1. Halbjahr 2019

Krankenkassen fahren sattes Minus ein

Rote Zahlen hat die GKV im ersten Halbjahr 2019 geschrieben. Während Bundesgesundheitsminister Spahn sich darüber erfreut zeigt, sehen Kassenvertreter die Entwicklung eher skeptisch.

Florian StaeckVon Florian Staeck Veröffentlicht:
Das Finanzergebnis der GKV dreht sich ins Minus: Politisch gewollt ist, dass einige Kassen ihre hohen Reserven abbauen.

Das Finanzergebnis der GKV dreht sich ins Minus: Politisch gewollt ist, dass einige Kassen ihre hohen Reserven abbauen.

© Comugnero Silvana / stock.adobe.com

BERLIN. Die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) hat das erste Halbjahr mit einem Defizit von 544 Millionen Euro geschlossen. Das teilte das Bundesgesundheitsministerium (BMG) am Mittwoch mit.

Im gleichen Vorjahreszeitraum stand noch ein Überschuss von rund 720 Millionen Euro in der Bilanz (siehe nachfolgende Grafik).

An dieser Stelle finden Sie Inhalte aus Datawrapper Um mit Inhalten aus Datawrapper zu interagieren oder diese darzustellen, brauchen wir Ihre Zustimmung. Ich bin damit einverstanden, dass mir Inhalte aus Sozialen Netzwerken und von anderen Anbietern angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät notwendig. Weitere Information dazu finden Sie hier.

Doch dass die Finanzergebnisse ins Minus drehen, hat nicht nur mit dem politisch erwünschten Abbau von hohen Finanzreserven bei einigen Kassen zu tun. Obwohl die Einnahmen der Kassen weiter von einer robusten Konjunktur getragen werden und um 3,6 Prozent gestiegen sind, zogen die Ausgaben mit 4,7 Prozent deutlich stärker an.

Beeinflusst wurde die Einnahmeentwicklung auch durch den um 0,1 Punkte gesunkenen durchschnittlichen Zusatzbeitrag, der im Juli genau 0,99 Prozent betrug.

Aus Sicht von Ressortchef Jens Spahn (CDU) zeigen die Kassenzahlen „in die richtige Richtung“, da nunmehr Leistungsverbesserungen bei den Versicherten ankämen – namentlich durch das Pflegepersonalstärkungs- und das Terminservicegesetz (TSVG).

AOK erwartet weitere Kostenschübe

Bei Kassenvertretern hört sich die Interpretation der Zahlen anders an. Für Martin Litsch, Vorstandsvorsitzender des AOK-Bundesverbands geben die Ausgabenanstiege einen Vorgeschmack auf die künftige Entwicklung.

Er erwartet im zweiten Halbjahr weitere Kostenschübe vor allem bei Heilmitteln. Hintergrund ist auch die wiederum politisch gewollte bessere Vergütung für die Therapeuten. Mit GKV-weit fast 13 Prozent fiel der Ausgabenanstieg quer durch alle Kassenarten überdurchschnittlich stark aus.

Ulrike Elsner, Vorstandsvorsitzende des Verbands der Ersatzkassen (vdek), verlangte ein besonderes Augenmerk auf die Entwicklung bei Arzneimitteln. Denn von neuen Medikamenten gehe eine „starke Kostendynamik“ aus. Tatsächlich variiert die Veränderungsrate für Arznei- und Verbandmittel je nach Kassenart beträchtlich: Sie reicht von plus 3,3 Prozent (AOK-System) bis 8,3 Prozent (Innungskrankenkassen).

Groß ist die Spanne auch bei der Entwicklung der Ärztehonorare im ersten Halbjahr. Bei den Ortskassen beträgt der Zuwachs nur 1,4 Prozent, bei den Ersatzkassen hingegen 4,9 Prozent. Im Schnitt aller 109 Kassen legten die Ausgaben für die ärztliche Behandlung um 3,96 Prozent zu.

20,9 Milliarden Euro an Kassen-Reserven

Die Finanzreserven der Kassen werden aktuell mit 20,8 Milliarden Euro angegeben, 700 Millionen Euro mehr als zur Halbjahresbilanz 2018. Der Gesundheitsfonds schloss das erste Halbjahr mit einer Liquiditätsreserve von 9,7 Milliarden Euro. Im Vorjahr waren es 9,1 Milliarden Euro gewesen (siehe nachfolgende Grafik).

An dieser Stelle finden Sie Inhalte aus Datawrapper Um mit Inhalten aus Datawrapper zu interagieren oder diese darzustellen, brauchen wir Ihre Zustimmung. Ich bin damit einverstanden, dass mir Inhalte aus Sozialen Netzwerken und von anderen Anbietern angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät notwendig. Weitere Information dazu finden Sie hier.

Im Oktober wird sich der Schätzerkreis beim Bundesversicherungsamt mit der zu erwartenden Finanzentwicklung 2020 beschäftigen. Die Ergebnisse des Expertenkreises bilden dann die Basis für die Festlegung des durchschnittlichen Zusatzbeitrags im kommenden Jahr. Diese erfolgt zum 1. November durch das Bundesgesundheitsministeriums.

Lesen Sie dazu auch: Defizit: Wofür die Kassen mehr Geld ausgaben

Schlagworte:
Mehr zum Thema
Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

„ÄrzteTag“-Podcast

Was steckt hinter dem Alice-im-Wunderland-Syndrom, Dr. Jürgens?

Stabile Erkrankung über sechs Monate

Erste Erfolge mit CAR-T-Zelltherapien gegen Glioblastom

Lesetipps
Die Empfehlungen zur Erstlinientherapie eines Pankreaskarzinoms wurden um den Wirkstoff NALIRIFOX erweitert.

© Jo Panuwat D / stock.adobe.com

Umstellung auf Living Guideline

S3-Leitlinie zu Pankreaskrebs aktualisiert

Gefangen in der Gedankenspirale: Personen mit Depressionen und übertriebenen Ängsten profitieren von Entropie-steigernden Wirkstoffen wie Psychedelika.

© Jacqueline Weber / stock.adobe.com

Jahrestagung Amerikanische Neurologen

Eine Frage der Entropie: Wie Psychedelika bei Depressionen wirken