Geriatrische Versorgung

Vorfahrt sollen Verbünde haben

Die Rahmenvorgaben für geriatrische Versorgungsverbünde in NRW sind eine gute Möglichkeit, die ambulante Versorgung zu stärken. Die bisherige Fokussierung auf das Krankenhaus müsse aufgegeben werden, fordert der Ersatzkassenverband.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:

MÜNSTER. Mit den Rahmenvorgaben für geriatrische Versorgungsverbünde bietet der Krankenhausplan in Nordrhein-Westfalen einen guten Ansatz, um die Versorgung älterer Patienten nachhaltig zu verbessern.

Wichtig sei es, dass die Akteure im Gesundheitswesen die darin liegenden Chancen auch nutzen, statt an den eingeführten Strukturen festzuhalten, fordert Dirk Ruiss, Leiter der Landesvertretung Nordrhein-Westfalen des Ersatzkassenverbands vdek.

"Wir müssen in der geriatrischen Versorgung weg von der Krankenhaus-Zentrierung hin zu vernetzten Strukturen kommen", sagte Ruiss auf dem Kongress "Gesundheitswirtschaft managen" in Münster.

Im geriatrischen Versorgungsverbund sollen Kliniken mit geriatrischen Fachabteilungen mit Häusern, die diese Spezialisierung nicht haben, ebenso zusammenarbeiten wie mit niedergelassenen Geriatern und geriatrischen Reha-Kliniken.

Ruiss sieht in den Verbünden eine gute Möglichkeit, die ambulante geriatrische Versorgung zu stärken. "Wenn wir über Geriatrie sprechen, sollten wir nicht gleich in Pflegefällen oder Krankenhausfallzahlen denken, sondern zunächst einmal an ältere Menschen, die zu Hause leben", sagt der Leiter der Landesvertretung.

Warnung vor Etikettenschwindel

In Nordrhein-Westfalen erbringen nach seinen Angaben zurzeit 120 von 305 somatischen Krankenhäusern geriatrische Leistungen. Nach wie vor würden Häuser klagen, um in diesem Bereich Leistungen abrechnen zu können, kritisierte er.

Der neue Krankenhausplan ist seiner Meinung nach geeignet, über die genauen Qualitätsvorgaben zu den Verbünden die geriatrische Versorgung dort zu konzentrieren, wo die notwendige Kompetenz ist. Ruiss warnte allerdings vor Etikettenschwindel. "Nicht überall, wo geriatrischer Versorgungsverbund drauf steht, ist er auch drin." Zurzeit gebe es nach seiner Erfahrung höchstens zwei Verbünde, die den Anforderungen entsprechen.

Geriatrische Institutsambulanzen werden künftig eine wichtige Rolle spielen und das Übergewicht der stationären geriatrischen Versorgung abmildern, erwartet Ruiss.

Dass es bislang noch keine solche Ambulanz gibt, sei auf die Auseinandersetzung zwischen der Deutschen Krankenhausgesellschaft und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zurückzuführen. "Sie ist exemplarisch für unser Besitzstandsdenken im Gesundheitswesen."

Professor Boris Augurzky, Leiter des Kompetenzbereichs Gesundheit beim Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung, plädiert dafür, grundsätzlich alle Qualitätsvorgaben für die Kliniken bundesweit möglichst einheitlich zu gestalten.

Die Krankenkassen als Finanziers bräuchten einheitliche Vorgaben, sagt er. "Abweichungen von den allgemeingültigen Mindeststandards durch einzelne Bundesländer müssten von ihnen selbst bezahlt werden, nicht von den Krankenkassen", fordert Augurzky.

Planung ist strukturkonservativ

Der Ökonom ist skeptisch, ob die Krankenhausplanung in ihrer heutigen Form geeignet ist, um Qualitätsverbesserungen zu erreichen. Zurzeit sei sie eine eher passive Einrichtung, die bestehende Strukturen fortschreibe, kritisierte er.

Das Entscheidende müsse bei der Krankenhausversorgung immer sein, was für die Patienten am Ende dabei herauskommt. "Wie das erreicht wird, ist eine Aufgabe des Managements, nicht des Staates." Letztendlich wird sich Qualität über die Nachfrage durchsetzen, erwartet Augurzky. "Wenn sich zehn Prozent der Patienten bewegen, reicht das schon."

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