Retaxwut ärgert Ärzte und Apotheker

Ein Bericht über kleinliche Null-Retaxationen bei BtM-Rezepten in der "Ärzte Zeitung" hat Ärzte und Apotheker zur Diskussion angeregt. Denn im schlimmsten Fall könnte die schnelle Versorgung schwerkranker Patienten gefährdet sein.

Ruth NeyVon Ruth Ney Veröffentlicht:
Zankapfel BtM: Was muss genau auf den Rezepten ausgefüllt werden?

Zankapfel BtM: Was muss genau auf den Rezepten ausgefüllt werden?

© Jochen Tack / imago

NEU-ISENBURG. Anlass für die aktuelle Debatte ist die systematische Kontrolle von Betäubungsmittelrezepten vor allem der BKK Novitas und einiger anderer Betriebskrankenkassen.

Meist werden sie bei ärztlichen Verschreibungsfehlern fündig, die nach Ansicht der Kassen eine Korrektur des Rezepts oder eine Nichtbelieferung hätte nach sich ziehen müssen.

Ein Apotheker mahnt daher in seinem Kommentar im Internet das Verständnis ärztlicher Kollegen an, wenn Apotheken um Korrekturen bei den Rezepten bäten.

Schludrig ausgefüllte Rezepte

Denn die von den Krankenkassen kritisierten Formfehler bei BtM-Rezepten gingen vorwiegend auf eine Nichtbeachtung ärztlicher Vorschriften zurück.

Unklar ist dabei offensichtlich, was Kassen überhaupt beanstanden dürfen, wie aus dem Leserbrief eines Arztes hervorgeht.

Nach Ansicht von Dr. Heinz-Uwe Dettling, Rechtsanwalt aus Stuttgart, schießen Krankenkassen mit den Beanstandungen weit über das Ziel hinaus.

Beanstandung nicht vom Recht gedeckt?

"Die Beanstandungen lassen sich vielfach gar nicht mit der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung begründen", erläuterte er im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung".

Kritisch sieht er auch die Praxis der Null-Retaxation an sich, die auf einer verfehlten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts beruhe.

"Ein Geldzurück und gleichzeitiges Behaltendürfen der Leistung gibt es sonst nirgendwo in der gesamten Rechtsordnung", betonte er.

Rechtswidrige Retaxationen

Die Versuche einiger Krankenkassen, die Rechtsprechung zur Null-Retaxation mit unberechtigten oder bagatellartigen Beanstandungen auszunutzen, um Leistungen in Anspruch zu nehmen und deren Zahlungen zu verweigern, verurteilte er als "Auswüchse".

Auch der Pharmarechtsexperte Professor Elmar Mand aus Marburg äußert sich skeptisch gegenüber dem Verhalten der Krankenkasse bei Null-Retaxationen.

"Viele Retaxationen sind nicht nur rechtswidrig, sondern marktstarke Krankenkassen verstoßen auch gegen das kartellrechtliche Missbrauchsverbot gemäß den Paragrafen 19, 20 GWB."

Mand betonte allerdings auch, dass die - auch formal - extrem strengen Anforderungen bei BtM-Verordnungen zu recht gälten. "Hier ist kein Raum für Nachlässigkeiten, wie klein diese auch sein mögen", so der Jurist.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Kontrollterror gefährdet Patienten

Jetzt abonnieren
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Influencer-Marketing für Nahrungsergänzungsmittel

foodwatch beklagt „wilden Westen der Gesundheitswerbung“

EU-Pharma Agenda – Impulse für die Arzneimittelversorgung in Deutschland

Impulse für die Arzneimittelversorgung aus Patientenperspektive

Kooperation | In Kooperation mit: AbbVie Deutschland, DAK Gesundheit, MSD Sharp & Dohme, Novo Nordisk, Roche Pharma, vfa und Xcenda
Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Netzwerk-Metaanalyse von 139 Studien

Gonarthrose: Viele Optionen, doch nur wenige funktionieren

Chronisches Kreuzweh

Studie: Rauchen lässt den Rücken schmerzen

Lesetipps
Schwindel kann viele unterschiedliche Ursachen haben. Mit den richtigen Fragen kommt man aber zur richtigen Diagnose.

© Andrey Popov / stock.adobe.com

BAM-Kongress 2025

Schwindel in der Hausarztpraxis: Fünf Fragen zur Ursachenfindung

Prophylaktische Maßnahmen sind der beste Weg, um Infektionen bei Krebspatientinnen und -patienten zu verhindern. Während und nach ihrer Chemotherapie sind sie dafür besonders anfällig. (Symbolbild)

© RFBSIP / stock.adobe.com

Vorbeugen ist besser als heilen

Wie die Infektionsprophylaxe bei Krebspatienten gelingt

Die Ärzte Zeitung hat jetzt auch einen WhatsApp-Kanal.

© prima91 / stock.adobe.com

News per Messenger

Neu: WhatsApp-Kanal der Ärzte Zeitung