Leipzig

Sondereinheit geht gegen Abrechnungsbetrüger vor

Spezialermittler in Leipzig nehmen Abrechnungsbetrüger ins Visier. In einem aktuellen Fall gegen acht Ärzte geht es um einen Millionenschaden.

Sven EichstädtVon Sven Eichstädt Veröffentlicht:

Leipzig. Ärzte müssen bei Abrechnungsbetrug schon während der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen mit Disziplinarstrafen rechnen. Dafür „muss nicht das Ende des Strafverfahrens abgewartet werden“, sagte Oberstaatsanwältin Silke Kühlborn, Abteilungsleiterin bei der Staatsanwaltschaft Leipzig, am Freitag anlässlich neuer Ermittlungen gegen Ärzte.

„Wir informieren Kammer und KV deutlich vor einer möglichen Anklageerhebung.“ Disziplinarstrafen können der Entzug der Zulassung oder der Weiterbildungsermächtigung sein. Diese Sanktionen hängen nicht vom Strafmaß im Strafverfahren ab.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt derzeit gegen acht Ärzte. Sie wirft ihnen Betrug durch Falschabrechnung vor. Dadurch soll in den vergangenen fünf Jahren ein Schaden von mehr als 2,5 Millionen Euro entstanden sein. Mitte November hatten 160 Polizisten und vier Staatsanwälte 18 Arztpraxen und Wohnungen südlich von Leipzig durchsucht.

Staatsanwältin „erstaunt über die Kreativität“

Wegen des Umfangs des Verfahrens und der Menge der Unterlagen, die ausgewertet werden müssen, hat das Landeskriminalamt Sachsen die Ermittlungen übernommen, sagte Staatsanwältin Andrea Salz.

Dieser Fall ist der größte der 68 Ermittlungsverfahren, die die Leipziger Spezialermittler für Abrechnungsbetrug im Gesundheitswesen in den letzten Jahren geführt haben. Die Abteilung aus vier Staatsanwälten und vier Polizisten wurde Anfang 2016 gegründet.

31 dieser Verfahren seien abgeschlossen, die meisten eingestellt worden. Bei zwei Verfahren sind je Strafbefehle mit mehrmonatigen und zur Bewährung ausgesetzten Haftstrafen rechtskräftig geworden, bei zwei Verfahren ist Salz zufolge Anklage erhoben worden.

Zumeist gehe es um Betrug, für den das Strafgesetzbuch bei Verurteilung bis zu fünf Jahre Haft und in besonders schweren Fällen bis zu zehn Jahre vorsieht.

„Das Abrechnungssystem für die gesetzlichen Versicherten im Gesundheitswesen ist auf Vertrauen angelegt und anfällig für betrügerische Manipulationen“, sagte die Behördenleiterin und leitende Oberstaatsanwältin Claudia Laube.

„Wir sind erstaunt über die Kreativität beim Abrechnungsbetrug.“ Neben Ärzten wird auch gegen Pflegedienste, Physiotherapeuten und Logopäden ermittelt.

KV-Chef wehrt sich gegen Generalverdacht

In der Ärzteschaft gehen wegen der Ermittlungen die Wogen hoch. Eine Leipziger Allgemeinmedizinerin warf der „Leipziger Volkszeitung“ in einem Leserbrief vor, „alle anständigen Ärzte in Generalverdacht“ zu stellen.

Ein anderer Leipziger Hausarzt sprach in einem Leserbrief von einem „skandalösen Verhalten der Justiz gegenüber Ärzten“. Die Staatsanwaltschaft sei ein „mit Sturmhauben gerüsteten Feind der Ärzteschaft“.

Sachsens KV-Chef Dr. Klaus Heckemann, Hausarzt in Dresden, wies am Donnerstag einen „Generalverdacht gegen alle Ärzte nachdrücklich zurück“. „‚Schwarze Schafe‘ repräsentieren keinesfalls die sächsische Ärzteschaft“, sagte er.

Die Ermittlungen im aktuellen Fall seien jedoch nicht „überraschend“. „Das Abrechnungsverhalten der durchsuchten Einrichtungen“ sei bereits bei Plausiprüfungen auffällig gewesen, so Heckemann. Honorar „im hohen sechsstelligen Bereich“ sei zurückgefordert worden. Auch habe man disziplinarrechtliche Maßnahmen eingeleitet.

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