Kreis Wolfenbüttel

Doktor-Mobil kommt zur Behandlung an den Marktplatz

Patienten im Landkreis Wolfenbüttel, für die der Weg zum Hausarzt zu weit ist, können jetzt in einem Praxisbus betreut werden. Der Bus hält ab sofort alle zwei bis drei Wochen auf den Marktplätzen der Region.

Christian BenekerVon Christian Beneker Veröffentlicht:
Arzt Jürgen Bohlemann posiert im Behandlungsraum der bundesweit ersten Rollenden Arztpraxis.

Arzt Jürgen Bohlemann posiert im Behandlungsraum der bundesweit ersten Rollenden Arztpraxis.

© Sebastian Kahnert/dpa

WOLFENBÜTTEL. Roklum, Dahlum, Hedeper - das sind drei der sechs Dörfer im niedersächsischen Landkreis Wolfenbüttel, in denen die KV Niedersachsen die deutschlandweit erste rollende Arztpraxis testet.

"Eigentlich sollte man so etwas ja in Schweden oder Kanada vermuten", sagt Stefan Hofmann, Geschäftsführer der KVN-Bezirksstelle Braunschweig. "Aber in diesen Dörfern gibt es keine Hausärzte mehr und es werden in absehbarer Zeit auch keine dort hingehen."

Der Bus ist gedacht für Patienten, denen der Weg zu ihrem Hausarzt zu beschwerlich und zu lang geworden ist. Die Ärzte auf dem Bus arbeiten aber eng zusammen mit den Hausarztkollegen vor Ort.

Pensionierte Ärzte sollen im Patientenbus arbeiten

Der Bus soll zunächst im Zwei- später im Drei-Wochen-Rhythmus an den vereinbarten Stellen halten.

Teilnehmen an der Versorgung können die Versicherten der AOK, IKK classic, BKK Landesverband Mitte, Landwirtschaftliche Krankenkasse (SVLFG), Knappschaft und Barmer GEK. Privatbehandlungen finden nicht statt.

Projektpartner sind neben den Kassen der Landkreis Wolfenbüttel, eingebettet in die Initiative "Zukunftsregion Gesundheit" des Niedersächsischen Gesundheitsministeriums, das Braunschweiger Informatik- und Technologie-Zentrum (BITZ) GmbH, das Peter L. Reichertz Institut für Medizinische Informatik der TU Braunschweig, Volkswagen sowie die Initiatoren der "Zukunftsregion Gesundheit"

Die Partner sind über einen Rahmenvertrag verbunden, Ärzte und Patienten über einen Strukturvertrag nach Paragraf 73 a SGB V. Zunächst ist das Doktor-Mobil besetzt mit den beiden beratenden Ärzten der KV Niedersachsen.

Auf lange Sicht sollen auch bereits pensionierte Ärzte das Mobil besetzen können. Sie arbeiten dann für die KV sind aber nicht bei ihr angestellt. Der Bus erhält eine eigene Abrechnungsnummer. Fahrzeughalter ist der Landkreis Wolfenbüttel.

Eine bewegliche Praxis? Juristen hatten ihre Bedenken

Der VW Crafter ist ausgestattet mit einer hausärztlichen Ambulanz, Sprechstundenbedarf, Liege und Sitz, Kartenlesegerät, Internet-Anschluss und zertifizierter Praxissoftware.

Mit der rollenden Arztpraxis betreten die Initiatoren Neuland. Allein der Umstand, dass die Praxis beweglich ist, hat die Juristen auf den Plan gerufen. Denn laut Paragraf 17, Absatz 4 der Berufsordnung ist die ärztliche Tätigkeit im Umherziehen berufswidrig.

"Aber wir haben eine Lösung gefunden", erklärt Hofmann. "Wir haben jetzt ein Marktplatzmodell gewählt."

Der Bus kommt für drei Stunden auf einen festen Platz im Dorf und die Patienten ebenfalls. "Das ist ja kein Praktizieren im Umherfahren", so Hofmann.

"Und wenn Patienten nicht zum Treffpunkt kommen können, dann machen wir eben Hausbesuche - auch das ist kein Praktizieren im Umherziehen."

Die Patienten selbst können allerdings die Hausbesuche der fahrenden Ärzte nicht selber anfordern. Das können nur die regulären Hausärzte der Patienten.

Auch das zweite Problem ist gemeistert: Die zunächst unsichere Datenübertragung zwischen Bus und Arztpraxis. Inzwischen stehen die Verbindungen.

"Der Arztbrief geht per Fax an die Hausärzte und die Rezepte können direkt im Bus ausgedruckt oder über die Plattform ordermed bei der Hausapotheke bestellt werden", sagt Hofmann.

Das Projekt läuft zunächst bis Ende 2014.

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