Rechtsprechung
Stellenbewerbung auf Kleinanzeigen-Portal: Auch hier kann Schadenersatz drohen
Auch wer sich via Chat über Ebay-Kleinanzeigen auf eine Stelle bewirbt, gilt als Bewerber im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG): Bei Diskriminierung steht dann Entschädigung zu.
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Schnell mal via Chat auf eine Stellenanzeige, die über Ebay läuft, bewerben? Das zählt wie ein richtiges Bewerbungsschreiben, so die Meinung des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein.
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Kiel. Über Ebay-Kleinanzeigen werden längst nicht nur Gebrauchsgegenstände verkauft. Die Plattform bietet auch Angebote für Jobsuchende. Doch ärztliche Praxen, die über das Portal MFA oder Reinigungskräfte suchen, sollten Vorsicht walten lassen. Denn: Wer sich formlos über die Chat-Funktion des Portals bewirbt, genießt den Status eines Bewerbers im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes.
Wer als Mann wegen seines Geschlechts etwa für eine Sekretariatsstelle abgelehnt wird, kann dann Anspruch auf Entschädigung haben. Auf ein entsprechendes Urteil verweist der Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte (VDAA) in Stuttgart.
„Sekretärin gesucht“ - ist diskriminierend
In dem Fall hatte sich ein Mann auf eine Stellenanzeige auf Ebay-Kleinanzeigen beworben. In der Anzeige war ausdrücklich eine „Sekretärin gesucht“. Über die Chatfunktion bewarb sich der Mann auf die Stelle, ohne weitere Unterlagen einzureichen.
Das Unternehmen antwortete, dass „eine Dame als Sekretärin“ gesucht sei und sagte dem Bewerber ab. Der abgelehnte Bewerber sah sich wegen seines Geschlechts diskriminiert und machte gegenüber dem Unternehmen eine Entschädigung von drei Bruttomonatsgehältern geltend.
Das Unternehmen argumentierte, dass die Bewerbung nur auf eine Entschädigung abgezielt habe und somit rechtsmissbräuchlich gewesen sei. Das Landesarbeitsgericht aber gab dem Bewerber Recht. Der für die Geltendmachung von Entschädigung erforderlichen Bewerberstatus sei gegeben.
Entschädigung für Diskriminierung ist hier angemessen
Wer eine Stellenanzeige in Ebay-Kleinanzeigen veröffentlicht, müsse damit rechnen, dass sich die Bewerber über die Chatfunktion bewerben und nicht auf klassische Weise schriftlich mit beigefügten Bewerbungsunterlagen.
Nach Ansicht des Gerichts, war es dem Arbeitgeber auch nicht gelungen, besondere Umstände nachzuweisen, die ausnahmsweise auf eine rechtsmissbräuchliche Bewerbung hinweisen könnten.
Im Hamburger Umland ist unter Beachtung der laufenden Stellenangebote für eine Sekretärin in Vollzeit ein monatliches Bruttogehalt in Höhe von 2700 Euro zu zahlen, so dass die Klage in Höhe von 7800 Euro nicht überzogen war. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. (dpa)
Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein, Az. 2 Sa 21/22