Zweitmeinung

Telefon-Hotline vermittelt Facharzt in 48 Stunden

Schnelle Hilfe beim Einholen einer Zweitmeinung – das ist das Ziel einer neuen Kooperation der AOK Hessen. Durch Arztbewertungen sammelt das Partnerunternehmen nebenbei einen internen Datenschatz.

Von Jana Kötter Veröffentlicht:
Zweitmeinungen sollen unter anderem unnötige Eingriffe verhindern.

Zweitmeinungen sollen unter anderem unnötige Eingriffe verhindern.

© Entropia / Fotolia

FRANKFURT/MAIN. Um Versicherte bei dem Einholen einer Zweitmeinung zu unterstützen, kooperiert die AOK Hessen seit 1. August mit dem Unternehmen BetterDoc. Innerhalb von 48 Stunden wird Patienten über eine Telefon-Hotline ein Spezialist für die Zweitmeinung, die Behandlung oder die Operation vermittelt. "Für den medizinischen Laien ist es nahezu unmöglich, eine vorgeschlagene Operation oder Therapie medizinisch zu beurteilen", erklärte Dr. Roland Strasheim, bei der AOK Hessen verantwortlich für die stationäre Versorgung, am Montag bei der Vorstellung der Kooperation.

Die AOK Hessen folgt damit nach Angaben von BetterDoc einem bedeutenden Teil von Kassen – darunter andere AOKen, IKKen und BKKen. 40 Prozent aller privaten Versicherer seien bereits im Boot, "in der GKV unternehmen wir sehr, sehr große Schritte", sagte Geschäftsführer Nils von Dellingshausen. Ihm zufolge betreuen bei BetterDoc aktuell rund 40 Mitarbeiter fünf Millionen Versicherte; die Prognose für 2018 sieht zehn Millionen Versicherte vor.

Nach der Erfassung des jeweiligen Falls begutachtet ein Arzt von BetterDoc die Krankendaten inklusive angeforderter Patientenakte; daraufhin wird ein passender Spezialist ermittelt. Dabei setzt das Unternehmen auf die "Auswertung verschiedener Qualitätskriterien", heißt es: Fallzahlen, Routinedatenanalysen, Zertifizierungen. "Wir prüfen auch, ob sich ein Arzt regelmäßig bei Fachkongressen, Arbeitsgruppen oder Qualitätszirkeln und Fortbildungen engagiert", so die medizinische Direktorin Dr. Donata von Dellingshausen. Die Informationen zu geeigneten Spezialisten werden dem Patienten schriftlich zugestellt und dann in einem telefonischen Gespräch erläutert. Auf Wunsch übernimmt das Unternehmen auch die Terminvereinbarung.

Jeder Patient erhält darüber hinaus einen eigenen Ansprechpartner über zwei Jahre an die Seite gestellt. Dieser soll über die Betreuungsphase sicherstellen, dass alle nötigen Informationen vorliegen, aber auch den Krankheitsverlauf im Auge behalten. Und: Bei Bewertungen zu vier Zeitpunkten – laut eigenen Angaben erreichen die Fragebogen eine Rücklaufquote von 75 Prozent – wird auch die Leistung der Ärzte abgefragt.

Nils von Dellingshausen betont, dass die Datenschätze aktuell nur intern verwendet werden. In einem weiteren Schritt könnte jedoch überlegt werden, die Informationen auch den Ärzten zugänglich zu machen. "Im Gegensatz zu Online-Bewertungsportalen sind unsere Patientenbewertungen real – wir wissen schließlich, dass die Patienten auch wirklich beim bewerteten Arzt in Behandlung waren."

In einer dreimonatigen Probephase der Kooperation (Mai bis Oktober 2016) wurden rund 150 Fälle aus ganz Hessen – vorwiegend mit Knie- und Hüfterkrankungen – bearbeitet. Das Ergebnis: Ein Drittel aller Diagnosen sei korrigiert, in zwei Drittel der Fälle die Therapieempfehlung angepasst worden. Von Dellingshausen betont, dass in der Zuweisung der Ärzte die bisherigen Therapieempfehlungen keine Rolle spielten, auch sei die Kooperation mit der AOK Hessen nicht an eine Verringerung der operativen Eingriffe gebunden. "Eine zweite Meinung, losgelöst von der Leistungserbringung, ist im Zweifelsfall die objektivere", so auch Strasheim.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Triebfeder Zweitmeinung

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Wissenschaft in Medizin übertragen

© Regeneron

Forschung und Entwicklung

Wissenschaft in Medizin übertragen

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Regeneron GmbH, München
Arzneiforschung: Von Innovationen profitieren nicht nur Patienten, sondern immer auch die Gesellschaft als Ganzes.

© HockleyMedia24 / peopleimages.com / stock.adobe.com

Nutzenbewertung

Arznei-Innovationen: Investition mit doppeltem Nutzen

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Verband der forschenden Pharma-Unternehmen (vfa)
Patientenzentrierter Ansatz und europäische Produktion

© Springer Medizin Verlag

Unternehmen im Fokus

Patientenzentrierter Ansatz und europäische Produktion

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Advanz Pharma GmbH, München
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Metaanalyse

Subjektive Krankheitsbelastung bei Krebs prognostisch relevant

Risikofaktoren identifiziert

Für wen könnten Harnwegsinfekte gefährlich werden?

Laterale Ellbogenschmerzen

Diese sechs Kriterien sprechen gegen einen „Tennisarm“

Lesetipps
Übersichtsarbeit: Wie wirken Hochdosis-, rekombinante und mRNA-Vakzinen verglichen mit dem Standardimpfstoff?

© Sasa Visual / stock.adobe.com

Übersichtsarbeit zu Grippeimpfstoffen

Influenza-Vakzinen im Vergleich: Nutzen und Risiken

Eine junge Frau fasst sich an ihren schmerzenden Ellenbogen.

© Rabizo Anatolii / stock.adobe.com

Laterale Ellbogenschmerzen

Diese sechs Kriterien sprechen gegen einen „Tennisarm“

Serotoninkristalle, die ein Muster ergeben.

© Michael W. Davidson / Science Photo Library

Für wen passt was?

Therapie mit Antidepressiva: Auf die Nebenwirkungen kommt es an