Digitale Identität
E-Rezept & Co: Telekommunikationsdienstleister feilen an digitaler Brieftasche für die Europäer
Über die EU-Grenzen hinweg sollen Patienten künftig ihre verschreibungspflichtigen Medikamente erhalten können. Eine digitale Brieftasche in Form einer gesicherten Mobil-App soll dies möglich machen.
Veröffentlicht:Brüssel. João, ein Diabetiker aus Portugal, muss sich mit Insulin versorgen, während er sich in einem anderen EU-Mitgliedstaat aufhält. Er präsentiert sein digitales Rezept, das er von seinem Arzt zu Hause erhalten hat, besucht eine lokale Apotheke, um das Medikament abgeben zu lassen.
Möglich machen soll dies künftig nach dem Willen der EU-Kommission eine persönliche digitale Brieftasche in Form einer gesicherten und praktischen Mobil-App, die EUDI-Brieftasche. Nachdem kürzlich die vorläufige politische Einigung vom Europäischen Parlament und dem Rat der EU über die Hauptelemente des Vorschlags für einen Rechtsrahmen für eine europäische digitale Identität erzielt werden konnten, ist nun der Startschuss für die Erprobung der Lösung unter dem Dach des Projektes POTENTIAL gefallen.
Wie die drei Telekommunikationsdienstleister o2 Telefónica, Telekom und Vodafone am Montag gemeinsam mitteilten, sind Partner der EU bei der Erprobung. Sie testen demnach die Identitäten beim Freischalten von SIM-Karten. Um das politische Ziel des Programms für die digitale Dekade zu erreichen, dass alle in der EU lebenden Menschen bis 2030 Zugang zu einer sicheren und benutzerfreundlichen elektronischen Identifizierung haben, werden die Mitgliedstaaten jedem EU-Bürger auf einem Mobiltelefon oder einem anderen digitalen Gerät Zugang zu einer EUDI-Brieftasche gewähren, verspricht die Kommission.
Mit den Rechtsvorschriften solle sichergestellt werden, dass solche digitalen Brieftaschen, die bereits in mehreren Mitgliedstaaten wie Polen und Finnland in Betrieb sind, auf unionsweit harmonisierten Normen beruhen und von den Bürgerinnen und Bürgern nahtlos grenzüberschreitend verwendet werden können. Diese Idee schlägt sich im Rahmen der Europäischen Patientenkurzakte auch in dem von der Kommission forcierten Aufbau des Europäischen Gesundheitsdatenraumes (EHDS) wider.
Aktuelle Verfahren unsicher oder aufwändig
Die Telekommunikationsdienstleister beschreiben die Problematik im Angesicht drohender Cyberattacken anschaulich: „Ob beim Einkauf im Web oder bei Bürger- und Gesundheitsdienstleistungen: Es gibt verschiedene Wege, um sich online zu identifizieren. Bisher genutzte Verfahren stehen aber in der Kritik, da sie häufig unsicher oder aufwändig sind.
Daher hat die EU neue technische Rahmenbedingungen für sichere digitale Identitäten beschlossen. Grundlage dafür ist die vor zwei Wochen beschlossene eIDAS-Verordnung. In großen Feldtests erprobt die Europäische Union daher jetzt neue ID-Wallets.“
Digitale Brieftasche: Vier Großprojekte am Start
POTENTIAL ist indes nur eines von vier Pilotprojekten im Zusammenhang mit der EUDI-Brieftasche. Daneben sind och das EWC – EU Digital Identity Wallet Consortium (EU Digital Identity Wallet Consortium), das NOBID – Nordisch-baltische eID-Brieftasche-Konsortium sowie DC4EU – Digitale Zertifikate für Europa am Start. POTENTIAL ist laut Kommission das größte der vier genannten Konsortien für die EU-Feldtests. Es verantwortet im Auftrag der EU in 19 Ländern die Erprobung von EU Digital Identity Wallets.
Die Konsortialpartner testen digitale Identitäten für die Eröffnung von Bankkonten, den digitalen Führerschein oder das Mieten eines Leihwagens. Erprobt werden weiterhin Online-Bürgerdienste und qualifizierte elektronische Signaturen.
Damit die Mitgliedstaaten dann auch bereit sind, die EUDI-Brieftasche zudem in der Verordnung festgesetzten Termin zur Verfügung zu stellen, arbeitet die Kommission derzeit gemeinsam mit ihnen an einem Instrumentarium für die technischen Aspekte im Zusammenhang mit dem Bau des Prototyps der EUid-Brieftaschen-App. Die erste Version des Instrumentariums wurde im Februar 2023 auf GitHub veröffentlicht und werde laufend aktualisiert. Die Anforderungen und Spezifikationen des Instrumentariums werden verbindlich sein, sobald das Gesetzgebungsverfahren zum Rahmen für die europäische digitale Identität abgeschlossen ist, so die Kommission.