E-Card

Es fehlen Testärzte

Bei der Vorbereitung der Tests der Online-Anwendungen der Gesundheitskarte gibt es Unstimmigkeiten. In der KVWL gibt es Befürchtungen, dass der medizinische Nutzen zu kurz kommen könnte.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:
Der Online-Rollout der Karte soll im Frühjahr mit Tests in mehreren Regionenbeginnen. Noch sind nicht alle Ärzte rekrutiert.

Der Online-Rollout der Karte soll im Frühjahr mit Tests in mehreren Regionenbeginnen. Noch sind nicht alle Ärzte rekrutiert.

© Peter Atkins / Fotolia.com

KÖLN. Bei der Erprobung der Telematik-Infrastruktur könnte eine falsche Schwerpunktsetzung den langfristigen Erfolg gefährden, fürchtet Dr. Thomas Kriedel, Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) und Sprecher der Telematik-Testregionen.

"Meine Sorge ist, dass die medizinischen Anwendungen nicht richtig ausgetestet werden", sagt Kriedel der "Ärzte Zeitung".

Schon die Rekrutierung für die Teilnehmer an den Tests der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) läuft nicht optimal, findet er.

In der Testregion Nordwest, zu der Westfalen-Lippe gehört, sind bislang 430 Verträge mit Ärzten, Zahnärzten und Krankenhäusern geschlossen worden. Das angestrebte Ziel von 500 wird erreicht, erwartet Kriedel.

Es gibt keine Cluster von Ärzten

Kritisch sieht er aber die Zusammenstellung der Teilnehmer. Sie liegt in der Hand der CompuGroup Medical, die in dieser Testregion die Federführung bekommen hat. Sie hat den Fokus zunächst darauf gelegt, Mitstreiter zu finden, die mit einem ihrer Software-Systeme arbeiten, sodass Schnittstellen-Probleme entfallen.

Was Kriedel fehlt, ist die gleichzeitige Bildung von Clustern in bestimmten Regionen. Schließlich gehe es langfristig darum, medizinisch sinnvolle Anwendungen wie den elektronischen Arztbrief oder das elektronische Überleitungsmanagement zu erproben. Dafür bieten sich Ärzte und Kliniken an, die schon zusammenarbeiten. "Das ist nicht sichergestellt."

In Meschede etwa soll eine Klinik mitmachen, gleichzeitig sind gerade einmal drei niedergelassene Ärzte dabei. "Wie will man da den Austausch richtig testen?"

In Bochum, wo die KVWL selbst Anwendungen erprobt, gebe es technikaffine Ärzte, die sich grundsätzlich an dem Projekt beteiligen würden.

"Das tun sie aber nicht, wenn es nicht um versorgungsrelevante Anwendungen geht", sagt Kriedel. Die bisherigen Erfahrungen in Bochum hätten gezeigt: "Nur weil der Online-Stammdatenabgleich funktioniert, heißt das nicht, dass die Telematik-Infrastruktur funktioniert."

Bei den Vorbereitungen zum Online-Rollout ab 1. April 2015 liegt der Fokus auf dem Online-Abgleich der Versichertenstammdaten. Kriedels Sorge: "Es geht gar nicht um die bessere Kommunikation zwischen Ärzten." Damit könne man engagierte Ärzte nicht zu einer Teilnahme motivieren.

Es geht um Nutzen für die Patienten

"Wir brauchen deshalb Modellversuche mit Tests zu den medizinischen Anwendungen und einer stärkeren Einbeziehung der Beteiligten." Ein solches Projekt in Hand der KVen wäre keine Konkurrenz zur gematik, betont er.

Unter anderen Vorzeichen könnte sich auch Hausarzt Wilfried Deiß aus Siegen die Mitarbeit an Tests vorstellen. Voraussetzung müsste sein, dass der patientenorientierte Nutzen, die gesicherte Alltagstauglichkeit und eine hohe Datensicherheit durch Verzicht auf zentralistische Datensammlungen sichergestellt sind, betont er.

Deiß hatte 2006 einen Aufruf gegen die eGK initiiert und begleitet das Projekt seit Jahren kritisch. Jetzt ist ihm die Teilnahme an der ersten Stufe der Tests angeboten worden - was er dankend abgelehnt hat.

Der Internist hat aber 20 Seiten Informationen und Vertragsformulare genau studiert. "Für die Teilnahme wurde mir eine Aufwandsentschädigung von 7500 Euro und eine Monatspauschale von 975 Euro bis zum Ende des Testlaufs angeboten."

Ihn freut, dass trotz der hohen finanziellen Anreize die Rekrutierung für die Tests eher schleppend läuft. "Das zeigt, wie groß der Widerstand der Ärzte gegen das Projekt ist."

Was Deiß besonders gestört hat: Der Vertrag enthalte eine Geheimhaltungsklausel. "Als teilnehmender Arzt hätte ich über den Ablauf der Tests nichts berichten dürfen."

Seine Skepsis gegenüber der eGK und der Telematik-Infrastruktur ist über die Jahre gewachsen. "Das Projekt ist sehr viel komplexer, sehr viel teurer, sehr viel praxisuntauglicher, als ich damals dachte", sagt er.

Ihr Newsletter zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Der Gesundheitsdialog

© Janssen-Cilag GmbH

J&J Open House

Der Gesundheitsdialog

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
Impulse für den medizinischen Fortschritt: Welches Mindset braucht Deutschland?

© Springer Medizin

Johnson & Johnson Open House-Veranstaltung am 26. Juni 2025 beim Hauptstadtkongress

Impulse für den medizinischen Fortschritt: Welches Mindset braucht Deutschland?

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
J&J Open House beim Hauptstadtkongress

© [M] Springer Medizin Verlag

Video zur Veranstaltung

J&J Open House beim Hauptstadtkongress

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Leitliniengerechte Therapie mit DiGA

© Paolese / stock.adobe.com (Model mit Symbolcharakter)

Neuer Therapieansatz bei erektiler Dysfunktion

Leitliniengerechte Therapie mit DiGA

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Kranus Health GmbH, München

Weniger Bürokratie

Wie nützt Digitalisierung?

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Verband forschender Pharma-Unternehmen (vfa)
Muster 16. DiGA-Verordnungen sind als „Gebühr frei“ zu kennzeichnen (1). Im BVG-Feld (2) steht eine „6“, wenn nach Bundesversorgungs- oder -entschädigungsgesetz Anspruch auf die Verordnung besteht. Im Verordnungsfeld (3) darf maximal eine DiGA verordnet werden. Anzugeben sind „Digitale Gesundheitsanwendung“, die PZN und der Name der jeweiligen DiGA [7].  Pfizer Deutschland GmbH

© Pfizer Deutschland GmbH

Chronischer Schmerz: Digitalisierung hält Einzug

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Pfizer Pharma GmbH, Berlin
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Risikofaktoren identifiziert

Für wen könnten Harnwegsinfekte gefährlich werden?

Laterale Ellbogenschmerzen

Diese sechs Kriterien sprechen gegen einen „Tennisarm“

Metaanalyse

Subjektive Krankheitsbelastung bei Krebs prognostisch relevant

Lesetipps
Übersichtsarbeit: Wie wirken Hochdosis-, rekombinante und mRNA-Vakzinen verglichen mit dem Standardimpfstoff?

© Sasa Visual / stock.adobe.com

Übersichtsarbeit zu Grippeimpfstoffen

Influenza-Vakzinen im Vergleich: Nutzen und Risiken

Serotoninkristalle, die ein Muster ergeben.

© Michael W. Davidson / Science Photo Library

Für wen passt was?

Therapie mit Antidepressiva: Auf die Nebenwirkungen kommt es an