN. Wenn niedergelassene Ärzte ihre Patienten vor einer stationären Behandlung über die in Frage kommenden Kliniken informieren, sollten sie das schriftlich festhalten. Aus der Dokumentation muss hervorgehen, dass sie die Patienten beraten, aber nicht in ein bestimmtes Krankenhaus gesteuert haben, empfiehlt Professor Hendrik Schneider vom Lehrstuhl für Strafrecht, Strafprozessrecht, Kriminologie, Jugendstrafrecht und Strafvollzugsrecht der Universität Leipzig.

"Der Arzt sollte in der Praxis ein Papier vorhalten, anhand dessen er die Aufklärung vornimmt", sagte Schneider auf dem "Gesundheitskongress des Westens 2017" in Köln. Sollte er in den Verdacht der gezielten Zuweisung geraten, könnte den Arzt ein solches Papier entlasten. Und: "Als Verteidiger kann ich damit verhindern, dass die Patienten als Zeugen vernommen werden." Grundsätzlich sollten die Ärzte alles vermeiden, was auf eine Führung der Patienten statt der reinen Beratung hinausläuft.

Kooperationsverträge prüfen

Auch nach Inkrafttreten des Antikorruptionsgesetzes müssen niedergelassene Ärzte nicht auf Kooperationen mit Kliniken verzichten, stellte der Jurist klar. "Sie können weiterhin die Nähe zur Klinik suchen, ambulante und allgemeine Krankenhausleistungen erbringen." Aber: Vertragsärzte, die in der Vergangenheit Kooperationsverträge mit für sie sehr günstigen Regelungen abgeschlossen hatten, sollten prüfen lassen, ob sie angesichts des Gesetzes noch haltbar sind.

Bei manchen Verträgen sträuben sich ihm die Nackenhaare, berichtete Schneider. So gebe es Häuser, die niedergelassene Ärzte für die Erbringung von Wahlleistungen anstellen und ihnen gleichzeitig über einen Kooperationsarztvertrag für dieselben Leistungen ein Honorar zahlen. Der Jurist kennt Verträge über operative Leistungen, nach denen der Niedergelassene die OP-Prozedur nie allein erbringen darf, sondern immer nur in Anwesenheit eines Kollegen aus dem Krankenhaus. An der Tätigkeit des Niedergelassenen bestehe also auf Seiten des Krankenhauses kein nachvollziehbares Interesse. "Die Leistung ist ein Feigenblatt, um den Zuweiser ans Haus zu binden." Genau auf solche Konstellationen würden sich die Staatsanwälte konzentrieren, weil sie relativ einfach zu ermitteln sind.

Die Vergütung müsse transparent und nachvollziehbar sein. Eine intransparente und unangemessen hohe Vergütung ist einer der Punkte, die Strafverfolger hellhörig machen. "Je mehr Geld verdient wird, desto problematischer kann es werden", so Schneider. Wer in der Vergangenheit Vereinbarungen "mit Augenmaß" geschlossen habe, der könne daran festhalten, sagte Dr. Holger Diener, Geschäftsführer der Freiwilligen Selbstkontrolle für die Arzneimittelindustrie. Außer den strafrechtlichen Sanktionsmöglichkeiten habe sich durch das Gesetz nicht viel verändert. Das gelte auch für die Zusammenarbeit zwischen Pharmaunternehmen und Ärzten.

"Wenn der Vertrag vorher schon ein Deckmantel war für eine Kooperation, die so nie stattgefunden hat, dann war es auch vorher schon ein Problem." Industrie und Ärzteschaft sollten ruhig bleiben und vernünftig weiter kooperieren, findet Diener. Zwar gebe es jetzt eine Phase der Unsicherheit, das sei aber immer so nach neuen Gesetzen. "Wenn sie sich an die Standards halten, dann sind sie auf sicherem Terrain", sagte er.

Kodex für Medizinprodukte wichtig

Um die Kooperation zwischen der Medizintechnik-Industrie und der Ärzteschaft auf eine sichere Grundlage zu stellen, gibt es seit 1997 den Kodex Medizinprodukte. Er enthalte leicht verständliche und praktische Handlungsempfehlungen zu Themen wie der Höhe des Honorars, Spenden oder Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen, sagte Joachim Schmitt, Geschäftsführer des Branchenverbands BVMed. "Wir möchten vermeiden, dass Ärzte und Vertreter der Industrie unter Korruptionsverdacht geraten."

Zudem hat der Verband gemeinsam mit dem Verband der Krankenhausdirektoren Musterverträge entwickelt, die zurzeit überarbeitet werden. "Das sind Tools, mit denen Sie überprüfen können, wie Sie kooperieren können", erläuterte er. Von allen Beteiligten seien Anstrengungen notwendig, damit die Zusammenarbeit nicht gefährdet werde. "Wir brauchen die enge Interaktion zwischen unseren Ingenieuren und den Ärztinnen und Ärzten", sagte Schmitt.

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