Fachkräftemangel

Interkultureller Vermittler in der Pflege

Kommunikation kann schiefgehen, wenn Stammbelegschaft und ausländische Pflegekräfte nicht vorbereitet werden. Hier will ein Düsseldorfer Start-up seine Hilfe anbieten.

Von Katrin Berkenkopf Veröffentlicht:

Köln. Pflegekräfte aus ganz unterschiedlichen Ländern und Kulturen sind in vielen Krankenhäusern Alltag. Damit das Miteinander aber auf Dauer gut funktioniert, müssen Neuankömmlinge und Stammbelegschaft aufeinander vorbereitet werden, glaubt Leon Bauer.

Denn Kommunikation und Pflege funktionieren in jedem Land nach eigenen Regeln und Traditionen. Der Diplom-Kaufmann hat in Düsseldorf deshalb ein Start-up gegründet, das Pflegekräfte nicht nur vermittelt, sondern für beide Seiten transkulturelle Trainings anbietet.

Vermittlung der kulturellen Unterschiede

Leon Bauer war selbst jahrelang als Expatriat für deutsche Unternehmen im Ausland tätig. Auf die Kommunikation mit der Zentrale und die Abläufe vor Ort wurde er gut vorbereitet – auf die Zusammenarbeit mit Menschen aus einer anderen Kultur aber nicht. „Die Sprache ist ganz wichtig, aber nicht ausreichend“, sagt er.

Mit seinem noch jungen Unternehmen Onea Care, das er nach jahrelanger Vorbereitung Anfang 2019 in Düsseldorf gegründet hat, will er deshalb neben der Vermittlung von Pflegekräften aus dem Ausland auch auf beiden Seiten das Bewusstsein für kulturelle Unterschiede wecken.

Asiaten diskutieren zurückhaltender

Dafür bietet Onea Care Kliniken und Pflegekräften Workshops an, die unter dem Stichwort „Interkulturelles Training“ laufen. Stereotype mag Bauer nicht, aber dennoch gibt es in jedem Land Besonderheiten und typische Verhaltensweisen. Die lernen die Teilnehmer etwa bei Rollenspielen kennen: Da geht es um das Aufstellen eines Dienstplanes für ein Wochenende, an dem am liebsten alle frei hätten.

Die deutsche Seite argumentiert laut und direkt für sich, die asiatische eher indirekt und unter Vermeidung von direktem Widerspruch. Dabei gibt es kein richtig oder falsch oder eine Lösung für das Problem. „Es ist schon viel gewonnen, wenn man sich der Unterschiede in der Kommunikation bewusst wird.“

Anderer Umgang mit Kritik

Die ausländischen Mitarbeiter bereitet Bauer auf das Berufsbild der Pflege in Deutschland vor und auf die Verantwortung, die sie tragen. Dass Widerspruch auch gegenüber Ärzten erlaubt ist, ist für viele neu. „Es kann sein, dass ein Arzt in der Kenntnisprüfung absichtlich etwas Falsches sagt. Da darf man dann nicht einfach zustimmen.“

Auch der Umgang mit Kritik unterschiedet sich in anderen Ländern von dem in Deutschland. „Häufig wird nicht zwischen der Person und der Sache unterschieden“, berichtet er. Die neuen Mitarbeiter müssen also lernen, dass Kritik in der Sache nicht als persönliche Herabsetzung gemeint ist.

Angefangen hat Onea Care mit der Vermittlung für Krankenhäuser in Nordrhein-Westfalen, mittlerweile ist die kleine Firma bundesweit tätig und auch Partner der Helios-Kliniken. Mit neuen Kunden klärt Bauer zunächst einmal, welche Werte das Unternehmen vertritt und wie die Unternehmenskultur ist.

So kann er herausfinden, welche Pflegekräfte in die Klinik passen würden. Sind diese gefunden, gibt es idealerweise für leitende Klinik-Mitarbeiter den interkulturellen Workshop – nicht alle Unternehmen lassen sich allerdings auf diesen Aufwand ein, bedauert der Firmengründer.

Kommunikationsfehler sind teuer

Welche Auswirkungen mangelnde Vorbereitung hat, erfährt er selbst immer wieder, wenn er von Partnern aus dem Ausland kontaktiert wird, die um Hilfe bitten. Kürzlich strandeten ausländische Pflegekräfte in einer deutschen Klinik. Das Stammpersonal war auf ihre Ankunft nicht vorbereitet worden, Erwartung und Realität klafften auf beiden Seiten auseinander. Niemand half den neuen Mitarbeitern bei der Vorbereitung auf die Kenntnisprüfung, sie mussten immer mehr arbeiten und fühlten sich gemobbt.

Die Situation war nicht mehr durch ein Mediationsverfahren zu klären und Bauer musste die meisten Pflegekräfte in einem anderen Krankenhaus unterbringen, wo sie bei besserer Betreuung im zweiten Anlauf auch die Kenntnisprüfung bestanden. Der ersten Einrichtung und der ursprünglichen Personalagentur entstand ein hoher Schaden.

Für Bauer ist schon aus betriebswirtschaftlicher Sicht unverständlich, warum viel Geld in die Auswahl und Sprachbildung der ankommenden Pflegekräfte investiert wird, die wichtige Integrationsphase aber oft zu kurz kommt.

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