Apothekenmarkt

Weniger Läden, mehr Umsatz

Mittelfristig bleibt der Marktanteil der Versandapotheken im Rx-Geschäft verschwindend gering, rechnet die Unternehmenberatung Sempora vor.

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BAD HOMBURG. Weniger Apotheken teilen sich im Rezeptgeschäft künftig einen größeren Kuchen. Ein Erstarken des Versandhandels, der mit Rx-Boni bei der Kundschaft punktet, fällt deshalb auf mittlere Sicht nicht weiter ins Gewicht. So lautet eine Marktprognose der Bad Homburger Unternehmensberatung Sempora vor dem Hintergrund der Mitte Oktober vorigen Jahres ergangenen Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes, dass sich ausländische Versandapotheken nicht an die in Deutschland geltende Preisbindung für verschreibungspflichtige Medikamente halten müssen. Die angesichts dieses Urteils geschürte "Angst vor einem Apothekensterben" sei "empirisch unbegründet", urteilt Sempora-Partner Arnt Tobias Brodtkorb.

Allerdings basiert die Sempora-Prognose auf der Bedingung, dass inländische Anbieter die Füße still halten und sich an der gegenwärtigen Rechtslage – Bonus-Verbot für Inländer, -Freiheit für Versandapotheken aus dem Ausland – nichts ändert. Branchenbeobachter erwarten jedoch, dass hiesige Versandapotheken oder umsatzstarke Präsenzapotheken auf Inländerdiskriminierung klagen werden und dann ein Preiswettbewerb vom Zaun bricht.

Details der Sempora-Marktprognose: Basierend auf den Zuwachsraten der zurückliegenden vier Jahre seien bei linearer Fortschreibung jährlich 2,9 Prozent Umsatzplus im deutschen Rx-Markt (GKV und PKV) bis 2021 zu erwarten. Insgesamt erreiche der Rx-Umsatz in Apotheken am Ende des Prognosezeitraums 48,8 Milliarden Euro (zu Endpreisen); 2016 betrug er 42,4 Milliarden Euro.

Gleichzeitig sei aber auch die anbieterseitige Konsolidierung fortzuschreiben. Brodtkorb erwartet, dass 2021 bundesweit voraussichtlich nurmehr 19.032 Präsenzapotheken aktiv sind. Aktuell sind es 19.832. Unterm Strich: Durchschnittlich käme eine Apotheke 2021 auf einen Rx-Umsatz von 2,52 Millionen Euro und läge damit 38 Prozent über dem Jahresschnitt 2013. Damals betrug der mittlere Apothekenumsatz im Rezeptgeschäft 1,82 Millionen Euro.

Bedingt durch die Möglichkeit, Preismarketing zu betreiben, werde sich der Umsatz insbesondere der in Deutschland populären niederländischen Versender im Prognosezeitraum weitaus stärker entwickeln. Während deutsche Versandapotheken bestenfalls mit dem Markt schwimmen könnten, stellt Brodtkorb den Niederländern um die 20 Prozent jährlichen Zuwachs in Aussicht. Danach würden Versandapotheken 2012 aus Verkäufen verschreibungspflichtiger Produkte insgesamt um die 1,14 Milliarden Euro einnehmen, von denen rund 950 Millionen auf die Holländer entfallen. Das entspräche einem Rx-Umsatzanteil sämtlicher Versender in und nach Deutschland von lediglich 2,3 Prozent. Zum Vergleich: 2016 verbuchten die niederländischen Versandapotheken 456 Millionen Euro aus dem Rx-Geschäft, die deutschen 169 Millionen. Zusammen kamen sie auf 1,3 Prozent Rx-Umsatzanteil. Die Zahlen stammen von dem Marktforscher Insight Health.

Gleich, wie realistisch die Sempora-Prämisse ist, dass außer den Holländern niemand sonst Rezeptrabatte ausloben wird, Begehrlichkeiten, die nicht allein DocMorris & Co zu begleichen hätten, sind schon jetzt geweckt: In einer Stellungnahme erklärte kürzlich der GKV-Spitzenverband: "Wenn ausländische Versandapotheken Patienten auf Basis der bestehenden Apothekenvergütung substanzielle Boni zukommen lassen können, ist zu hinterfragen, inwieweit die Vergütungshöhe Wirtschaftlichkeitsreserven aufweist". (cw)

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