"...dann wird er schnell gesund wie einer, der nicht krank ist"

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Von Christoph Schraven

Vor allem die faszinierenden Bauwerke haben es den meisten Ägypten-Reisenden angetan. Aber die alten Ägypter haben noch wesentlich mehr geleistet. Sie erfanden nicht nur das Parfüm und das Bier, sondern entwickelten in ihrer Kultur eine Heilkunde, welche Verblüffendes leistete.

Die teils über 4000 Jahre alten Papyri mit ihren Rezepttexten und die in den Grabbeigaben gefundenen Heilpflanzen sind Zeugen einer längst vergessenen Zeit.

Bereits Homer rühmt in der Odyssee die Leistung der ägyptischen Ärzte und schrieb über Ägypten: "Dort ist jeder ein Arzt, der kundiger ist als die andern Menschen." Am Isis-Tempel wurden die Ärzte in die hohe Kunst des Heilens eingeweiht.

In den Lebenshäusern genossen sie eine fachgerechte Ausbildung. Der Arzt war nicht nur für die Behandlung der Patienten zuständig, sondern auch für die Beschaffung der Drogen und deren Verarbeitung.

Heutige Heilkunde ist jener der Pharaonenzeit wohl sehr ähnlich

Der Ruhm wirkt in Ägypten bis heute nach, viele Heilpraktiker und Volksheiler betreiben eine Heilkunde, welche wahrscheinlich der der Pharaonenzeit sehr ähnlich ist.

Im alten Ägypten war ein hohes empirisches Wissen um die Heilkraft und die richtige Dosierung von Pflanzendrogen vorhanden.

Zur Zeit der Pharaonen war Rizinus etwa eine bedeutende Heilpflanze. Im Papyrus Ebers finden sich viele Hinweise zum Gebrauch der Pflanze. Vom Rizinus wurde nicht nur das Öl zum Abführen genutzt, sondern auch die Wurzeln und die Samen hatten ihren festen Platz bei der Behandlung von Patienten. Den Ägyptern waren genaue Zubereitungen bekannt, denn Rizinus enthält Ricin, ein für Menschen giftiges Alkaloid.

Die Blätter des Rizinus wurden bei der Behandlung von Wunden eingesetzt. Im Papyrus Ebers heißt es: "Ein anderes Heilmittel zum Beseitigen des Hautausschlages: Öl, das gemacht wird aus dem Samen des Rizinus; es werde der Mann damit gesalbt, der Hautausschlag hat."

Im etwa 3550 Jahre alten Papyrus Ebers heißt es im "Rizinusbuch" weiter: "Die Kenntnis von dem, was gemacht wird aus der Rizinuspflanze: a) Es werden ihre Wurzeln in Wasser zerstoßen; werde an den Kopf gegeben, der krank ist; dann wird er schnell gesund wie einer, der nicht krank ist. b) Auch wird gekaut ein wenig von ihrem Samen mit Bier von einem Mann mit Durchfall im Kot. - Das ist ein Beseitigen von Krankheitserscheinungen im Bauche des Mannes." Der Arzt war von der Heilwirkung des Rizinus überzeugt, denn weiter steht im Papyrus: "Wirklich vorzüglich; unzählige Male erprobt."

Auch in der Volksheilkunde hat Rizinus noch seinen Stellenwert. Seine entzündungshemmende Wirkung, besonders bei der Behandlung von Geschwüren durch auflegen der Blätter wird noch in großen Teilen Nubiens, also im südlichen Teil Ägyptens, praktiziert. Durch die zunehmende Industrialisierung hat der Bestand der Rizinuspflanze heute stark abgenommen, der drei bis fünf Meter hohe Strauch ist selten geworden.

Uni Marburg will Rezepte aus der Pharaonenzeit aufarbeiten

Nach der Entzifferung der Hieroglyphenschrift durch Champollion im Jahr 1822 konnte das Rätsel vieler medizinischer Texte gelöst werden, aber diese haben bisher nicht die notwendige Aufmerksamkeit bekommen. Dies soll sich nun ändern. Universitäten in Hannover, Bayreuth, Kairo und Heluan untersuchen die heute in Ägypten volksmedizinisch genutzten Drogen, denn über tausende von Jahren wurden die Erfahrungen gesammelt und von Generation zu Generation weitergegeben.

Auch die Universität in Marburg will sich diesem Thema widmen und die Rezepte aus der Pharaonenzeit aufarbeiten. Neben der Traditionellen Chinesischen Medizin, der Tibetanischen Heilkunde und der indischen Ayurveda-Therapie könnte daher in Zukunft auch die Medizin der Alten Ägypter einige wichtige Ergebnisse zur Phytotherapie liefern.

Dr. Christoph Schraven arbeitet als Arzt für Naturheilkunde in Nettetal.

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