Ärzte-Zuwendungen

Pharmaindustrie will Geheimnis lüften

Die Pharmabranche zieht blank: Der europäische Verband EFPIA hat angekündigt, die finanziellen Zuwendungen an Ärzte und medizinische Forschungseinrichtungen offen zu legen. "Die Pharmaindustrie hat nichts zu verbergen", sagt Vizepräsident Oschmann.

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Geht es um die Zuwendungen an Ärzte, will der europäische Pharmaverband künftig transparenter sein.

Geht es um die Zuwendungen an Ärzte, will der europäische Pharmaverband künftig transparenter sein.

© Udo Kroener / fotolia.com

DARMSTADT (cw). Wer bekommt was von der Pharmaindustrie? Kritische Stimmen fordern immer wieder, geldwerte Zuwendungen an Ärzte und medizinische Forschung zu veröffentlichen. Dem wollen die Mitglieder des europäischen Pharmaverbandes EFPIA nun nachkommen.

In Anlehnung an den US-amerikanischen "Physician Payment Sunshine Act" bereitet der Verband einen eigenen "Transparenzkodex" vor, den man bis 2015 umsetzen will. Das kündigte der Vizepräsident, Dr. Stefan Oschmann, am Mittwoch an.

Oschmann ist Mitglied der Geschäftsleitung der Merck KGaA und verantwortlich für deren Pharma-Unit Merck Serono.

Dialog mit der Ärzteschaft nötig

"Die Pharmaindustrie hat nichts zu verbergen. Und Offenheit ist das beste Rezept gegen Misstrauen", erklärte Oschmann. Über den genauen Katalog der zu veröffentlichenden Arzt-Zuwendungen ist noch nicht entschieden.

In Erbsenzählerei soll die Sache jedoch nicht ausarten. Oschmann: "Es ist nicht der Sinn dieser Transparenzbemühungen, jeden Kugelschreiber, den eine Praxis erhalten hat, zu melden."

Auch etwaige Vorbehalte in der Ärzteschaft nimmt der EFPIA-Vize ernst. Nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen europäischen Ländern seien Gespräche über Einkommen oder Gehalt tabubehaftet, so Oschmann.

"Um zu praktikablen Vorschriften zu kommen" sei daher ein "Dialog mit der Ärzteschaft nötig". Hierzulande werde man "eng mit der Bundesärztekammer und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zusammenarbeiten".

Grundsätzlich seien gesetzes- und kodexkonforme Vereinbarungen zwischen Ärzten und Pharmaherstellern ja nichts Ehrenrühriges. Dazu könne "jeder stehen", ist Oschmann überzeugt.

Umgesetzt werden soll die Dokumentation der Arzt-Zuwendungen ähnlich, wie es heute schon mit den Fördermitteln geschieht, die an Patientenorganisationen fließen. Die werden etwa von den Mitgliedern des Verbandes forschender Arzneimittelhersteller (vfa) seit 2009 jährlich allgemein zugänglich online gestellt.

Vorbild Physician Payment Sunshine Act

In der EFPIA sind 35 große forschende Pharmaunternehmen zusammengeschlossen, darunter beispielsweise Roche, Bayer, Boehringer Ingelheim, Abbott, Novartis, Lilly oder Grünenthal.

Mit dem Vorstoß in Sachen Zuwendungs-Transparenz will der Verband auch zu einer europäisch einheitlichen Linie beitragen.

Das Vorbild der EFPIA-Initiative, der "Physician Payment Sunshine Act", ist Teil umfangreicher neuer Verbraucher- und Patientenschutzrechte im Gesundheitswesen, die die USA vor zwei Jahren beschlossen haben.

Demnach müssen Anbieter erstattungsfähiger Arzneimittel und Medizintechnik jährlich dem Gesundheitsministerium Meldung über die geleisteten Zuwendungen an Ärzte und Krankenhäuser machen.

Meldepflichtig sind unter anderem direkte Zahlungen, Geschenke, und Spenden, Reise- und Bewirtungskosten, Beratungs- und Vortragshonorare, Gelder für Forschung und Lehre oder auch Beteiligungen und Aktienbezugsrechte.

Erstmals publiziert werden diese Meldungen voraussichtlich im September 2013.

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