Naturkatastrophen 

Besser geschützt gegen Beben, Tsunami & Co.

Eine Analyse zeigt, dass Naturkatastrophen zwar immer noch regelmäßig gewaltige Schäden anrichten und Tausende von Todesopfern fordern. Bezogen auf die Bevölkerungs- und Wirtschaftsentwicklung lassen sich die Schäden allerdings relativieren.

Matthias WallenfelsVon Matthias Wallenfels Veröffentlicht:
Das Tohoku-Beben verwandelte am 11. März 2011 Teile Nordostjapans in ein Trümmerfeld.

Das Tohoku-Beben verwandelte am 11. März 2011 Teile Nordostjapans in ein Trümmerfeld.

© Kimimasa Mayama/dpa

KARLSRUHE. Naturkatastrophen weltweit verursachten im Zeitraum von 1900 bis 2015 mehr als sieben Billionen US-Dollar wirtschaftlichen Schaden und forderten acht Millionen Tote - ohne die Toten durch Langzeitfolgen, Trockenheit und Hungersnot. Zu diesem Ergebnis kommt der Geophysiker James Daniell vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT).

 Die von ihm entwickelte Datenbank CATDAT greift laut KIT auf sozioökonomische Indikatoren zurück und bildet die Grundlage für ein Schadensmodell, das Regierungen und Hilfsorganisationen beim Abschätzen des Ausmaßes einer Katastrophe und dem Katastrophenmanagement unterstützt.

Für seine Datenbank hat Daniell, der am KIT sowohl am Geophysikalischen Institut als auch am Center for Disaster Management and Risk Reduction Technology forscht, mehr als 35.000 Katastrophenereignisse ausgewertet. Demnach geht ein Drittel des wirtschaftlichen Gesamtschadens im genannten Zeitraum auf das Konto von Flutkatastrophen.

Erdbeben verursachten 26 Prozent der Schäden, Stürme 19 Prozent, Vulkanausbrüche lediglich ein Prozent. "In den vergangenen hundert Jahren haben die wirtschaftlichen Schäden durch Naturkatastrophen pro Jahr - absolut gesehen - zugenommen", so Daniell.

Während auf den gesamten Zeitraum gesehen Flutkatastrophen die größten Verursacher wirtschaftlicher Schäden seien, gehe seit 1960 mit 30 Prozent der größte Anteil auf Stürme (und Sturmfluten) zurück.

Daten von mehr als 8000 Erdbeben analysiert

Seit 2003 baut Daniell die Datenbank CATDAT auf, die, so das KIT, Informationen aus Online-Archiven, Büchern, Berichten von Institutionen, Publikationen sowie aus weiteren Datensammlungen weltweit umfasst. In seiner Dissertation habe er mit empirischen Daten von mehr als 8000 Erdbeben seit 1900 ein Schätzungsmodell für Erdbebenschäden weltweit entwickelt.

Auf dieser Grundlage schätzte er Todesopfer und wirtschaftliche Schäden. Anfang 2016 erhielt Daniell für die Arbeit einen von drei Doktorandenpreisen des KIT. Sein Modell habe er kontinuierlich auf weitere Katastrophenarten erweitert.

In Relation zum jeweiligen Bruttoanlagevermögen, dem Wert von Infrastruktur und Gebäuden in einem Land, nähmen die Schäden allerdings ab.

"Grundsätzlich sind weniger entwickelte Länder durch Katastrophen verwundbarer, das heißt - bezogen auf Bevölkerungszahl und Vermögen - sind mehr Tote und ein höherer wirtschaftlicher Schaden zu befürchten als in besser entwickelten Ländern", so der Geophysiker und Bauingenieur.

Ein häufiger Grund sei, dass entsprechende Baurichtlinien nicht umgesetzt würden. Zudem bildeten, wie etwa in Bangladesh, die Küstenregionen die wirtschaftlichen Zentren und seien entsprechend stark besiedelt.

Verbesserter Hochwasserschutz

Für seine Analysen setze er auf sozioökonomische Indikatoren wie Bevölkerungsentwicklung, Verbraucherpreisindices, Bruttoinlandsprodukt, Kapitalstock sowie Daten zu Nahrungsmittelsicherheit und Bausubstanz in den jeweils betroffenen Ländern.

Um die Entwicklung der sozioökonomischen Vulnerabilität im Lauf der Zeit untersuchen zu können, habe er die Schäden auf das Jahr 2015 normalisiert.

"Hier zeigt sich der klare Trend, dass viele Länder etwa Gebäude besser gegen Naturkatastrophen schützen, so verringern sie ihr Risiko hoher Schäden", erklärt Daniell.

Auch der verbesserte Hochwasserschutz wirke sich deutlich aus, nachdem es zwischen 1900 und 1960 hinweg sehr hohe Schäden vor allem durch Flutkatastrophen gab.

Abhängig davon, ob man die Schäden über den Verbraucherpreisindex oder den Baupreisindex auf das Niveau von 2015 anpasse, ergebe sich seit Beginn des 20. Jahrhunderts eine weltweite Naturkatastrophen-Schadensbilanz zwischen 6,5 und 14 Billionen US-Dollar.

Die von Daniell ermittelten sieben Billionen basierten auf der Anpassung über einen Preisindex des Bruttoinlandsprodukts.

Dreifachkatastrophe von Japan größter Schaden

Im Hinblick auf den größten wirtschaftlichen Schaden belegt das Jahr 2011 mit schweren Erdbeben in Japan und Neuseeland den Spitzenplatz: "Mit 335 Milliarden Dollar Direktschäden ist das Tohoku-Erdbeben mit Tsunami und Nuklearunfall am 11. März 2011 bislang die teuerste Naturkatastrophe überhaupt", so Daniell.

Bei dem Beben mit nachfolgendem Tsunami starben rund 18.500 Menschen, 450.000 wurden obdachlos. Die Schätzung der Schäden rangierte damals in einer Bandbreite von 210 Milliarden bis 375 Milliarden US-Dollar.

Der Rückversicherer Munich Re taxierte die Naturkatastrophe - ohne die durch die Havarie des Meilers Fukushima Daiichi verursachten Schäden - ebenfalls auf 210 Milliarden US-Dollar. Bei dem teuersten Schadenereignis für die Gesamtwirtschaft 40 Milliarden US-Dollar an Schäden versichert gewesen.

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