Konferenz zur Künstlichen Intelligenz
Karliczek will mit einheitlichen europäischen KI-Spielregeln der Forschung helfen
Bundesforschungsministerin Anja Karliczek plädiert bei der Jahrestagung der Plattform Lernende Systeme für eine Künstliche Intelligenz europäischer Prägung – nicht nur in der Medizin.
Veröffentlicht:München. Deutschland muss in puncto Künstlicher Intelligenz (KI) mit Europa einen „Dritten Weg“ gehen – auch in der Gesundheitswirtschaft. Das postulierten Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) und Karl-Heinz Streibich, Präsident der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften acatech, am Dienstag im Rahmen der virtuellen Jahreskonferenz der Plattform Lernende Systeme (PLS) unter dem Titel „KI ist jetzt“.
Der „Dritte Weg“ sei notwendig, um sich im internationalen Wettbewerb klar von der „geldgetriebenen KI made in USA und der aus der Überwachungsperspektive getriebenen KI made in China“ zu unterscheiden und sich so als Anbieter vertrauenswürdiger KI, die sich dem Dienste am Menschen verschrieben hat, am Markt zu positionieren, so Streibich.
Karliczek, die wie Streibich als PLS-Co-Vorsitzende fungiert, betonte, Deutschland befinde sich gerade mitten in einem Transformationsprozess. Hätten bisher Effizienzsteigerungen im Fokus gestanden, so gehe es nun primär um KI-basierte Technologiesprünge. Das könne auch zur Folge haben, dass sich Wertschöpfungsketten in Zukunft vollkommen anders zusammensetzten als bisher.
Nutzen der KI teils noch nicht erkannt
Auf die Frage, welche deutsche Branchen durch den konsequenten KI-Einsatz ihre Marktposition weiter ausbauen könnten, verwies Streibich explizit neben dem Maschinenbau und der Automobilindustrie auf die Gesundheitswirtschaft. Das Problem dort: Die Branche setzt sich, wie das Beispiel der Medizintechnik zeigt, zum allergrößten Teil aus kleinen und mittelständischen Unternehmen zusammen, die teils noch mit der KI haderten, da sie deren Potenzial noch nicht erkannt hätten. Für diese seien die Experten der PLS durchaus geeignete Ansprechpartner, wie Streibich betonte.
Er mahnte zugleich auch eine europaweit einheitliche KI-Regulierung an, um Zeit auch bei der Zertifizierung innovativer Lösungen zu gewinnen. „Es muss meiner Ansicht nach auch nicht jedes KI-Tool zertifiziert werden“, warnte er vor übertriebener Regulierungswut. Selbstverständlich müssten die höchsten Anforderungen dort gestellt werden, wo die Lösungen zum Beispiel die Gesundheit des Menschen beeinträchtigen könnten – wie KI-basierte Tools zur Unterstützung der Ärzte bei Diagnostik und Therapie.
Digitale Souveränität als Qualitätsmerkmal
Karliczek strebt nach eigener Aussage ein EU-weit einheitliches KI-Regulierungsgerüst an, das auch dem Anspruch der „digitalen Datensouveränität der EU“ genügen müsse. Wie die Forschungsministerin ausführte, verstehe sie darunter den von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen für 2025 anvisierten Europäischen Datenraum (European Data Space), der sicherstelle, dass auf dem Fundament der EU-Datenschutzgrundverordnung qualitativ hochwertige Daten unter anderem zu Forschungszwecken genutzt werden können – und Europa damit im weltweiten KI-Wettbewerb ein Alleinstellungsmerkmal hätte, das auch „von der freien Welt begrüßt“ werde.
Unter dem Dach des EDS soll auch der Europäische Datengesundheitsraum (European Health Data Space/EHDS) aufgebaut werden, der für eine grenzüberschreitende Nutzung von Patientendaten innerhalb der 27 EU-Mitgliedstaaten zugunsten einer schlagkräftigeren Forschung und einer verbesserten Behandlung sorgen soll.
Werbetrommel für GAIA-X gerührt
Unter anderem mit Blick auf KI-basierte Innovationen im medizinisch-pflegerischen Versorgungskontext verwies Karliczek auch auf das von Deutschland initiierte, europäische Cloud-Projekt „GAIA-X“ – ein offenes digitales Ökosystem, in dem Daten sicher und vertrauensvoll verfügbar gemacht werden sollen.
Laut offizieller Projektbeschreibung soll GAIA-X die Basis eines zuverlässigen Systems zur Nutzung von Gesundheitsdaten schaffen und dabei die technische Umsetzung internationaler Vorgaben zu Rechts-, Daten- und Cybersicherheit bilden. „Durch die Bereitstellung von Speicherplatz und Rechenleistung in einem sicheren Rahmen können Kliniken und KMU auch in sensiblen Bereichen von den Skaleneffekten Cloud-basierter Dienste profitieren“, verspricht der Bund.