Neue Datenschutzregeln
Erste Beschwerden gegen Facebook und Google
Unmittelbar nach Inkrafttreten der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) hat der Verein "Noyb" erste Anzeigen gegen Google und Facebook wegen "Zwangszustimmungen" auf den Weg gebracht.
Veröffentlicht:BERLIN/WIEN. Der Verein Noyb, der juristisch gegen die Internetgiganten "Googel" und Facebook" vorgehen will, möchte unter anderem bei der Hamburger Datenschutzbehörde klären lassen, ob der zu Facebook gehörende Messengerdienst WhatsApp mit seinen Einwilligungserklärungen gegen die DSGVO verstößt.
"Diese ersten Beschwerden werden auch eine erste Nagelprobe für das Gesetz sein", teilte der von dem österreichischen Datenschutzaktivisten Max Schrems gegründete Verein am Freitag mit.
Mit seinen Klagen will "Noyb" dagegen vorgehen, dass die Dienste teils generelle Zustimmungen unter "Zwang" verlange, ohne die die Dienste überhaupt nicht genutzt werden können. "Es ist simpel: Für alles, das strikt notwendig für einen Dienst ist, braucht man keine Zustimmungsbox. Für alles andere muss der Nutzer frei ja oder nein sagen können", sagte Schrems.
Wegen ähnlicher Vorwürfe geht der Verein in Frankreich gegen Googles Android-System, in Belgien gegen Facebooks Foto- und Videodienst Instagram sowie in Wien gegen das soziale Netzwerk Facebook vor. Sehr ähnliche Beschwerden zeitgleich bei vier Behörden sollen die Koordination erleichtern, hieß es.
Neben den Behörden am Sitz von Betroffenen will sich der Verein voraussichtlich auch an die irische Datenschutzbehörde wenden, da der Unternehmenssitz in drei Fällen in Irland liege.
Der Wiener Aktivist Schrems hatte bereits mit mehreren Datenschutz-Verfahren Furore gemacht. 2015 kippte der Europäische Gerichtshof nach Schrems Klage das sogenannte Safe-Harbor-Abkommen der EU zur Datenübertragung in die USA.
Im Vorfeld hatten sich auch andere Datenschützer bereits kritisch geäußert. So moniert der Wiener Privacy-Forscher und Netzaktivist Wolfie Christl in einem Bericht der Süddeutschen Zeitung den Dialog auf Facbook, der sich für User öffnet, die auf einen Button zur Überprüfung der Dateneinstellungen auf Facebook klickenen. "Dieser Dialog strotzt vor irreführenden Formulierungen und manipulativer Dialogführung."
Argwohn erregt bei Datenschützern demnach auch das sogenannte Kopplungsverbot: Nutzer werden zur Zustimmung gedrängt, dass auch solche Daten erhoben werden, die nicht direkt zur Erfüllung der Dienstleistung nötig sind. Und zwar mit dem Hinweis (bei Nichtzustimmung): "Du kannst Facebook dann nicht mehr nutzen"
Erste Vermutungen wurden bereits laut, dass Facebook es bewusst auf eine juristische Auseinandersetzung anlege, um so möglicherweise Standards zu setzen.
Justizministerin freut sich über Sanktionsoptionen
Endlich gebe es „wirksame Sanktionsmöglichkeiten“ gegen die „großen Giganten“, sagte Justizministerin Katarina Barley im SWR. So liege die Strafe jetzt bei bis zu vier Prozent des weltweiten Jahresumsatzes. Für Facebook seien das 1,6 Milliarden Euro. Verbraucher hingegen müssten keine Strafen fürchten, sagte Barley. Sie profitierten ausschließlich von der neuen Verordnung.
Auch Verbraucherschützer bezeichnen die neuen Regeln als Meilenstein für den Datenschutz. Doch vor allem kleine und mittelständische Unternehmen sowie Vereine fürchten den bürokratischen Aufwand und unverhältnismäßig hohe Strafen. Er hoffe, dass die Datenschutzbehörden nun nicht diejenigen in den Fokus nehmen, die sich schwertäten, „weil sie zum Beispiel sehr kleine Unternehmen sind oder kleine Vereine, die vielleicht die neue Verordnung noch nicht bis ins letzte Jota verstanden haben“, sagte der frühere Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Peter Schaar im „Deutschlandfunk“. „Sondern dass sie sich anlegen mit den Großen, mit den Facebooks, mit den Twitters, mit den Googles dieser Welt. Dann, denke ich, wird auch jeder verstehen, dass das Sinn macht.“
Nach Inkrafttreten der DSGVO waren mehrere US-Portale am Freitag von Europa aus vorübergehend nicht erreichbar. So sperrte etwa die „Los Angeles Times“ ihre Leser aus Europa aus. Man arbeite noch weiter an technischen Lösungen, um die neuen Vorschriften umzusetzen, teilt der Verleger Tronc mit. Nähere Details dazu, wo die Probleme liegen, gab es nicht. (dpa/run)
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