Mit vier Wirkstoffen zur Prävention von Diabetes - was kann die Polypille?

Ein neues Konzept zur Diabetes-Prävention haben Experten kürzlich beim ersten internationalen World Health Summit in Berlin vorgestellt - die Polypille.

Von Petra Eiden Veröffentlicht:

BERLIN. An Typ-2-Diabetes sind weltweit mehr als 250 Millionen Menschen erkrankt. Die Stoffwechselstörung erhöht das Risiko für Herzkreislauferkrankungen um das Zwei- bis Vierfache. 2003 waren bereits 30 Prozent aller Todesfälle weltweit auf eine Herzkreislauferkrankung zurückzuführen. Und nach Angaben von Professor Peter Sever vom Imperial College London wird die Zahl der Diabetiker von 2007 bis 2025 in Europa um 21 Prozent, in Südost-Asien um 73, in Afrika um 80 und in Südamerika um 102 Prozent steigen. Da Sever eine wichtige Ursache in der ungesunden Ernährung sieht, forderte er Regierungen dringend auf, die Nahrungsmittelindustrie darin zu beschränken, hochkalorische Softdrinks und hochkalorisches, salzhaltiges "Junkfood" zu bewerben und verkaufen. Darüber hinaus sprach er sich für internationale Programme zur Lebensstiländerung aus.

Da entsprechende Maßnahmen jedoch sehr lange dauern und nur begrenzte Erfolge erzielen, sieht Sever die einzige praktikable Lösung in einer ergänzenden Pharmakotherapie, wenn sie schnell, effektiv und kostengünstig ist. Daher möchte er die präventiven Effekte einer Polypille bei Prädiabetes überprüfen, weil dieser mit einem drei- bis vierfach erhöhten Risiko für Typ-2-Diabetes einhergeht und 375 Millionen Menschen betrifft. Die Pille enthält vier Wirkstoffe, die künftig als Generika erhältlich sein werden, um mehrere Risikofaktoren zu reduzieren.

So konnte das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse nach Angaben von Sever in großen Studien durch Statine und Antihypertensiva um jeweils 25 Prozent und durch die Kombination Metformin/Pioglitazon um 15 bis 20 Prozent reduziert werden. Zudem wird die Reduktion des Risikos für neu auftretenden Diabetes durch Metformin/Pioglitazon auf 50 bis 70 Prozent geschätzt.

Die internationale, vierarmige GLADIATOR-Studie (GLobal Action to prevent DIAbeTes-Outcome Research) soll daher bei 12 500 Prädiabetikern vier Jahre placebokontrolliert untersuchen, ob sich durch die Kombination Statin/AT-Blocker mit oder ohne Metformin/Pioglitazon Typ-2-Diabetes und kardiovaskuläre Erkrankungen verhindern lassen. Sever hofft, die Studie Ende 2010 zu beginnen.

Lesen Sie dazu auch: Am Samstag steht Diabetes weltweit im Fokus Die zentralen Veranstaltungen finden in Berlin statt Alles zum Diabetes-Welttag findet man im Internet Checkliste für Reisen mit Diabetes Infos zu Blutzucker- und Cholesterintest Service erleichtert die Gewichtsbeobachtung

Mehr zum Thema

Im Vorfeld des Deutschen Diabetes Kongresses

Fachgesellschaft: Diabetologie muss bei Klinikreform mitgedacht werden

„Bedrohliche Pflegeplatzlücke“

Pflegeverband sorgt sich um die Versorgung in Altenheimen

Kardiorenaler Schutz bei Typ-2-Diabetes mit chronischer Nierenerkrankung

Frühe Diagnostik und leitliniengerechte Risikosenkung

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Umstellung auf Living Guideline

S3-Leitlinie zu Pankreaskrebs aktualisiert

Lesetipps
Gefangen in der Gedankenspirale: Personen mit Depressionen und übertriebenen Ängsten profitieren von Entropie-steigernden Wirkstoffen wie Psychedelika.

© Jacqueline Weber / stock.adobe.com

Jahrestagung Amerikanische Neurologen

Eine Frage der Entropie: Wie Psychedelika bei Depressionen wirken

Gesundheitsminister Lauterbach hat angekündigt, den Entwurf für die Klinikreform am 8. Mai im Kabinett beraten lassen zu wollen. 

© picture alliance / Geisler-Fotopress

Großes Reformpuzzle

So will Lauterbach den Krankenhaus-Sektor umbauen