Fernbehandlung
Medgate zieht es in den Kassenmarkt
Im bundesdeutschen Anbieterkonzert ärztlicher Fernkontakte ist die Stimme des Telemed- Pioniers Medgate bislang kaum zu vernehmen. Das soll sich jetzt ändern.
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Fernbehandlung über Videosprechstunde ist in den vergangenen Monaten in vielen Praxen neu eingesetzt worden. Der Anbieter Medgate aus der Schweiz erhofft sich jetzt den Einstieg in Selektivverträge mit gesetzlichen Kassen in Deutschland.
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Neu-Isenburg. In der Schweiz ist Medgate mit 21 Jahren Markterfahrung ein alter Hase. In Deutschland nimmt der Anbieter digitaler Arztkontakte jetzt den zweiten Anlauf, sich auf breiterer Front zu etablieren. 2019 schien das Unternehmen in der Rhön Klinikum AG schon einen Partner für seinen Einstieg ins hiesige Telemed-Geschäft gefunden zu haben. Doch dann versandete die Joint-Venture-Gründung in den Kinderschuhen. Nachdem Rhön 2020 vom Wettbewerber Asklepios geschluckt wurde, verabschiedete sich der private Krankenhausbetreiber aus dem gemeinsamen Boot und überließ seinen 51-Prozent Anteil den Eidgenossen.
Seit Oktober vorigen Jahres ist die Medgate Deutschland GmbH operativ tätig. Für die Versicherten zweier privater Kostenträger, der Barmenia und der Süddeutschen Krankenversicherung (SDK), werden Videosprechstunden erbracht – inklusive digitaler Rezepte und Krankschreibungen.
Mit fünf weiteren PKV-Anbietern würden Vertragsverhandlungen geführt, berichtete im Gespräch mit der „Ärzte Zeitung“ Dr. Christian Braun, Chief Medical Officer, Mitglied der deutschen Geschäftsleitung und von Haus aus Internist. Namen könne er noch nicht nennen, doch die Gespräche seien bereits weit gediehen.
Selektivvertragliche Chronikerversorgung
Die eigentliche Herausforderung besteht jedoch darin, im GKV-Markt Fuß zu fassen. „Gegen Ende des Jahres, mit Sicherheit aber ab Januar 2022“, zum obligatorischen Start des E-Rezepts in der gesetzlichen Regelversorgung, so Braun, werde man ein Angebot für Kassenpatienten auf die Beine gestellt haben. Das werde – wie auch sonst – von Partnerärzten mit Kassensitz bestritten, solle aber Medgate-gelabelt bleiben. Patienten sollen entweder mittels der Medgate-App oder telefonisch oder – daran arbeite man derzeit noch – auch via Internet Fernbehandlungstermine wahrnehmen können.
Den ärztlichen Partnern würden nicht nur Technikschulungen angeboten, sondern auch indikationsbezogene Ablaufpfade, die eine strukturierte Telemed-Sitzung ermöglichen. Über 250 solcher Pläne habe Medgate im Laufe der Jahre entwickelt.
Reüssieren wollen die Schweizer bei Kassen und Ärzten aber auch mit selektiven Vertragsmodellen zur telemedizinischen Chronikerversorgung. Darunter versteht Braun etwa ein therapiebegleitendes Patienten-Coaching zwecks Compliance-Optimierung.
Auch darüber spreche man bereits mit den Krankenkassen und stoße auf großes Interesse. Ärztlichen Partnern, versichert Braun, ermögliche die Teilnahme an solchen Selektivverträgen extrabudgetäre Einnahmen, mit denen sich die limitierte EBM-Abrechnung von Videosprechstunden kompensieren lasse. (cw)