Nahrungsergänzungsmittel
Pharmaverband: EU-Kommission verhält sich rechtswidrig
Phytopharmakahersteller sehen sich durch den Stillstand bei der Umsetzung der EU Health-Claims-Verordnung unfairer Konkurrenz durch Anbieter pflanzlicher Nahrungsergänzungsmittel ausgesetzt.
Veröffentlicht:Berlin. Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) fordert die EU-Kommission erneut auf, die Bewertung gesundheitsbezogener Werbeaussagen für Lebensmittel bzw. Nahrungsergänzungsmittel mit pflanzlichen Inhaltsstoffen endlich voranzubringen. Seit die sogenannte „Health-Claims-Verordnung“ (Verordnung (EG) Nr. 1924/2006) im Jahr 2007 in Kraft getreten ist, hätte die Kommission eigentlich eine Vielzahl gesundheitsbezogener Werbeaussagen prüfen und genehmigen – oder untersagen – lassen müssen. Dies sei jedoch nur teilweise geschehen.
Faktisch sei die Bewertung gesundheitsbezogener Werbeaussagen für pflanzliche Stoffe seit 2010 ausgesetzt. Weshalb nach wie vor Anbieter von Nahrungsergänzungsmitteln (NEM) ihre Produkte mit gesundheitsbezogenen Aussagen ohne jeglichen wissenschaftlichen Beleg anpreisen könnten. Insbesondere Hersteller pflanzlicher Arzneimittel sehen sich dadurch im Wettbewerb benachteiligt, weil etliche NEM-Anbieter – wie versichert wird – ihre Produkte auch in arzneimittelähnlicher Aufmachung auf den Markt brächten.
„Rechtswidrige Passivität“
Bis 2008 wurden nach Angaben einer BPI-Sprecherin 4637 gesundheitsbezogene Werbeaussagen (Health Claims) bei der Kommission eingereicht, rund die Hälfte (2078) bezogen auf pflanzliche Stoffe („Botanicals“) , die übrigen bezogen auf Mineralien und Vitamine. Bis heute habe die EU-Lebensmittelbehörde EFSA für Vitamine und Mineralien etwa 250 Claims genehmigt, den Rest zurückgewiesen. Von den 2078 Claims für pflanzliche Stoffe seien jedoch erst 530 bewertet worden – sämtliche negativ, wie es heißt. Dennoch dürften diese Aussagen ebenso wie die noch nicht bewerteten Claims übergangsweise weiterhin von den Herstellern zu Werbezwecken verwendet werden.
Laut einem vom BPI bei dem ehemaligen Verfassungsrichter Udo Di Fabio in Auftrag gegebenen Rechtsgutachten, das am heutigen Dienstag in Brüssel vorgestellt wurde, sei die EU-Kommission „aufgerufen, nun endlich den Auftrag zur Bewertung der Health Claims zu Botanicals an die EFSA zu erteilen“. BPI-Hauptgeschäftsführer Kai Joachimsen: „Das Gutachten zeigt, dass die offensichtliche Passivität der EU-Kommission rechtswidrig ist und gegen die Vorgaben der Verordnung verstößt. Dadurch werden nicht nur die Verbraucherinnen und Verbraucher getäuscht. Die Kommission läuft auch Gefahr, schuldhaft den Niedergang einer ganzen Teilbranche, nämlich der pflanzlichen Arzneimittelhersteller, mitzuverantworten.“ (cw)