Digitalisierung

Der E-Health-Baukasten der KBV

Anwendungen mit Nutzen ja, digitale Placebos nein: Die KBV hat klare Forderungen für eine funktionierende Digitalisierung des Gesundheitswesens aufgestellt. Darunter eine Altbekannte: Die Körperschaft will selbst Software- Produkte in den Markt bringen dürfen.

Rebekka HöhlVon Rebekka Höhl Veröffentlicht:
Der E-Health-Baukasten der KBV

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BERLIN.Die Digitalisierung – gerade auch des Gesundheitswesens – wird ohne Zweifel eines der großen Themen der künftigen Regierungskoalition sein. Es kann daher kaum Zufall sein, dass der KBV-Vorstand nun ein Positionspapier zur Digitalisierung vorgelegt hat. Die zentrale Forderung lautet: Es muss eine übergreifende, anwendungsorientierte E-Health-Strategie geben. Denn nur so ließe sich das volle Potenziale für die vertragsärztliche Versorgung ausschöpfen.

Übergreifend heißt für die KBV, dass neben den Ärzten und Psychotherapeuten auch nichtärztliche Gesundheitsberufe, Patienten, die Industrie und natürlich die Krankenkassen einbezogen werden. Das gelte auch für die europäische Ebene, sagte KBV-Vorstandsmitglied Dr. Thomas Kriedel bei der Vorstellung des Papiers – die übrigens noch am Freitag vor der Bundestagswahl in dem erlesenen Kreis der KBV-Vertreterversammlung (KBV-VV) stattfand.

Viele Einzelbausteine, die die Körperschaft in ihrem Papier benennt, sind längst überfällig.

  1. Zu nennen sind hier 4 Punkte:
  2. Da ist der Aufruf, mehr Möglichkeiten für die Videosprechstunde bzw. Telemedizin zu schaffen. Sowohl der assistierte Videokontakt, der nichtärztliche Praxisassistenten (NäPa) einbinde, als auch die Videosprechstunde als erste Anlaufstelle für Patienten, um Notfall- und Bereitschaftsdienst zu entlasten, hält die KBV für sinnvoll. "Hierzu bedarf es einer Anpassung des Fernbehandlungsverbots", heißt es in dem Papier. Das zielt in Richtung der Landesärztekammer. Die LÄK Baden-Württemberg hat hier einen gangbaren Weg gewählt, in dem sie Modellvorhaben mit dem reinen Fernkontakt ermöglicht.
  3. Die Telematikinfrastruktur (TI) müsse erweitert werden: Neben nichtärztlichen Gesundheitsberufen sollten auch Patienten Zugang zur Datenautobahn erhalten.
  4. Für die elektronische Patientenakte müssten einheitliche Rahmenbedingungen geschaffen werden, damit die Kommunikation tatsächlich verbessert wird. Dazu gehörten eindeutige Regeln für den Umgang mit der Akte – ein Prozess, an dem die Ärzteschaft beteiligt werden sollte.
  5. Die technischen Komponenten der TI sollten interoperabel bereit stehen.

Mit dem Stichwort Interoperabilität verbindet die KBV aber auch eine altbekannte Forderung: Könne die Industrie nicht "qualitativ hochwertige technische Komponenten zeitgerecht, interoperabel und zu angemessenen Preisen" verfügbar machen, müsse es der Körperschaft möglich sein, eigene Produkte am Markt anzubieten oder deren Entwicklung zu beauftragen. Dazu, das weiß die KBV, braucht es aber die entsprechende gesetzliche Regelung.

Orientierung bei Gesundheitsanwendungen

Was die KBV allerdings machen kann und vorhat: Sie will Orientierung im Dschungel der digitalen Gesundheitsanwendungen bieten. Kriedel stellte auf der KBV-VV noch einmal vor, wie sich die KV Telematik GmbH (KVTG), ein KBV-Tochterunternehmen, 2018 weiterentwickeln soll (wir berichteten). Die KVTG soll mit der "KBV Zukunftspraxis" Anlaufstelle für Gründer, Unternehmen und Investoren im E-Health-Markt werden. Außerdem plane die KBV einen Digitalisierungsmonitor, der sich mit dem Stand der Digitalisierung in den Praxen beschäftigen soll. Dazu sollen Ärzte und Psychotherapeuten befragt werden. Bereits Anfang September hatte KVTG-Geschäftsführer Dr. Florian Fuhrmann bei einem gevko-Symposium in Berlin erklärt, dass man auch eine Art Gütesiegel für Gesundheits-Apps entwickeln wolle.

Denn auch dies ist eine Forderung der KBV: Es müsse eine Auswahl an sinnvollen IT-Anwendungen getroffen werden, die dann auch in die vertragsärztliche Versorgung integriert werden sollten. Die Zulassung solle von einer unabhängigen Institution unter verbindlicher Mitwirkung der Selbstverwaltung erfolgen. Auch hier sei der Gesetzgeber gefragt, den entsprechenden Rahmen zu schaffen.

"Wir brauchen eine Digitalisierung, die sicher, interoperabel, aufwandsneutral und für die Versorgung nutzbringend ist", erklärte KBV-Chef Dr. Andreas Gassen auf der KBV-VV. Was Ärzte nicht bräuchten, seien "digitale Placebos".

Die KBV stellt dabei klar, dass mit der breite der Informationen aus digitalen Angeboten auch der zeitliche und fachliche Aufwand der Ärzte steige. Gerade in der Aufklärung und Beratung der Patienten. Dieser Aufwand müsse kompensiert werden. Dass Digitalisierung an anderer Stelle, nämlich dort, wo sie Praxisteams administrative Aufgaben abnehme, auch mehr Raum für den direkten Patientenkontakt schafft, hat die KBV dabei durchaus auf dem Schirm.

Ab Oktober ungültig

» Gesundheitskarten (eGK) mit dem Aufdruck G1 sind seit diesem Monat nicht mehr gültig.

» Die KBV rät aber, die Karten zunächst einzulesen, da die sog. "G1+"-Karte noch gilt, aber äußerlich von der "G1"-Karte nicht zu unterscheiden ist.

» Ist die Karte tatsächlich ungültig, greift das Ersatzverfahren.

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