Klinikchefs

Keine Zeit, keine Zukunft?

Klinikchefs haben zu wenig Zeit, sich darum zu kümmern, die Weichen für die Zukunft ihrer Häuser zu stellen. Fahren sie ihre Kliniken mit dem Zeitmangel an die Wand? Eine aktuelle Studie bejaht diese These.

Matthias WallenfelsVon Matthias Wallenfels Veröffentlicht:
Gestresster Manager.

Gestresster Manager.

© Kurhan / fotolia.com

HANNOVER. Hängt die Zukunft vieler Kliniken in Deutschland am seidenen Faden, weil ihre Chefs nicht genug Zeit haben, ihr Haus strategisch für die Herausforderungen der kommenden Jahre aufzustellen?

Die aktuelle Studie "Klinikmanagenement" des Personalberatungsunternehmens Rochus Mummert, die der "Ärzte Zeitung" vorliegt, legt diesen Schluss zumindest in Teilen nahe.

Denn nach dieser nicht repräsentativen Erhebung, für die 100 Geschäftsführer, Verwaltungsleiter und Direktoren deutscher Krankenhäuser befragt wurden, fehlt den Führungskräften immer häufiger die Zeit, strategische Fragen zu klären.

Sie sind demnach zu sehr mit operativen Aufgaben belastet. Die Folge: Notwendige Entscheidungen zur Zukunftssicherung würden überhastet getroffen oder vertagt.

Als großen Zeitfresser sehen die Topkräfte laut Rochus Mummert fehlende Fähigkeiten der nachgeordneten Führungsebenen.

Hälfte der Arbeitszeit sollte der Zukunftssicherung dienen

70 Prozent ihrer Arbeitszeit widmen die Klinikchefs ausschließlich operativen Tätigkeiten, für strategische Aufgaben verbleiben nur 30 Prozent. Ideal wäre aus Sicht der Befragten ein Verhältnis von annähernd 50 zu 50, wie aus der Studie hervorgeht.

Das Ungleichgewicht hat sich im Vergleich zur vorangehenden Untersuchung deutlich vergrößert: 2011 schätzten die Klinikchefs, dass sie 63 Prozent ihrer Arbeitszeit mit operativen Aufgaben verbringen, 37 Prozent mit der strategischen Planung.

Am stärksten betroffen sind Geschäftsführer und Vorstände in Kliniken öffentlicher Träger. Die Lage hat sich dort noch einmal stark zugespitzt: Betrug das Verhältnis von operativen zu strategischen Tätigkeiten bei ihnen 2011 noch 65 zu 35, liegt es nun bei 78 zu 22.

"Wenn den Klinikchefs nicht einmal ein Viertel ihrer Zeit bleibt, um langfristige Strategien zu entwickeln, hat ihr Haus keine Zukunft", sagt Dr. Peter Windeck, Arzt, Krankenhausexperte und Leiter des Bereichs Healthcare Consulting bei Rochus Mummert.

"Um gegen die wachsende Konkurrenz zu bestehen, brauchen die kaufmännisch Verantwortlichen eine Vision, wie sich ihre Klinik positionieren soll. Ein solches Zukunftsbild und der Plan, wie man es umsetzt, fliegen einem nicht nebenbei zu. Das braucht Zeit und einen klaren Kopf."

Zeitmangel ist für Chefs größeres Problem als das knappe Geldbudget

Generell ist Zeitknappheit der Faktor, durch den sich Klinikverantwortliche am meisten in ihrer Arbeit eingeschränkt sehen. 87 Prozent sagen, dass sie dies zumindest teilweise hemmt.

Zeitliche Bedrängnis belastet die Chefs damit stärker als mangelndes Budget, über welches sich 85 Prozent beklagen, und Personalmangel, den 76 Prozent beanstanden.

Zentrale Ursache der Zeitnot ist aus Sicht der Klinikchefs die Zusammenarbeit mit den nachgeordneten Führungskräften: Nahezu die Hälfte der Topentscheider attestiert der zweiten Führungsebene Qualifikationsmängel.

"Das ist aber nur die eine Hälfte der Wahrheit. Die andere Hälfte ist, dass die Rahmenbedingungen für die nachgeordnete Ebene häufig nicht richtig gestaltet sind, so dass sie nicht erfolgreich sein können. Die entstehenden Lücken gleichen zwangsläufig die Klinikchefs aus. Um ihnen mehr Zeit für strategische Aufgaben zu verschaffen, müssen die Krankenhäuser ihre Strategien zur Personalentwicklung und Rekrutierung verbessern", so Branchenexperte Peter Windeck.

Genauere Daten dazu - wie auch zu den Qualifikationsmängeln, über die die Klinikchefs sprechen - werden allerdings nicht geliefert.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Panikmache

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