Saarland

Jobmotor Gesundheit kommt an seine Grenze

Ein Gutachten zeigt die großen Wachstumschancen der Gesundheitswirtschaft im Saarland. Beim absehbaren Fachkräftemangel enden die Träume.

Von Michael Kuderna Veröffentlicht:
In einer Studie wird für das Saarland ein wachsender Fachkräftemangel prognostiziert.

In einer Studie wird für das Saarland ein wachsender Fachkräftemangel prognostiziert.

© (c) N-Media-Images / Fotolia

SAARBRÜCKEN. In der Gesundheitswirtschaft hat das Saarland gute Entwicklungschancen. Ein Gutachten verweist dabei vor allem auf die bundesweite Spitzenstellung des kleinsten deutschen Flächenlandes bei der Ausbildung in Gesundheitsberufen und auf die dichte IT-Forschungslandschaft.

Nachholbedarf konstatieren die Autoren des Darmstädter WifOR-Instituts beim industriellen Gesundheitswesen, also bei der Herstellung von Arzneimitteln, Medizinprodukten und Großgeräten sowie dem Großhandel und der unternehmenseigenen Forschung. Dies schlägt sich auch in einem unterdurchschnittlichen Exportanteil nieder.

Institutsleiter Professor Dennis Ostwald unterstrich bei der Vorstellung des Gutachtens beim SALUT!-Kongress in Saarbrücken die Innovationskraft, die starke Dynamik und das ständige Wachstums der Gesundheitswirtschaft.

Mit rund 4,1 Milliarden Euro lag ihr Anteil an der Bruttowertschöpfung im Saarland 2017 bei 12,9 Prozent und damit fast einen Prozentpunkt höher als in der Bundesrepublik.

Wichtigste Baustelle: Arbeitsmarkt

Das Rückgrat stellt die medizinische Versorgung dar. Wenn man die Einzelparameter betrachtet, wird allerdings auch klar, dass die Wertschöpfung als rein ökonomische Kategorie nur bedingt Aussagen über eine sinnvolle Versorgung erlaubt.

So weist das Gutachten den stationären Sektor dank überdurchschnittlich vieler und gut ausgelasteter Krankenhausbetten sowie entsprechend mehr Personal als einen Treiber aus, während bei den Hausärzten und anderen ambulanten medizinischen Dienstleistungen der Versorgungsgrad unter dem Bundesschnitt liegt.

Als wichtigste Baustelle identifizieren die Autoren den Arbeitsmarkt. Über 17 Prozent der Beschäftigten im Saarland sind in der Gesundheitswirtschaft tätig.

Weniger Arbeitskräfte bei steigender Nachfrage würden jedoch dazu führen, dass 2030 bundesweit mehr als jede sechste Stelle in dieser Querschnittsbranche unbesetzt bleibe. An der Saar seien die Human- und Zahnmediziner besonders stark betroffen. Hier müsse man mit 32 Prozent nicht besetzter Stellen rechnen.

Bindung von Fachkräften

Wie kann man an allen Fronten des Gesundheitssystems gegensteuern? Der Ausbildungssektor im Saarland sei ein „absolutes High-light“, betonte Ostwald. Man müsse aber „auch darauf achten, dass die Fachkräfte dann auch hierbleiben“.

Immerhin gebe es an der Saar im Bereich der „Guten Arbeit“ positive Faktoren: eine geringere Befristungsquote, eine derzeit noch jüngere Belegschaft und eine bessere Entlohnung als im Bundesschnitt.

Letztlich werden aber auch die allerbesten Arbeitsbedingungen nicht das grundsätzliche Problem lösen, vor dem alle Branchen stehen: das Fehlen an Arbeitskräften. Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger brachte das Dilemma auf den Punkt: „Wir streiten um eine zu kleine Grundmenge. Die Politik muss dafür sorgen, dass die Grundmenge an Beschäftigten größer wird.“

Dazu müsse man an vielen Stellschrauben drehen, darunter der Beschäftigungsquote von Frauen, der Qualifizierung von Langzeitarbeitslosen und auch der Zuwanderung.

Gerade in diesem Bereich hat Deutschland viel wertvolle Zeit verschlafen, kritisierten beim Kongress die Teilnehmer eines Fachsymposiums der Victor’s Unternehmensgruppe, zu der mit Pro Seniore einer der größten Pflegeheimbetreiber gehört.

Projektleiter Dr. Martin Hyun vom IEGUS-Institut forderte eine „systematische und nachhaltige Anwerbung“ internationaler Pflegekräfte und Dr. Marina Liakova vom baden-württembergischen Welcome Center Sozialwirtschaft rief dazu auf, ethische Standards wie die Vermeidung von Brain-Drain zu beachten.

Ob die Schulung von Flüchtlingen den Engpass lindern kann, blieb zumindest fraglich. Zwar wurden die vorgestellten Modelle mit Beifall bedacht, doch mahnten die Praktiker eindringlich „Gründlichkeit und Nachhaltigkeit“ an. Deshalb könne die Ausbildung bei Menschen ohne Qualifikation durchaus fünf Jahre dauern.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Pflege braucht Zuwanderung

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Der Gesundheitsdialog

© Janssen-Cilag GmbH

J&J Open House

Der Gesundheitsdialog

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
Impulse für den medizinischen Fortschritt: Welches Mindset braucht Deutschland?

© Springer Medizin

Johnson & Johnson Open House-Veranstaltung am 26. Juni 2025 beim Hauptstadtkongress

Impulse für den medizinischen Fortschritt: Welches Mindset braucht Deutschland?

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
J&J Open House beim Hauptstadtkongress

© [M] Springer Medizin Verlag

Video zur Veranstaltung

J&J Open House beim Hauptstadtkongress

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Mehr als ein oberflächlicher Eingriff: Die Krankenhausreform verändert auch an der Schnittstelle ambulant-stationär eine ganze Menge.

© Tobilander / stock.adobe.com

Folgen der Krankenhausreform für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte

Die Klinikreform bringt Bewegung an der Schnittstelle zwischen Praxen und Krankenhäusern

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: der Deutschen Apotheker- und Ärztbank (apoBank)
Manchmal kommt Künstliche Intelligenz ziemlich abstrakt daher. Doch es gibt zunehmend auch konkrete Anwendungen, sogar für Arztpraxen.

© 3dkombinat - stock.adobe.com

Praxisorganisation

Mit KI zu mehr Entlastung fürs Praxisteam

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Doctolib GmbH
Angepasste Endpunkte, moderne Studiendesigns und ungelöste Herausforderungen

© metamorworks / Getty Images / iStock

Krebsmedizin auf neuen Wegen

Angepasste Endpunkte, moderne Studiendesigns und ungelöste Herausforderungen

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Pfizer Pharma GmbH, Berlin
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Ein Mann greift sich an den Fuß.

© Jan-Otto / Getty Images / iStock

Therapievergleich

Akuter Gichtanfall: Am Ende machen alle Wirkstoffe ihren Job

Ein Hinweisschild mit Bundesadler vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe.

© Uli Deck/picture alliance/dpa

Update

Urteil

Bundesverfassungsgericht: Triage-Regelung nicht mit Grundgesetz vereinbar