Hessen

Mehr Ermittlungsverfahren gegen Klinikärzte

Haben ermächtigte Klinikärzte gegen die Pflicht zur persönlichen Leistungserbringung verstoßen? In Hessen werden zu dieser Frage gegenwärtig zwölf Ermittlungsverfahren geführt.

Veröffentlicht:
Leistungen nicht persönlich erbracht – und doch Honorar kassiert? Die Staatsanwaltschaft in Frankfurt ermittelt gegen ermächtigte Ärzte und Krankenhäuser.

Leistungen nicht persönlich erbracht – und doch Honorar kassiert? Die Staatsanwaltschaft in Frankfurt ermittelt gegen ermächtigte Ärzte und Krankenhäuser.

© Eisenhans / stock.adobe.com

Bad Hersfeld/Frankfurt/M. Die Ermittlungen wegen Betrugsvorwürfen gegen hessische Krankenhäuser weiten sich aus. Im Verlauf des vergangenen Jahres seien zwei weitere Verfahren hinzugekommen. Damit würden nun insgesamt zwölf Ermittlungsverfahren geführt, sagte der Frankfurter Oberstaatsanwalt Alexander Badle der Deutschen Presse-Agentur. Der Jurist ist Leiter der Zentralstelle für Medizinwirtschaftsstrafrecht (ZMS) in Frankfurt.

Geprüft wird demnach, ob bei Abrechnungen von Klinikleistungen Straftaten begangen wurden. Die Ermittlungen richten sich nicht nur gegen Verantwortliche von Krankenhäusern. Teilweise geht es auch um Mediziner, die in Kliniken tätig sind und ärztliche Leistungen betrügerisch abgerechnet haben sollen.

„Konkrete Anhaltspunkte“

Badle zufolge handelt es sich um ganz unterschiedliche Tatvorwürfe. Einen Schwerpunkt bilde derzeit das Thema Betrug im Zusammenhang mit der Abrechnung sogenannter Ermächtigungsleistungen. Eine Ermächtigung erhalten Klinikärzte, die ambulante Leistungen erbringen wollen. Dabei gilt die Pflicht zur persönlichen Leistungserbringung.

Badle: „In den derzeit bei der Zentralstelle geführten Ermittlungsverfahren ergeben sich konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Beschuldigten die Ermächtigungsleistungen regelmäßig nicht selbst erbracht, sondern von anderen angestellten Ärzten des Klinikums – und somit unter Verstoß gegen die Ermächtigung – haben erbringen lassen“, sagte Badle.

Schaden „regelmäßig sechsstellig“

Aufgrund der im Sozialrecht strengen Betrachtungsweise seien solche Leistungen gegenüber den Kostenträgern nicht abrechnungsfähig. Zu den Schadenssummen können die Ermittler gegenwärtig keine Angaben machen. „Diese dürften voraussichtlich regelmäßig im sechsstelligen Bereich liegen, insbesondere bei solchen Ärzten, die über Jahre Ermächtigungsleistungen fehlerhaft abgerechnet haben“, so Badle weiter.

Zudem werde im Einzelfall auch geprüft, ob auch gegen die Klinikleitung ein Betrugsverdacht besteht. „Das ist immer dann der Fall, wenn sie Kenntnis davon hatte, dass ärztliches Klinikpersonal regelmäßig zur regelwidrigen Erbringung von Ermächtigungsleistungen eingesetzt wird.“

Auf Jahre hinaus zu tun

Alles in allem handele es sich um besonders umfangreiche und komplexe Ermittlungsverfahren, die die Zentralstelle in den nächsten Jahren beschäftigen werden, sagte Badle.

Eines der Verfahren richtet sich gegen das Klinikum Bad Hersfeld wegen mutmaßlichen Betrugs. Es geht um Abrechnungen zwischen Januar 2010 und März 2015 von einer speziellen Abteilung. Das Ermittlungsverfahren wurde vor mehr als fünf Jahren, Ende 2014, eingeleitet.

Im März 2015 wurden Geschäftsräume der Klinikum Bad Hersfeld GmbH durchsucht. Das Verfahren war durch eine anonyme Anzeige angestoßen worden. (dpa)

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Krankenkassen

TK-Chef Baas fordert Aussetzen der Honorarrunde für Vertragsärzte

Das könnte Sie auch interessieren
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2024

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Eine Sanduhr, durch die Geldstücke fall

© fotomek / stock.adobe.com

Tag der Privatmedizin 2024

Outsourcing: Mehr Zeit für Patienten!

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Buch mit sieben Siegeln oder edles Werk? KI-Idee einer in Leder eingebundenen neuen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ)

© KI-generiert mit ChatGPT 4o

Exklusiv Entwurf unter der Lupe

Das brächte Ihnen die neue GOÄ

Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Mehr als ein oberflächlicher Eingriff: Die Krankenhausreform verändert auch an der Schnittstelle ambulant-stationär eine ganze Menge.

© Tobilander / stock.adobe.com

Folgen der Krankenhausreform für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte

Die Klinikreform bringt Bewegung an der Schnittstelle zwischen Praxen und Krankenhäusern

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: der Deutschen Apotheker- und Ärztbank (apoBank)
Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Symposiums v.l.n.r.: Professor Karl Broich (BfArM), Dr. Jürgen Malzahn (AOK-Bundesverband), Dr. Christine Mundlos (ACHSE e.V.), Hauke Gerlof (Ärzte Zeitung), Dr. Johanna Callhoff (DRFZ), Professor Christoph Schöbel (Ruhrlandklinik, Universitätsmedizin Essen), Privatdozent Dr. Christoph Kowalski (Deutsche Krebsgesellschaft), Dr. Peter Kaskel (Idorsia)

© Thomas Kierok

ICD-11: Die Zeit ist reif für die Implementierung

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Idorsia Pharmaceuticals Germany GmbH, München
Abb. 1: Bei erfolgreich therapierter Sialorrhö ist Teilhabe wieder leichter möglich

© Olesia Bilkei / stock.adobe.com [Symbolbild]

Glycopyrroniumbromid bei schwerer Sialorrhö

Wirtschaftliche Verordnung durch bundesweite Praxisbesonderheit

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Proveca GmbH, Düsseldorf
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Primärdiagnostik

So lässt sich Prostatakrebs gezielter aufspüren

Lesetipps
Frau jongliert Smileys mit verschiedenen Gemütsausdrücken

© Nuthawut Somsuk / Getty Images / iStock

Neue Ära der Rheumatologie?

Rheuma: Anhaltende medikamentenfreie Remission könnte funktionieren

Multiples Myelom

© David A Litman / stock.adobe.com

Erstlinientherapie im Wandel

Multiples Myelom: Quadrupeltherapie als neuer Standard