Umfrage

Medizin-Fakultäten zeigen Schwachstellen in der Pandemie

Freiere Zeiteinteilung, aber Lücken in der Ausbildung: Die Medizinstudierenden im Hartmannbund ziehen nach einer Umfrage eine gemischte Bilanz des Corona-Semesters.

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Christian Wolfram, Vorsitzender des Ausschusses der Medizinstudierenden im Hartmannbund: Die Medizin-Fakultäten haben „einige Hausaufgaben zu erledigen“.

Christian Wolfram, Vorsitzender des Ausschusses der Medizinstudierenden im Hartmannbund: Die Medizin-Fakultäten haben „einige Hausaufgaben zu erledigen“.

© hartmannbund

Berlin. „Nicht alles war schlecht, aber vieles hätte auch besser laufen können!“ Dieses Fazit zieht der Hartmannbund aus den Ergebnissen der eigenen Umfrage unter Medizinstudierenden zum Corona-Semester.

Von den 841 Umfrage-Teilnehmern hätten knapp über 56 Prozent angegeben, dass ihnen das Online-Semester eine viel freiere Zeiteinteilung ermöglicht habe, sodass sie sich verstärkt dem Verfassen der Promotion oder auch Nebenjobs widmen konnten, heißt es in einer Mitteilung der Medizinstudierenden im Hartmannbund.

Der Zugewinn an zeitlicher Flexibilität sei aber auch mit einigen, teils gravierenden, Einschränkungen einhergegangen. Etwa 80 Prozent der Befragten gaben demnach an, dass ihnen durch den mangelnden direkten Patientenkontakt bzw. die fehlende Ausbildung im Labor Lücken in der Ausbildung entstanden seien. Ungefähr 45 Prozent der Studierenden haben das Semester dadurch als weniger oder sogar deutlich weniger produktiv empfunden als gewöhnlich.

„Sporadisch vorhandene Technikkompetenzen“

Eine schlechte Informationskultur der Fakultäten, mangelnde Kommunikation der Fachbereiche untereinander und oft nur sporadisch vorhandene Technikkompetenzen der Dozenten haben die Lehrqualität nach Meinung der Studierenden in diesem Semester stark gemindert.

Lehrveranstaltungen seien vielmals nicht oder nur unzureichend durch Online-Angebote ersetzt worden, Klausuren entweder auf die kommenden Semester verschoben oder in großen, übergreifenden Klausuren zusammengefasst worden.

Ein einheitliches Vorgehen habe es selten fakultätsintern, niemals aber fakultätsübergreifend gegeben. Viele Studierende hätten sich alleingelassen gefühlt, heißt es weiter. Oftmals habe die Qualität der Lehre vom Engagement einzelner Dozierenden abgehangen. Die Wahl der Videokonferenzplattform hingegen scheint den Angaben zufolge keinen Einfluss auf den Lernerfolg gehabt zu haben.

Bereicherung durch interaktive, digitale Patientenfälle

Generell scheinen die Studierenden von Vorlesungen on demand überwiegend zu profitieren. Auch interaktive, digitale Patientenfälle wurden als positiv empfunden. „Für das kommende Semester sollten die Fakultäten deshalb auf bessere Absprachen, eine sinnvolle Kombination aus praktischem Unterricht am Patienten und Online-Angeboten sowie auf gerechte Klausurterminierungen achten“, sagt Christian Wolfram, Vorsitzender des Ausschusses der Medizinstudierenden im Hartmannbund.

Offen bleibe die Frage, ob und in welcher Form das 2. Staatsexamen im Herbst stattfinden wird. Hier sollten die Verantwortlichen möglichst schnell Klarheit für die Studierenden schaffen, fordert der Hartmannbund. Auf jeden Fall, da ist sich Wolfram sicher, hätten die Fakultäten „einige Hausaufgaben zu erledigen“. (ger)

Hören Sie auch den Podcast mit Christian Wolfram zur Meinung der Medizinstudierenden im Hartmannbund zum Verlauf des Corona-Semesters.

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