Mission Gesundheit

Merkel in KI-Hochburg Shenzhen

China führt der Kanzlerin vor, was in puncto Gesundheit mit Big Data alles möglich sein soll.

Veröffentlicht:

SHENZHEN. Den zweiten Tag ihrer Reise nach China nutzte Angela Merkel, um sich über wichtige Entwicklungen in Shenzhen zu informieren. Shenzhen ist die erste Stadt Chinas, in der eine lückenlose Erfassung und Verfolgung von Fahrzeugen und Menschen via Videokamera aufgebaut wurde.

In den nächsten zehn, 15 Jahren könnte das Land nach Einschätzung von Experten zum führenden Anbieter von Technologie zur Nutzung künstlicher Intelligenz werden.

Totale Überwachung

Derzeit arbeitet die Regierung an einem Sozialpunktesystem, das alle möglichen Daten der Bürger zusammenführt und auswertet. Das nationale Bewertungssystem, das an die totale Überwachung in George Orwells Roman "1984" erinnert, soll ab 2020 zwischen guten und schlechte Bürgern oder Unternehmen entscheiden. Und damit auch darüber, wer etwa einen Job, einen Auftrag oder einen günstigen Kredit bekommt. Potenziell hängt davon sogar ab, wer ein Flugzeug nehmen darf.

Besonders eindrücklich dürften für die Physikerin Merkel die Forschungsergebnisse der Firma iCarbonX sein, ein Biotech-Start-up, das in Shenzhen seit drei Jahren an einer auf künstlicher Intelligenz und der Auswertung großer Datenmengen basierenden Plattform zur Gesundheitsförderung und -vorsorge arbeitet.

In den nächsten fünf Jahren wollen die Forscher dafür Herzschlag, Schlafmuster, Blutwerte und die Erbsubstanz von bis zu einer Million Menschen analysieren. Mithilfe von DNA-, Speichel-, Blut- oder Urinproben soll für Nutzer eine digitale Karte des Körpers geschaffen werden, die über die Gesundheit informiert und bei Krankheiten frühzeitig warnt.

Toilette checkt den Urin

Gründer Wang Jun beschäftigt nach eigenen Angaben mehrere Hundert Mitarbeiter. In der ersten Finanzierungsrunde hat er demnach mehr als eine Milliarde US-Dollar Kapital eingesammelt. Die Firma des 41-jährigen Biologen und Computerfachmanns kooperiert mit Fitnessclubs und Kliniken, um an die menschlichen Daten zu kommen. In Großstädten hat iCarbonX schon eigene Messstationen eröffnet.

Langfristig sollen Daten über smarte Geräte im Haushalt gesammelt werden. Die Toilette könnte etwa den Urin analysieren, die Zahnbürste untersucht den Speichel und der Spiegel im Bad scannt mit einer 3D-Kamera den Zustand der Haut.

Es könnte sein, dass jene in der deutschen Delegation Recht haben, die sagen, Orwells Visionen waren gegen das, was sich gerade in China entwickelt, lediglich ein laues Lüftchen. (dpa)

Mehr zum Thema

Pilotstudie mit Aducanumab

Fokussierter Ultraschall verstärkt Anti-Amyloid-Therapie

Neuroimaging

ZI in Mannheim erhält 7-Tesla-MRT

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Umstellung auf Living Guideline

S3-Leitlinie zu Pankreaskrebs aktualisiert

Nach Koronararterien-Bypass-Operation

Studie: Weniger postoperatives Delir durch kognitives Training

Lesetipps
Gefangen in der Gedankenspirale: Personen mit Depressionen und übertriebenen Ängsten profitieren von Entropie-steigernden Wirkstoffen wie Psychedelika.

© Jacqueline Weber / stock.adobe.com

Jahrestagung Amerikanische Neurologen

Eine Frage der Entropie: Wie Psychedelika bei Depressionen wirken

Gesundheitsminister Lauterbach hat angekündigt, den Entwurf für die Klinikreform am 8. Mai im Kabinett beraten lassen zu wollen. 

© picture alliance / Geisler-Fotopress

Großes Reformpuzzle

So will Lauterbach den Krankenhaus-Sektor umbauen