Mindestlohn

Sanitäter bekam nur im Prinzip Recht

Auch im Bereitschaftsdienst gilt der Mindestlohn. Doch wenn kein Stundensatz vereinbart ist, kann die Gesamtarbeitszeit mit dem Monatslohn abgeglichen werden.

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ERFURT. Das Urteil schaffte es bis in die Abendnachrichten: Auch für Bereitschaftsdienste gilt der gesetzliche Mindestlohn.

Allerdings hat das Bundesarbeitsgericht in dem jetzt entschiedenen Fall eines Rettungssanitäters dessen Gesamtarbeitszeit zum Monatslohn ins Verhältnis gesetzt. Daher ging der Kläger am Ende leer aus.

Der Rettungssanitäter aus Nordrhein-Westfalen wurde nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) bezahlt. Er sah eine monatliche Vergütung von 2680 Euro plus Zulagen vor, wie üblich aber keinen festen Stundensatz.

Danach sollte er 30 Stunden pro Woche regulär arbeiten und 18 weitere Stunden Bereitschaftsdienst leisten. Die wurden zur Hälfte als normale Arbeit gewertet, so dass er insgesamt die tarifliche Arbeitszeit von 39 Stunden erreichte.

Kläger wollte vollen Stundensatz

Als 2015 der gesetzliche Mindestlohn eingeführt wurde, rechnete der Rettungsassistent die Stundenvergütung für seine Bereitschaftszeiten aus: Auf die tariflichen 39 Wochenstunden umgerechnet bedeute sein Monatslohn 15,81 Euro pro Stunde.

Von 18 Bereitschaftsstunden bekomme er nur die Hälfte bezahlt, also neun Mal 15,81 Euro, insgesamt 142,29 Euro. Pro Stunde seien dies nur 7,90 Euro und damit weniger als der Mindestlohn in Höhe von 8,50 Euro.

Durch die Einführung des Mindestlohns sei die tarifliche Vergütungsregelung unwirksam geworden, meinte er. Mangels wirksamer Vergütungsregelung stehe ihm daher auch im Bereitschaftsdienst nicht nur der Mindestlohn, sondern die "übliche Vergütung" in Höhe von 15,81 Euro pro Arbeitsstunde zu.

Insgesamt mehr gehabt

Diese Rechnung mochte das Bundesarbeitsgericht nicht unterschreiben. Zwar gelte der gesetzliche Mindestlohn für jede geleistete Arbeitsstunde - und damit auch für Bereitschaftszeiten. Dieser Anspruch sei im Fall des Klägers aber erfüllt.

Denn wenn kein konkreter Stundensatz festgelegt sei, komme es für die Erfüllung des Mindestlohnanspruchs auf die Monatsvergütung an.

Hier habe der Kläger einschließlich der Bereitschaftszeiten bis zu 228 Stunden pro Monat gearbeitet. Nach Mindestlohn müsse er damit mindestens 1938 Euro brutto erhalten. Tatsächlich habe sein Monatsverdienst aber darüber gelegen.

Offen blieb, ob der Arbeitgeber die monatliche Gesamtvergütung auch dann auf die Gesamtarbeitsstunden einschließlich Bereitschaften umlegen kann, wenn statt einer Monats- eine Stundenvergütung vereinbart ist. (mwo)

Az.: 5 AZR 716/15

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