KBV kündigt an

IGeL-Ratgeber für Ärzte

Individuelle Gesundheitsleistungen sind in Verruf geraten, Ärzte werden als Abzocker dargestellt. Darauf reagiert jetzt die KBV: Chef Dr. Andreas Köhler hat einen IGeL-Ratgeber für Ärzte angekündigt.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:
Köhler: Wie die Selbstzahler-Leistungen angeboten werden, sehe ich kritisch.

Köhler: Wie die Selbstzahler-Leistungen angeboten werden, sehe ich kritisch.

© Florian Schuh / dpa

Kailuweit: Der Patient ist nicht der Souverän in der Gesundheitswirtschaft.

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© Hollemann / dpa

Wodarg: Die Selbstverwaltung droht das Vertrauen der Menschen zu verspielen.

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© Transparency

BERLIN. Während die Opposition im Bundestag und Verbraucherschützer die Patienten vor einer vermeintlichen Abzocke durch die Ärzte schützen wollen, versuchen die Ärzte ihrerseits den Berufsstand vor Imageschäden zu schützen.

Die Fragen nach dem Sinn von Prostatakrebs-Vorsorge, Augeninnendruckmessungen oder Ostheopathie treiben Politiker, Fachleute und Patienten um. Die Debatte um die individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL) trifft offenbar einen Nerv der Gesellschaft.

Im Bundestag haben die Abgeordneten in dieser Woche Fachleute zu den Selbstzahlerleistungen befragt.

Am Donnerstag (26. Oktober) stellen Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) und der Patientenbeauftragte der Bundesregierung Wolfgang Zöller (CSU) eine IGES-Studie zum Thema Patientenaufklärung bei IGeL vor.

Schon kommende Woche wird die KBV nachziehen und einen IGeL-Ratgeber für Ärzte veröffentlichen. Das hat KBV-Chef Dr. Andreas Köhler am Mittwoch in Berlin angekündigt.

Agressives Marketing kritisiert

"Wie die Selbstzahlerleistungen angeboten werden, sehe ich kritisch", sagte Köhler bei der Veranstaltung "KBV kontrovers" am Mittwoch in Berlin. Er warnte vor aggressivem Marketing in der Praxis.

Dazu bat Köhler um ein Ende der Scheinheiligkeit in der Debatte: "Ärzte sind nicht die Verursacher der Durchökonomisierung des Gesundheitswesens."

Viele Ärzte seien auf zusätzliche Einnahmen aus Selbstzahlerleistungen angewiesen. Nicht zuletzt investierten die Ärzte die Einnahmen aus Selbstzahlerleistungen in ihre Praxen und damit auch in das System der gesetzlichen Krankenversicherung.

Kassen sollten akzeptieren, dass es außerhalb des Leistungskataloges sinnvolle IGeL gebe, sagte Köhlerr und forderte zur Zusammenarbeit auf, um den Gegensatz "Kassenleistung sinnvoll - IGeL sinnlos" zu überwinden.

Kailuweit: Zahl von Selbstzahlerleistungen eindampfen

Kassen haben IGeL längst für sich entdeckt. Manche der ebenfalls in den Wettbewerb gezwungenen Kassen werben mit dem Versprechen, solche Leistungen zu bezahlen, um die Gunst der Versicherten.

Das geflügelte Wort vom "König Kunden" gelte im Gesundheitswesen aber nicht, sagte KKH-Allianz-Chef Ingo Kailuweit. "Der Patient ist nicht der Souverän in der Gesundheitswirtschaft."

Kailuweit forderte, den Katalog der derzeit mehr als 350 möglichen Selbstzahlerleistungen auf das, was sinnvoll sei, einzudampfen.

Vertrauen der Beitragszahler könnte auf der Strecke bleiben

Die zunehmende Deregulierung im Gesundheitswesen beklagte Dr. Wolfgang Wodarg vom Vorstand von Transparency International Deutschland.

Ärzte und Kassen dürften über die zunehmende Ökonomisierung des Gesundheitswesens ihren primären Auftrag nicht vergessen. Der handle vom Wohlergehen der Versicherten, vom effizienten Einsatz der Ressourcen und von freier und kritischer Forschung und Lehre.

Wenn Ärzte, Kliniken und Krankenkassen mehr als Marktteilnehmer denn als Versorger wahrgenommen würden, drohten sie das Vertrauen der Beitragszahler zu verspielen.

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