Gespräch in Böblingen

Spahn stellt sich den Fragen einer Krankenpflegerin

Tanja Pardela kämpft hartnäckig für eine bessere Pflege. Nach einem wütenden Brief an den Bundesgesundheitsminister besuchte Jens Spahn sie nun in Böblingen – und muss sich dort einiges anhören.

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BÖBLINGEN. Tanja Pardela ist frustriert. 25 Jahre lang hat die 46-Jährige in der Krankenpflege gearbeitet, sich um Patienten gekümmert. Die Misere wird aus ihrer Sicht immer schlimmer: zu viele Patienten, zu viel Stress, zu viel Bürokratie. Zu wenig Gehalt, zu wenig Anerkennung.

„Die Leute arbeiten sich in der Pflege kaputt“, kritisiert sie. Tanja Pardela schickt einen wütenden Brief nach Berlin und beklagt sich bei Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) über die Missstände.

Und da der sich sowieso über den Klinikverbund vor Ort informieren will, trifft er sich auch gleich mit Pardela in Böblingen.

Spahn taucht am Mittwoch um kurz nach 15.00 Uhr vor der Klinik auf und wird sofort von Fotografen und Kameraleuten umringt. Minister und die Krankenpflegerin – das lässt sich gut verkaufen.

Das gehört dazu, wenn man was bewegen will“, sagt Pardela. Weil ihr die Sache so wichtig sei, habe sie für das Treffen mit Spahn sogar ihren Urlaub in London abgebrochen.

Ein paar Demonstranten erwarten den Minister mit Protestbannern vor der Klinik. Der akute Personalmangel in der Pflege trifft auch die Kliniken hart.

Spahn wirbt um Geduld

In der Krankenpflege sind bundesweit Tausende Stellen für Fachkräfte und Helfer unbesetzt. In vielen Stationen sind Mitarbeiter am Limit oder darüber hinaus.

Spahn wirbt um Geduld. „Es gibt in der Pflege nachvollziehbarerweise viele, die eben verärgert sind“, sagt er. Er verstehe den Unmut, sagt er – und wirbt kräftig für seine Politik.

Man sei ja kräftig dabei, für mehr Geld, mehr Stellen und mehr Pflegekräfte zu sorgen. „Aber was über Jahre sich in die falsche Richtung gedreht hat, kriegen wir auch nicht in ein paar Wochen umgedreht“, sagt er.

Pardela weiß den Besuch aus Berlin auch zu schätzen. Trotzdem erhält Spahn von ihr kaum Lob für seine Politik.

Das Pflegepersonal merkt noch keine Besserung

„In unserer täglichen Arbeit merkt man noch nichts“, sagt sie trocken auf Spahns Frage, ob sie bereits Veränderungen spüre. Sie stößt sich vor allem an Spahns verpflichtenden Untergrenzen für Pflegepersonal für Intensivstationen sowie bestimmte Klinik-Abteilungen.

„Eine Mindestgrenze ist eine schwierige Sache, weil es dann heißt, das reicht“, so Pardela. „Die Untergrenze ist ja nicht mit dem Würfel entstanden“, entgegnet Spahn. Für die einen sei die Grenze zu hoch, für die anderen zu niedrig.

Es gebe viele Kliniken, die die Grenze bereits heute nicht schafften. Die würden ihm vorwerfen, dass er schuld sei, dass sie Patienten abweisen müssten, sagt der Minister.

Beim einstündigen Treffen kommt Pardela dann am Ende gar nicht so häufig zu Wort, weil mehr als ein Dutzend weitere Leute am Tisch sitzen – Ärzte, Direktoren, Geschäftsführer, Landräte. Spahn wünscht sich abschließend, dass mehr über die positiven Seiten des Pflegeberufs gesprochen wird.

So ganz zufrieden wirkt Pardela am Ende nicht. „Ich glaube, er geht jetzt nicht heim und macht die Personaluntergrenze besser“, sagt sie. Trotzdem müssten die Rahmenbedingungen besser werden. Und das dürfe keine fünf bis zehn Jahre dauern. (dpa)

Lesen Sie dazu auch: Grundgesetzwidrig?: Pflegetarif der Koalition steht in der Kritik

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