Problemfall Praxisnachfolge

Wie ein Praxisberater helfen kann

Zweiundzwanzig Jahre hat das Hausarztehepaar Frohberger seine Patienten in Berlin-Neukölln versorgt. Der Abschied in den Ruhestand fällt nicht leicht. Aber mit Unterstützung einer Praxisberaterin haben die Ärzte Nachfolger gefunden, denen sie ihre Praxis gern anvertrauen.

Angela MisslbeckVon Angela Misslbeck Veröffentlicht:
Mit zwei Jahren Vorlauf hat das Arztehepaar Bernhard Frohberger und Marianne Dietrich-Frohberger die Praxisabgabe geplant. Als es nicht voran ging, beauftragten sie die MLP-Beraterin Irene Hartmann (Mitte) mit der Suche.

Mit zwei Jahren Vorlauf hat das Arztehepaar Bernhard Frohberger und Marianne Dietrich-Frohberger die Praxisabgabe geplant. Als es nicht voran ging, beauftragten sie die MLP-Beraterin Irene Hartmann (Mitte) mit der Suche.

© A. Mißlbeck

BERLIN. Die Praxis der Frohbergers ist sicher nicht gerade das, wovon junge Ärzte landläufig träumen, wenn sie sich in Berlin niederlassen wollen.

Sie liegt nicht in einem der begehrten gutbürgerlichen Stadtteile wie Charlottenburg, sondern in Neukölln, das wegen des hohen Anteils an Migrantenfamilien und Geringverdienern als Problembezirk gilt.

Sie liegt auch nicht in einem der schmucken Altbauten aus der Gründerzeit, sondern in einem Hochhaus aus den 70er Jahren.

Ein öffentlicher Gang trennt Marianne Frohbergers Behandlungszimmer vom Rest der Praxis mit Warteraum, Empfang, Labor, EKG- und Untersuchungsraum und dem Behandlungszimmer von Bernhard Frohberger.

Alle Räume sind miteinander verbunden. Platz wird hier nicht verschwendet. Die Praxis ist zweckmäßig gestaltet. Ein großer Pluspunkt ist ihre verkehrsgünstige Lage in einem Buckower Ärztehaus mit direktem Zugang aus einem großen Einkaufszentrum an einem U-Bahnhof.

Die Praxis sollte in Neukölln bleiben

"Unsere Praxis ist nicht besonders schön, aber unseren Patienten sind die Räume vertraut, denn die meisten wohnen genauso", sagt Marianne Frohberger. Das Wichtigste bei der Abgabe ist ihr und ihrem Mann, dass die Praxis in Neukölln bleibt.

Der Bezirk ist dünn mit Ärzten versorgt. Im Frühsommer 2012 hat der Landesausschuss zur Bedarfsplanung dort neue Hausarztsitze ausgeschrieben.

"Der Schrecken von Neukölln ist in keiner Weise gerechtfertigt", sagt Bernhard Frohberger und seine Frau nickt zustimmend. Im Umfeld bestehe ausgeprägte Nachbarschaftshilfe.

Auch in finanzieller Hinsicht sei eine Arzttätigkeit in Neukölln lukrativ. Pro Quartal versorgen die Frohbergers im Schnitt 1800 Patienten. Die Praxis zählt zu den großen in Berlin. Viele Patienten sind über 65 Jahre.

"Da hat man natürlich auch zu tun", sagt Bernhard Frohberger. Doch die Arbeit macht dem Arztehepaar auch nach über 20 Jahren in der Praxis noch Spaß und der Abschied fällt ihnen umso schwerer, je näher er rückt.

Trotzdem sind sie der Auffassung: "Man muss nicht arbeiten, bis man 72 ist", wie Bernhard Frohberger sagt.

Daher hat das Ehepaar bereits vor zwei Jahren begonnen, die Praxisabgabe zu planen. Eigentlich sollte Ende 2012 Schluss sein. Mitte 2013 wird es jetzt soweit sein.

Die passenden Nachfolger hat die MLP-Beraterin Irene Hartmann ausfindig gemacht. Sie ist eine von rund 40 MLP-Beratern in Berlin und auf die Betreuung von Medizinern spezialisiert.

Das Hausarzt-Ehepaar hat sie bereits 2010 kennengelernt, weil sie sich auf eine ihrer Praxis-Suchanzeigen gemeldet hatte. Der Kontakt blieb bestehen. Frohbergers beauftragten Hartmann schließlich mit der Nachfolgersuche.

"Wir haben sie sehr zu schätzen gelernt. Sie meldet sich immer sofort und hat gute Ideen", sagt Bernhard Frohberger.

Preisverhandlungen waren nicht ohne

Hartmanns Dienste sind für das Arztehepaar nicht umsonst. Die Beraterin erhält eine Startpauschale, um die Materialien für den Praxisverkauf zusammenzustellen. Dazu kommt ein Abschlag, wenn der erste Interessent gefunden ist und eine prozentuale Beteiligung am Verkaufspreis.

Marianne Frohberger: "Aber Frau Hartmann ist jeden Cent wert." Zehn bis 15 Mal hat sich das Arztehepaar mit der Beraterin getroffen, es gab um die 100 Telefonate, viele SMS. Der Verkauf war nicht einfach.

Mit einem ersten Interessenten bestand mündlich in allen Eckpunkten Einigkeit. Als der Vertrag vorlag, begann erneutes Feilschen. Da brachen die Ärzte die Verhandlungen ab.

"Uns war klar, dass wir weniger für die Praxis bekommen würden, als wir gezahlt haben, aber irgendwo ist Schluss", sagt Bernhard Frohberger.

Die Preise für Hausarztpraxen in Berlin sind in den letzten zwei Jahren deutlich gesunken. Das wurde noch verschärft durch die Aufhebung der Zulassungssperre im Frühsommer 2012. Den aktuellen Praxiswert hat Irene Hartmann ermittelt.

Unter ihrer Moderation hat sich das Ehepaar schließlich mit den beiden nun gefundenen Nachfolgern auf einen für alle akzeptablen Preis verständigt. Die Verträge wurden anschließend von einem Medizinjuristen ausgearbeitet.

Gefunden hat Irene Hartmann die Nachfolger über den MLP-Praxenmarkt. In der Online-Datenbank hat sie das Abgabeangebot der Frohbergers eingegeben. Automatisch wird es regelmäßig mit Übernahmegesuchen abgeglichen.

Ist eine passende Anzeige gefunden, erhält die Beraterin eine Meldung. Zusätzlich pflegen die Berliner MLP-Berater eine Montagsrunde, bei der sie sich mündlich über neue Anfragen austauschen.

Der MLP Praxenmarkt

Bei der Online-Plattform www.mlp-praxenmarkt.de können Praxisabgaben oder -suchen kostenlos inseriert werden.

Eine Gebühr fällt nur bei erfolgreicher Vermittlung an.

Die Plattform umfasst das gesamte Spektrum der ambulanten Medizin, egal ob Jungärzte in ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) einsteigen wollen oder bestehende Praxen Kooperationspartner suchen.

Rund 900 Anzeigen sind derzeit nach MLP-Angaben gelistet.

Betreut wird die Vermittlung durch Berater, die auf Mediziner spezialisiert sind.

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