IM GESPRÄCH

Kakerlaken können viele Erreger übertragen und Allergien auslösen

Von Peter Leveringhaus Veröffentlicht:

Sie finden immer einen Weg. Durch Abwasser- und Fernwärmeleitungen, Entlüftungs- und Müllschächte, Ritzen und Hohlräume - Schaben, auch Kakerlaken genannt, sind sehr bewegliche und hartnäckige Tiere.

Besonders die niedersächsische Gemeinde Damme und das brandenburgische Städtchen Bernau können momentan davon ein Lied singen. Zu Hunderttausenden kriechen und krabbeln die Schaben dort in Wohnblocks, Viehställen, Heizkraftwerken und Firmengebäuden - und verursachen immense Schäden. "In Damme ist jede fünfte von insgesamt 1500 Wohnungen und Betriebsstätten von den Schaben befallen", so Vize-Bürgermeister Gerd Muhle. Der Leiter des Kreisgesundheitsamtes, Hanns Rüdiger Röttgers, spricht von der höchsten Schabendichte in ganz Westeuropa.

Futtersuche in Kloaken, Mülleimern und Schlachtabfällen

In Deutschland gehören Schaben zu den unangenehmsten Plagegeistern. "Wegen ihrer Lebensweise sind sie gefährliche Krankheitsüberträger", erklärt Jutta Klasen, beim Umweltbundesamt für die Prüfung von Schädlingsbekämpfungsmitteln zuständig. Schaben können viele Bakterien, Viren und Pilze übertragen, so das Deutsche Grüne Kreuz. Kontakt mit ihnen kann zu Durchfall, Dickdarmkathar, Hepatitis A, Milzbrand, Salmonellen oder Tuberkulose führen. Durch Häutungsreste können sie zudem Allergien auslösen. In ländlichen Gebieten sind Schaben vor allem gefürchtet, weil sie in Ställen die Maul- und Klauenseuche auslösen können.

"Schaben mögen besonders warme und feuchte Orte, wo es ausreichend Nahrung gibt", erklärt Jutta Klasen. Die Allesfresser werden in Kloaken, Mülleimern, Schlachtabfällen oder Großküchen fündig und schleppen so jede Menge Keime und Bakterien mit sich herum. Klasen: "Da sie zudem aus ihrem Kropf regelmäßig kleine Krümelchen erbrechen, sind sie ein hoch potenter Verteiler von Infektionen."

Michael Faulde kümmert sich als medizinischer Entomologe vom Zentralen Institut des Sanitätsdienstes der Bundeswehr bei Auslandseinsätzen um die hygienischen Bedingungen vor Ort und kennt die Risiken nur zu gut: "Besonders gefährlich ist der sorglose Umgang mit infizierten organischen Materialien wie Krankenhausabfall, Urin, Fäkalien, faulenden Nahrungsmittelresten und Kadavern." Daß Schaben Ursache von vielen Salmonelleninfektionen in Krankenhäusern oder Großküchen sind, steht für Faulde fest.

Wie hoch genau die Kosten für Befall, Bekämpfung und Beseitigung sind, läßt sich zwar nicht genau beziffern, "aber es wird leicht unterschätzt", sagt Rainer Gsell, Vorsitzender des Deutschen Schädlingsbekämpfer-Verbandes. Wenn die Fachleute mit Giftspritze und Klebefallen ausrücken, werden sie in etwa einem Drittel der Fälle wegen Kakerlaken gerufen. "Weltweit wird schätzungsweise ein Drittel der Nahrungsmittelproduktion durch Schädlinge vernichtet. Dabei trifft es hoch industrialisierte Staaten wie die USA genauso wie Entwicklungsländer", sagt Gsell.

In Damme vermutet man als Ursache für die Schaben-Plage den "sehr warmen Sommer 2003", wie Bürgermeister Muhle sagt. "Möglicherweise aber sind die Tiere bereits gegen manche Gifte immun geworden", vermutet Jutta Klasen. Im benachbarten Landkreis Osnabrück etwa wurden solche Resistenzen bereits gemeldet.



Schaben zählen zu den ältesten Arten

Schaben oder Kakerlaken gehören zu den ältesten Tierarten auf der Erde. Die ältesten Vorläufer der Insekten existierten bereits vor 350 Millionen Jahren und haben sich bis heute nicht nennenswert verändert. Schaben erreichen je nach Art eine Körperlänge zwischen zwei Millimetern und zehn Zentimetern. Die größten Exemplare gibt es auf dem amerikanischem Kontinent. Die meisten Arten haben eine schwarze oder bräunliche Färbung. Schädlinge in Deutschland sind vor allem zwei Arten: die bis zu 13 Millimeter große deutsche Schabe (Blatella germanica) und die bis zu drei Zentimeter große orientalische Schabe (Blatella orientalis), die auch als Küchenschabe bekannt ist. (ddp)

Mehr zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Therapie

Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Medizinischer Infusions-Tropf mit buntem Hintergrund

© Trsakaoe / stock.adobe.com

Hochdosis-Therapie

Vitamin C bei Infektionen und Long-COVID

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Maximale Vitamin-C-Blutspiegel nach oraler (blau) und parenteraler (orange) Tagesdosis-Gabe.

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Infusion

Parenterale Gabe erzielt hohe Plasmakonzentrationen an Vitamin C

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Porträts: [M] Feldkamp; Luster | Hirn: grandeduc / stock.adobe.com

© Portraits: [M] Feldkamp; Luster | Hirn: grandeduc / stock.adobe.com

„ÄrzteTag extra“-Podcast

Die Schilddrüse tickt in jedem Lebensalter anders

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Sanofi-Aventis Deutschland GmbH, Frankfurt am Main
Abb. 1: Studie DECLARE-TIMI 58: primärer Endpunkt „kardiovaskulärer Tod oder Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz“ in der Gesamtkohorte

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [4]

Diabetes mellitus Typ 2

Diabetes mellitus Typ 2 Präventiv statt reaktiv: Bei Typ-2-Diabetes mit Risikokonstellation Folgeerkrankungen verhindern

Sonderbericht | Beauftragt und finanziert durch: AstraZeneca GmbH, Hamburg
Patientenzentrierter Ansatz und europäische Produktion

© Springer Medizin Verlag

Unternehmen im Fokus

Patientenzentrierter Ansatz und europäische Produktion

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Advanz Pharma GmbH, München
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Kasuistik

Hypoglykämie mit ungewöhnlicher Ursache

Steigende Prävalenz

Kindliche Rückenschmerzen: Eine neue Volkskrankheit?

Lesetipps
Vier mittelalte Frauen laufen gemeinsam über eine Wiese und lachen.

© Monkey Business / stock.adobe.com

Wechseljahre

5 Mythen rund um die Perimenopause: Eine Gynäkologin klärt auf