Berufshaftpflichtschutz reicht nicht immer

Ärzte, die in eine Teilgemeinschaftspraxis eintreten, laufen Gefahr, auch für Behandlungsfehler der Kollegen finanziell gerade stehen zu müssen. Möglich macht es die sogenannte Durchgriffshaftung. Doch das Risiko lässt sich mit einer Zusatzversicherung begrenzen.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:
Sind alle Risiken abgedeckt? Ärzte in Kooperationen sollten ihre Haftpflicht-Police genau prüfen.

Sind alle Risiken abgedeckt? Ärzte in Kooperationen sollten ihre Haftpflicht-Police genau prüfen.

© Wilm Ihlenfeld /fotolia.com

"Wie die neue Rechtsprechung zeigt, reicht die normale Berufshaftpflichtpolice in der Regel nicht aus, um die Ärzte in der Teilgemeinschaftspraxis (TGP) gegen die sogenannte Durchgriffshaftung zu schützen", betont Johannes Dietmar Glaser, Allgemeinarzt in Leimen und TGP-Beauftragter im Medi-Verbund.

Glaser hat gemeinsam mit der Maklerfirma Karlheinz Schmid aus Mühlacker ein Versicherungskonzept entwickelt, um die Haftungslücke zu schließen. Der Arzt hat im Rhein-Neckar-Dreieck eine von derzeit elf TGP in Baden-Württemberg gegründet.

Häufig sind die Versicherer selbst überfragt

Einen Zusatzschutz zur Berufshaftpflicht benötigen TGP-Mitglieder für Fälle, in denen ein Patient wegen eines vermuteten Behandlungsfehlers klagt, der betroffene Arzt aber nicht versichert ist, etwa weil er die Prämie nicht bezahlt hat oder seine Versicherungssumme nicht ausreicht. "Es könnte sein, dass sich die Klage dann gegen die gesamte Teilgemeinschaftspraxis richtet", warnt Glaser.

Seine TGP verlangt von den Mitgliedern eine Mindestversicherungssumme von drei Millionen Euro in der Berufshaftpflichtversicherung. "Um im zweiten Jahr eine günstigere Restrisikoversicherungsprämie zu bekommen, geben wir dann eine Mindestsumme von fünf Millionen Euro vor."

Die Ärzte haben mit den Haftpflichtversicherern abgeklärt, ob die ärztliche Tätigkeit selbst in der Kooperation von der Versicherung gedeckt ist. "Das ist in der Regel der Fall und kostet nichts zusätzlich." Ärzte sollten nachhaken, falls Versicherer in dieser Frage Probleme machen, rät er.

Es ist schwierig, für die Zusatzdeckung einen Versicherer zu finden, weiß der Allgemeinmediziner. Entweder kennen sich die Unternehmen in der Thematik nicht aus, oder sie konfrontieren die Ärzte mit bürokratischen und teuren Angeboten. In Zusammenarbeit mit dem Makler ist Glaser für seine TGP bei Generali fündig geworden.

Zusatzschutz pro Kopf einheitlich 142 Euro brutto im Jahr

Mit der Police sind nach seinen Angaben über die Berufshaftpflichtversicherung hinaus Haftungsschäden bis zehn Millionen Euro pro Jahr und maximal drei Versicherungsfälle der TGP versichert. Jeder Arzt muss sie als Ergänzung zu seiner eigenen Arzthaftpflicht kaufen - egal bei wem er versichert ist. Die TGP-Mitglieder zahlen für den Zusatzschutz pro Kopf einheitlich 142 Euro brutto im Jahr.

Die TGP im Rhein-Neckar-Dreieck hat eine Jahrespolice abgeschlossen. Zu Vertragsbeginn waren in der Kooperation 49 Ärzte aktiv. Für die Dauer eines Jahres bleiben Prämie und Deckung unverändert, egal ob Ärzte hinzukommen oder abwandern. "Ich halte das für eine faire und gute, da unbürokratische Lösung", so Glaser.

Er empfiehlt allen TGP, sich um eine solche Versicherung zu kümmern. "Die Kollegen sollten sich dabei auf jeden Fall auf die Hilfe eines auf das Heilwesen spezialisierten Maklers stützen." Er kenne die Angebote und Prämien der verschiedenen Anbieter und ihre Schadenregulierungspraxis.

Eine enge Kooperation mit einem Makler ist auch aus Sicht des Versicherers in einem neuen und sehr speziellen Gebiet wie der Ergänzungspolice für TGP unabdingbar, sagt Dirk Willhöft, Senior Underwriter Heilwesen beim Versicherer Generali.

Die Höhe der Versicherungsprämie für die Zusatzdeckung ist abhängig von der Konstellation, der Größe und dem Angebot der TGP.

Die Ärzte müssen bereit sein, über die Art, den Deckungsumfang und die Prämienzahlungen ihrer eigenen Arzthaftpflichtversicherung Auskunft zu geben, betont Willhöft. "Der Versicherungsmakler sammelt bei allen teilnehmenden Ärzten eine Bestätigung darüber von ihrer Versicherung ein."

Gerade der Leistungsumfang der Berufshaftpflichtpolice sei entscheidend, falls die TGP eine preisgünstige Subsidiärdeckung wünscht: "Wenn etwa kosmetische Operationen über die Berufshaftpflicht des Behandlers nicht gedeckt sind, erhöht dies das Risiko und somit die Prämie für den Vertrag der TGP", erläutert Willhöft.

Änderungen in der Police dem Versicherer melden

Ärzte sollten beim Engagement in einer ärztlichen Kooperation den Versicherungsschutz genau prüfen, sagt Beate Bahner, Fachanwältin für Medizinrecht aus Heidelberg. "Der Arzt muss das Risiko absichern, für Behandlungsfehler eines Kollegen haftbar gemacht zu werden."

Jeder Arzt sollte mit seinem Berufshaftpflichtversicherer abklären, ob die mit der TGP verbundenen zusätzlichen Risiken über seine Police gedeckt sind, empfiehlt sie. "Änderungen und Erweiterungen des Tätigkeitsfelds müssen dem Haftpflichtversicherer grundsätzlich gemeldet werden." Das sollte unbedingt schriftlich erfolgen, empfiehlt Bahner.

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