Widerspruch zu Lauterbach

Medizinfakultäten: Mehr Studienplätze sind „unrealistisch“

5000 mehr Medizinstudienplätze würden Qualitätseinbußen in der Ausbildung nach sich ziehen, warnt der Fakultätentag – und kritisiert: Lauterbachs Forderung lenke von den zentralen Herausforderungen ab.

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In einem Anatomie-Hörsaal der Medizinischen Fakultät an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg verfolgen Medizin- und Zahnmedizinstudenten des ersten Studienjahres eine Vorlesung.

In einem Anatomie-Hörsaal der Medizinischen Fakultät an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg verfolgen Medizin- und Zahnmedizinstudenten des ersten Studienjahres eine Vorlesung.

© Waltraud Grubitzsch / dpa / pict

Berlin. Der Medizinische Fakultätentag (MFT) hat sich skeptisch zu Forderungen nach der Schaffung von mehr Medizinstudienplätzen geäußert. Deutschland habe im internationalen Vergleich weder zu wenige Ärzte noch zu wenige Studienplätze, sagte MFT-Präsident Professor Matthias Frosch am Mittwoch.

Die vielen und gut qualifizierten Mediziner müssten allerdings vor allem dort eingesetzt werden, „wo wir sie als Gesellschaft wirklich brauchen und wofür sie eigentlich ausgebildet wurden – nämlich in der Versorgung“, forderte Frosch.

Der Dachverband der medizinischen Ausbildungs- und Forschungsstätten reagierte damit auf jüngste Forderungen etwa von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach. Auch der Deutsche Hausärzteverband hatte sich mit vergleichbarem Tenor geäußert.

Der Minister hatte sich für eine Erhöhung der Zahl der Studienplätze um 5.000 ausgesprochen. Aktuell beginnen hierzulande jährlich rund 11.600 Studierende ein Medizinstudium. Eingeschrieben an deutschen Hochschulen sind nach MFT-Angaben gegenwärtig über 105.000 Medizinstudierende.

Warnung vor Qualitätseinbußen in der Ausbildung

Der MFT hält diesen Aufwuchs für „derzeit für nicht erforderlich“. Wichtiger sei demgegenüber eine Reform des Medizinstudiums: Der Nachwuchs müsse auf „eine alternde Gesellschaft, eine digitalisierte und vernetzte Medizin und die Arbeit in multiprofessionellen Teams vorbereitet werden“.

Bereits die anstehende Reform des Medizinstudiums im Rahmen des Masterplans Medizinstudium 2020 ziehe einen personellen und finanziellen Mehraufwand nach sich. Es sei „vollkommen unrealistisch“, parallel dazu noch mehr Studierende auszubilden. Bei einer „unkoordinierten Steigerung der Studierendenzahlen“ würde es nach Einschätzung von Frosch zu „massiven Qualitätseinbußen“ in der Ausbildung kommen. Ein Medizinstudienplatz geht mit Kosten von rund 240.000 Euro einher.

Der Vorsitzende des Deutschen Hausärzteverbands, Dr. Markus Beier, hatte Lauterbachs Forderungen zwar begrüßt, zugleich aber darauf hingewiesen, dass die Zahl der Studienplätze nur „eine Stellschraube“ sei. Der Ärztemangel in der hausärztlichen Versorgung sei auch ein Verteilungsproblem. (fst)

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