Saarland

Todesfall wegen Fehldiagnose eines suchtkranken Arztes?

Ein offenbar suchtkranker Pathologe soll aufgrund fehlerhafter Befunden Patienten unnötige Operationen eingebrockt haben. Einmal sogar mit tödlichem Ausgang.

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Ist‘s die „richtige“ Gewebeprobe unter dem Mikroskop? Fehlerhafte Befunde eines Pathologen im Saarland sollen zu teils fatalen Folgen geführt haben.

Ist‘s die „richtige“ Gewebeprobe unter dem Mikroskop? Fehlerhafte Befunde eines Pathologen im Saarland sollen zu teils fatalen Folgen geführt haben.

© Bernd von Jutrczenka / dpa

Saarbrücken. Die Staatsanwaltschaft Saarbrücken hat nach einjährigen Ermittlungen Anklage gegen zwei Pathologen erhoben. Deren Fehlbefunde sollen zu fatalen Folgen geführt haben. Zusätzliche Brisanz erhält der Fall durch eine mögliche indirekte Verwicklung von Kammerpräsident Sanitätsrat Dr. Josef Mischo, gegen den ebenfalls ermittelt wird.

Im Mittelpunkt der Affäre steht der frühere Chef eines Pathologie-Instituts. Derzeit sitzt der 61-jährige Dr. H. hinter Gittern, nachdem er im Juni bereits wegen Betruges und Bestechung zu einer Gefängnisstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt worden war. Er hatte Fachärzte mit Zahlungen animiert, ihm Gewebeproben einzusenden.

Körperverletzung mit Todesfolge?

Dieses Verfahren war aber nur ein Nebenprodukt der staatsanwaltlichen Ermittlungen wegen der Fehldiagnosen des Pathologen. Für die jetzige Anklage wurde der Teil der fraglichen Fälle vorgezogen, den die Staatsanwaltschaft aus ihrer Sicht ausermittelt hat. In anderen Verdachtsfällen gehen die Nachforschungen weiter.

H. wird nun gefährliche, zum Teil schwere Körperverletzung vorgeworfen, in einem Fall mit Todesfolge. Patienten sollen aufgrund „gravierender Fehldiagnosen“ beispielsweise Teile des Darms, des Oberkiefers und des Gaumens entfernt oder grundlos einer Chemotherapie unterzogen worden sein. Ein Patient sei 2018 im Alter von 55 Jahren infolge von Komplikationen nach einer unnötigen Op verstorben.

Da H. selbst suchtkrank war, besteht der Verdacht, er habe die „entsprechenden Weiterungen billigend in Kauf genommen und somit vorsätzlich gehandelt“. Seinem fast 80-jährigen bei ihm angestellten Kollegen P. wird dagegen nur fahrlässige Körperverletzung in zwei Fällen vorgeworfen. Den Patienten sei aufgrund seiner Fehldiagnosen grundlos die Prostata entfernt worden.

Erste Hinweise bereits 2012

Schon 2012 erreichten die Ärztekammer erste Hinweise auf mögliche Fehldiagnosen des Instituts. 2014 ließ sich H. im Rahmen des Suchtprogramms der Kammer behandeln.

Da die Approbationsbehörde nicht über Anhaltspunkte informiert wurde, dass der Pathologe seinen Beruf nicht mehr fachgerecht ausführen konnte, ermittelt die Staatsanwaltschaft auch gegen den Präsidenten der saarländischen Ärztekammer wegen möglicher Körperverletzung mit Todesfolge.

Vor Kurzem wurden deshalb Privaträume Mischos sowie Büros durchsucht. Der Kammer-Vorstand hat Mischo das Vertrauen ausgesprochen und den Behörden Unterstützung zugesagt, „um schnellstmöglich die erhobenen Vorwürfe zu entkräften“. (kud)

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