Telemedizin

Noch nicht die allein seligmachende Lösung

Telemedizinische Lösungen werden bis auf Weiteres nur ein Teil des Versorgungsalltags bleiben. Denn noch sind vor allem ältere Patienten skeptisch, so der MLP-Gesundheitsreport.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:

BERLIN. Die Mehrheit der Ärzte steht dem vom Gesetzgeber gewollten Ausbau telemedizinischer Angebote positiv gegenüber. 61 Prozent finden die Entwicklung gut. Das zeigt der aktuelle Gesundheitsreport, den das Institut für Demoskopie Allensbach im Auftrag des Finanzvertriebs MLP erstellt hat. Dabei gibt es deutliche Unterschiede zwischen niedergelassenen und Krankenhausärzten. Während sich bei den Niedergelassenen mit jeweils 47 Prozent Zustimmung und Ablehnung die Waage halten, sehen bei ihren stationär tätigen Kollegen 73 Prozent den Ausbau der Telemedizin positiv, nur 21 Prozent finden ihn nicht gut. Einbezogen in die repräsentative Erhebung waren 1920 Personen ab 16 Jahren aus der Allgemeinbevölkerung sowie 308 niedergelassene und 204 Klinikärzte.

Skepsis bei älteren Patienten

Einig sind sich Ärzte aus Praxis und Klinik darin, dass es noch an den Voraussetzungen für eine stärkere Nutzung der telemedizinischen Möglichkeiten mangelt. 51 Prozent der niedergelassenen und 59 Prozent der Krankenhausärzte gehen davon aus, dass bei ihnen die technische Ausstattung deutlich verbessert werden muss, 30 Prozent beziehungsweise 31 Prozent sehen zumindest etwas Verbesserungsbedarf.

65 Prozent aller Mediziner halten es für notwendig, die Inhalte der Medizinerausbildung an den Ausbau der Telemedizin anzupassen. Ebenfalls 65 Prozent befürchten, dass das Arzt-Patienten-Verhältnis unter einem zunehmenden Einsatz der Telemedizin leiden könnte.

In der Bevölkerungs-Befragung hat sich Allensbach danach erkundigt, ob die Menschen bereit wären, mit ihrem Arzt eine Video-Sprechstunde zu machen. Zurzeit kommt das nur für 22 Prozent in Frage, 70 Prozent lehnen ein solches Angebot ab. Zwar überwiegt in allen Altersgruppen die Ablehnung, sie nimmt aber mit steigendem Alter zu.

"Diese Befragungsergebnisse deuten darauf hin, dass die Telemedizin kurz- und mittelfristig nur einer von mehreren Ansatzpunkten zur Sicherstellung der Patientenversorgung sein kann", sagte der Vorstandsvorsitzende von MLP Dr. Uwe Schroeder-Wildberg bei der Vorstellung des Gesundheitsreports in Berlin. "Es wird noch Zeit und Investitionen erfordern, um hier spürbare Erfolge zu sehen."

Ärzte sind eine Kernzielgruppe für MLP. Aus der Begleitung von Ärzten bei Praxisgründungen kenne man die ohnehin komplexen Investitionsentscheidungen bei der Niederlassung, sagte er. "Wenn jetzt noch der Aspekt Telemedizin hinzukommt, ist der Gesetzgeber gut beraten, gleich klare Rahmenbedingungen zu schaffen, die unterstützend wirken."

Patienten umwerben

Genauso wichtig für die weitere Etablierung telemedizinischer Angebote sei es, die breite Bevölkerung von den Vorteilen zu überzeugen, betonte Schroeder-Wildberg. Dafür brauche es Multiplikatoren. "Allen voran die Krankenkassen und die privaten Versicherer könnten hier eine wichtige Rolle spielen." Sie könnten ihre Versicherten gezielt informieren.

In der Bevölkerungs-Umfrage gaben 54 Prozent an, dass sie Gesundheitsdaten, die über Fitnessarmbänder oder Apps erhoben werden, ihrem Krankenversicherer nicht zur Verfügung stellen würden. Das negative Votum kommt aber vor allem von den Menschen ab 45 Jahren. Bei den unter 30-Jährigen lehnen nur 30 Prozent die Datenweitergabe ab, bei den 30- bis 44-Jährigen sind es 44 Prozent. "Hier dürfte sich der Beginn einer Entwicklung abzeichnen, die insofern positiv wirken kann, als dass solche Tarife gesundheitsbewusstes Verhalten fördern – und kostensenkend wirken", so Schroeder-Wildberg. Gleichzeitig müsse ein umfassender Datenschutz gewährleistet sein. "Und es muss im gesetzlichen wie im privaten System natürlich immer Alternativangebote für Versicherte geben, die nicht an solchen Programmen teilnehmen können oder wollen."

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