Kostenerstattung - viel diskutiert, aber politisch nicht durchsetzbar

Koalitionspolitiker sehen in der Kostenerstattung keine tragfähige Alternative zum Sachleistungssystem.

Hauke GerlofVon Hauke Gerlof Veröffentlicht:
Kostenerstattung: Die Regierung zweifelt, ob sie als Alternative zum Sachleistungssystem tragfähig ist.

Kostenerstattung: Die Regierung zweifelt, ob sie als Alternative zum Sachleistungssystem tragfähig ist.

© INSADCO / imago

BERLIN. Das System der Kostenerstattung ist selbst mit der schwarz-gelben Regierungskoalition politisch nicht durchsetzbar. Allenfalls als wählbare Alternative zur Sachleistung ist sie mehrheitsfähig.

Das hat die Podiumsdiskussion bei der 17. Netzkonferenz in Berlin zum Thema Kostenerstattung und Kostenbeteiligung mit Vertretern aus Politik, Kassen und Ärzteschaft gezeigt.

"Selbst dann, wenn die FDP die absolute Mehrheit gewinnen würde, wird die Kostenerstattung nicht kommen", fasste Jens Spahn, gesundheitspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, die Diskussion zusammen.

Die Ärzte dächten bei Kostenerstattung an eine Abrechnung nach GOÄ, sagte Spahn, "aber auch bei Kostenerstattung wäre der EBM als Vergütungssystem gültig".

Kostenerstattung bedeute auch nicht weniger Bürokratie, sagte der CDU-Politiker weiter. Schließlich müssten die Ärzte jede einzelne Rechnung schreiben und verwalten. Und bei der KV sei klar, dass sie pünktlich überweise.

Der Vorsitzende des Hartmannbundes Professor Kuno Winn verwies darauf, dass Kostenerstattung schon seit 1982 erklärtes Ziel des Verbandes sei. Es gehe nicht darum, dass der Patient Vorkasse leiste, sondern Patienten reichten ihre Rechnung bei der Kasse ein und zahlten erst nach Geldeingang.

Zusätzlich sei ein gewisser Selbstbehalt bei jedem Arztbesuch nötig: "Wir müssen einfach eine Kostenbegrenzung einziehen", sagte Winn weiter. Wenn Patienten im Schnitt 18 Mal im Jahr zum Arzt gingen, entstünden ihnen - außer der Praxisgebühr - derzeit keine Zusatzkosten. Und durch die Budgetierung auch nicht für die Krankenkassen.

Die Transparenz werde immer wieder als Vorteil der Kostenerstattung genannt. Doch die Versicherten wollten das gar nicht unbedingt, sagte Roland Dieckmann, Vorstandsreferent bei der DAK.

"Wir haben nach Krankenhausaufenthalten Patienten angeschrieben und sie über die Kosten der Krankenhausbehandlung informiert - die Reaktion war: Es hagelte Proteste", so Dieckmann. Trotz Wahlmöglichkeit hätten jetzt nur 0,3 Prozent der Versicherten für Kostenerstattung optiert.

Auch das zeige kein großes Bedürfnis. Fakt sei, dass im Schnitt die Kassen nur 30 bis 40 Prozent der Rechnungssumme erstatteten. Die Kostenerstattung führe also derzeit zu Mehrkosten für die Patienten. "In den Praxen wird das aber häufig nicht kommuniziert", sagte Dieckmann.

Mehr zum Thema
Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Wo lang im Gesundheitswesen? Der SVR Gesundheit und Pflege empfiehlt mehr Richtungspfeile für alle Akteure.

© StefanieBaum / stock.adobe.com

Sachverständigenrat Gesundheit und Pflege

Gesundheitsweise empfehlen Primärversorgung für alle – und Quotierung der Weiterbildung

„Wenn die Politik Wissenschaftlern sagen würde, wir wollen dieses oder jenes Ergebnis, ist das Propaganda.“ Klaus Überla – hier im Treppenhaus seines Instituts – über Einmischungen aus der Politik.

© Patty Varasano für die Ärzte Zeitung

Interview

STIKO-Chef Überla: RSV-Empfehlung kommt wohl bis Sommer

Dr. Iris Dötsch Fachärztin für Innere Medizin, Diabetologin und Ernährungsmedizinerin hat die Hauptstadtdiabetologinnen, eines neues Netzwerk für Frauen in der Diabetologie, gegründet.

© snyGGG / stock.adobe.com

Hauptstadtdiabetologinnen

Ein Netzwerk für Diabetologinnen