Apps im Gesundheitswesen

Motivations-App mit Zusatznutzen für Ärzte

Ausgerechnet ein Physiker hat gleich drei Apps entwickelt, die Patienten helfen sollen, sich in Sachen Therapietreue selbst zu motivieren. Das Ganze funktioniert über den Vergleich mit anderen Patienten. Das Interessante dabei: Ärzte können sich als zusätzliche Motivationstrainer einschalten.

Kerstin MitternachtVon Kerstin Mitternacht Veröffentlicht:
Per Skala und Verlaufsgrafik zeigen die StudyMy-Apps Patienten ihre Tagesform auf.

Per Skala und Verlaufsgrafik zeigen die StudyMy-Apps Patienten ihre Tagesform auf.

© [M] Y. Fjodorov / fotolia.com I M. Lauk

FREIBURG. Daten über die eigenen Leistungen sammeln und beobachten - Sportler machen das schon seit einiger Zeit.

Sie messen ihren Puls, die Zeit und gelaufene Kilometer, laden diese Daten in Foren im Internet hoch und vergleichen sich so mit anderen Sportlern.

Das steigert bei vielen die eigene Motivation für das Training. Diesen Grundgedanken hat der Physiker Dr. Michael Lauk aus Freiburg, selbst Ausdauer-Sportler, aufgenommen und Apps für Patienten entwickelt, mit denen sich Werte messen, beobachten und vergleichen lassen.

"Studien aus den USA zeigen, dass die Motivation bei Menschen steigt, wenn sie ihre eigenen Werte verfolgen", berichtet Lauk. Genau um diese Patientenmotivation geht es ihm.

Er hat selbst viel in der Schlaftherapie gearbeitet und weiß, wie schwierig es ist, Patienten für eine Therapie zu motivieren. Lauk kam deshalb auf die Idee, Apps für Smartphones zu entwickeln.

iPhone und iPad werden zum Trainingsgerät

Dr. Michael Lauk

Aktuelle Position: Präsident und Chief Technical Officer (CTO) der inSleep Technologies, LLC, Florida (Therapiegeräte für Schlafmedizin).

Werdegang:Dr. Michael Lauk hat in Freiburg und Boston Physik studiert und war einige Jahre in der Forschung in der Neurologie und Schlafmedizin tätig. Seit 2010 arbeitet er am Aufbau der StudyMyHealth-Plattform.

Insgesamt hat Lauk mit seinem Team drei Apps auf den Weg gebracht: Einen Reaktionszeit-Test (StudyMyPerformance) für Patienten in der Schlafmedizin oder für die Arbeitsmedizin, eine Tremor-App (StudyMyTremor), mit der sich das Zittern der Hand messen lässt, und eine Erinnerungs-App (StudyMyMemory) für Patienten mit Alzheimer im Frühstadium. Alle drei Apps sind gleich aufgebaut, nur die Aufnahmen unterscheiden sich jeweils.

Bei der Tremor-App wird das Zittern der Hand über einen Sensor im iPhone etwa eine Minute lang gemessen. Praktisch ist, dass jedes iPhone einen solchen Sensor bereits integriert hat, weil darüber viele Spiele laufen.

Für den Test legt man einfach das iPhone auf die Hand und misst. Nach fünf Messungen zeigt die App eine Verlaufskurve an, die der Nutzer in den Rubriken Kalender und Ergebnisse anschauen kann.

Die Erinnerungs-App ist ein Test, bei dem Patienten Symbole wiedererkennen müssen. Erscheint das angezeigte Symbol noch einmal, muss der Nutzer auf "Treffer" tippen.

Auch bei dieser App kann sich der Patient nach einigen Messungen, die etwa 90 Sekunden dauern, eine Statistik anzeigen lassen.

Nicht nur etwas für Patienten

Die Reaktionszeit-App testet - wie der Name bereits vermuten lässt - mithilfe von Symbolen, die Reaktionszeit des Patienten. Erscheint ein rotes Quadrat auf dem Display, muss der Nutzer auch hier auf das Feld "Treffer" tippen. Durch verschiedene Messungen am Tag hat der Patient seine Reaktionszeit im Blick.

Doch wie funktioniert nun der Vergleich mit anderen Patienten? Dieses Problem löst die Website www.studymyhealth.com, die es begleitend zu den drei Apps gibt.

"Auf dieser Website können sich Patienten - natürlich komplett anonym - anmelden und dort ihre Werte hochladen und mit denen anderer Patienten vergleichen", sagt Lauk. Auch dies hat der Physiker aus der Sportwelt übernommen.

Die Apps sind aber nicht nur etwas für Patienten. Lauk bezieht auch die behandelnden Ärzte mit ein. Diese können sich über die Website pro.studymyhealth.com anmelden. Dort können sie ihre Praxisdaten eingeben und ihr Praxislogo hochladen.

Dann erhält der Arzt eine sogenannte Gruppennummer. Diese Nummer kann er seinen Patienten geben. Wenn diese sich die App herunterladen und die Nummer eingeben, erscheint die App mit Logo und Kontaktdaten der Arztpraxis. Die App sieht dann aus, als ob sie direkt von der Praxis stammt.

Praxen können direkt an die App Meldungen senden

Der Arzt kann über die Website seiner Patientengruppe Meldungen senden und sie so motivieren, ihre Werte zu messen oder ihnen Informationen zukommen lassen und so eine kontinuierliche Verbindung zu seinen Patienten halten.

Diese Aufgabe kann auch gut an eine geschulte Medizinische Fachangestellte delegiert werden. "Welche Patienten die App haben und in der Gruppe sind, das weiß der Arzt allerdings nicht, damit alles für die Patienten anonym bleibt, er bekommt nur die Anzahl der Mitglieder in seiner Gruppe", erklärt Lauk.

"Wir öffnen Ärzten so die App-Welt und sie brauchen dafür nicht selbst eine App zu entwickeln."

Der Hauptgedanke bei den Apps ist die Motivation und die Patientenbindung. Aber natürlich könne sich dieser Patientenservice auch positiv auf das Image der Praxis auswirken, erläutert Lauk. "Viele Ärzte sind von diesem Projekt angetan, vor allem, wenn sie sehen wie einfach die Anwendung ist", berichtet er aus der Praxis.

Für die Entwicklung hat sich Lauk viel Zeit gelassen. "Es hat lange gedauert, denn die Apps sollten so einfach wie möglich werden, damit wirklich jeder sie bedienen kann."

Apps kosten je 2,39 Euro im App-Store

StudyMy-Apps

Preis: 2,39 Euro je App

Speicherplatz: 1,1 MB je APP

Sprache: Deutsch, Englisch

Anforderung: Kompatibel mit iPhone 3GS, iPhone 4, iPhone 4S, iPod touch (3. Generation), iPod touch (4. Generation) und iPad (erfordert iOS 5.1 oder höher).

Zum Download: Die Apps StudyMyPerformance, StudyMyMemory und StudyMyTremor gibt es im iTunesStore

Und einfach ist es: Es gibt nur eine Benutzerebene. Wie die Aufnahme funktioniert, wird in zwei Sätzen und mit einem Bild leicht und verständlich erklärt. Und auch sonst verliert der Patient nicht den Überblick.

Bei Nutzern in der Testphase habe sich gezeigt, dass sich zum einen auch so etwas wie ein Trainings-Effekt einstellen kann und Patienten sehen, dass sie besser werden. Zum anderen würden die StudyMy-Apps Patienten auch ihre Unsicherheit nehmen.

"Es gab eine MS-Patientin, die Angst hatte, dass aufgrund ihrer Krankheit ihre Reaktionszeit schlechter ist. Die App hat ihr dann aber gezeigt, dass dies nicht stimmt, und ihr so die Befürchtungen genommen", fasst Lauk zusammen.

Die Apps kosten jeweilss 2,39 Euro im App-Store. Zurzeit ist der Zugang für Ärzte noch kostenlos. Dies soll sich aber in Zukunft ändern. Dann sollen Ärzte, etwa für das Senden der Meldungen zahlen. Auch Werbung kann sich Lauk auf der Internetseite für Patienten vorstellen. Dann aber nicht über Google.

Er will selbst steuern, wer Werbung schalten darf und wer nicht.Das Projekt ist zunächst in Deutschland gestartet. Es soll künftig auch auf den amerikanischen Markt ausgeweitet werden.

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