Promis in Kliniken

Strategien gegen plötzlichen Medienansturm

Der Fall des schwer verunglückten Michael Schumacher zeigt, wie Medien den Klinikbetrieb lahmzulegen drohen. Mit der richtigen Strategie können sich Krankenhäuser aber für den Krisenfall wappen.

Matthias WallenfelsVon Matthias Wallenfels Veröffentlicht:
Weltweites Medieninteresse: Journalisten verfolgen vor dem Centre Hospitalier Universitaire in Grenoble eine Pressekonferenz, in der Michael Schumachers Managerin Sabine Kehm Auskunft zum Zustand des beim Skifahren verunfallten, mehrfachen Formel-1-Weltmeisters gibt.

Weltweites Medieninteresse: Journalisten verfolgen vor dem Centre Hospitalier Universitaire in Grenoble eine Pressekonferenz, in der Michael Schumachers Managerin Sabine Kehm Auskunft zum Zustand des beim Skifahren verunfallten, mehrfachen Formel-1-Weltmeisters gibt.

© David Ebener/dpa

GRENOBLE/NEU-ISENBURG. Der dramatische Skiunfall des mehrfachen Formel-1-Weltmeisters Michael Schumacher stellt nicht nur eine Herausforderung für die Ärzte am Universitätskrankenhaus in Grenoble dar, sondern auch an das Klinikmanagement.

Schließlich soll der ärztliche Betrieb in der Klinik trotz des Promi-Patienten weitgehend routinemäßig weitergehen. Sind deutsche Kliniken auf ähnlich gelagerte Ausnahmesituationen vorbereitet?

Für Rudi Schmidt, Unternehmenssprecher des privaten Klinikbetreibers Asklepios, sind Promi-Patienten und das dazugehörige, teils globale Medieninteresse vor allem eine Frage der Organisation.

Schmidt spricht aus Erfahrung, schließlich lassen oder ließen sich in Hamburger Asklepios-Häusern viele Politiker wie etwa Alt-Bundeskanzler Helmut Schmidt und dessen verstorbene Ehefrau Loki behandeln.

Aufsehen erregende Fälle wie Polonium- oder EHEC-Patienten sowie Prominente müssen immer wieder vor der Presse genauso geschützt werden, wie Opfer aus dem Bereich der organisierten Bandenkriminalität vor "Besuchern" rivalisierender Vereinigungen.

Ein Krisenplan allein hilft nicht weiter

"Ein Krisenplan alleine reicht Ihnen als Klinik nicht aus, um dem Medienansturm Herr zu werden. Vielmehr kommt es darauf an, dass das prozedurale Wissen zum Beispiel auch beim leitenden Personal in den Abteilungen verankert ist, wenn solche Patienten in die Klinik kommen", verrät Rudi Schmidt im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung". Dazu müsse das Personal entsprechend instruiert sein.

"Natürlich muss man auch die Schwachstellen im Klinikbetrieb kennen", ergänzt er mit Blick auf potenzielle Info-Lecks, etwa aus den Reihen der Mitarbeiter oder Angehörigen.

Für ihn gehört im Sinne des Krisenmanagements - und nichts anderes ist eine solche Situation - dazu, dass zum Beispiel die Presseabteilung des Krankenhauses respektive des Trägers die Belange und die Arbeitsweise von Journalisten versteht.

"Wir haben einen Modus vivendi mit den Boulevard-Journalisten", ergänzt Schmidt. Das steigere das gegenseitige Vertrauen und ermögliche es erst, Promis auch mal ohne Rummel im Haus zu haben.

Schweigepflichtentbindung ist essenziell

Wenn der Patient aber publik wird, ist es nach Aussage Schmidts essenziell, von den Angehörigen schnellstmöglich eine Schweigepflichtentbindung zu bekommen, um den Medienrummel beherrschen zu können.

"Sonst können wir gegenüber den Medien nicht im Sinne des Patienten handeln", gibt er zu bedenken, schiebt aber nach, dass zumindest im Falle der A-Promis "die meisten Angehörigen sowieso Bescheid wissen, wie der Hase läuft und man mit ihnen Statements abstimmen kann".

Um den Wissensdurst der Medienvertreter zu befriedigen, setzt Schmidt auf regelmäßige Information der Journalisten. Die Form und Häufigkeit hänge dabei vom individuellen Fall ab.

"Ob das ärztliche Bulletin oder gar die Pressekonferenz immer die richtige Wahl ist, wage ich zu bezweifeln", sagt Schmidt mit einem Blick auf die aktuelle Situation am Universitätskrankenhaus in Grenoble.

Ohne Polizei und Hausordnung geht es nicht

Um Promi-Patienten vor dem ungewollten Medienrummel oder Paparazzi-Attacken am Krankenbett zu schützen, gibt es für den Kliniksprecher mehrere Verbündete, darunter die Polizei.

Sie sei nicht nur zuständig für die Sicherung des Krankenhauses zur Aufrechterhaltung des Betriebs, sondern auch für effektive Zutrittskontrollen zum Patientenzimmer.

"Klinikleitungen sollten nicht vergessen, Medien und deren Vertreter in der Hausordnung zu berücksichtigen", rät Schmidt zusätzlich.

So lasse sich ein Hausverbot gegen Journalisten auch rechtssicher durch die Polizei durchsetzen. Dies helfe laut Schmidt auch gegenüber rabiateren Pressevertretern aus dem Ausland.

So wird in der Asklepios-Hausordnung explizit darauf hingewiesen, dass die Klinik "kein öffentlicher, sondern ein geschützter und ein beschützender Raum" ist.

Es "ist daher verboten, Patienten ohne vorherige Zustimmung zu fotografieren oder zu filmen - dies gilt auch dann, wenn die Aufnahmen hinterher anonymisiert werden sollen. Für Patienten-Interviews und Aufnahmen auf dem Klinikgelände und im Gebäude sind andere Maßstäbe anzulegen als in der Öffentlichkeit."

Auch zeigt die Hausordnung Journalisten die Rote Karte, wenn sie undercover auf dem Klinikgelände arbeiten wollen: "Journalisten, die sich im Rahmen ihrer Tätigkeit auf dem Klinikgelände an einen Patienten, Besucher oder Mitarbeiter wenden, müssen sich vorher als Journalist zu erkennen geben."

Mit derartigen vorbeugenden Maßnahmen lasse sich der Klinikbetrieb auch im Ausnahmefall gegen Zugriffe von außen wirksam schützen.

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