Welche Änderungen bringen die Kodierrichtlinien?

Eine Entscheidung über die Zukunft der Kodierrichtlinien ist noch nicht gefallen. Es kann sich aber für Ärzte lohnen, sich jetzt schon in die AKR einzuarbeiten.

Kerstin MitternachtVon Kerstin Mitternacht Veröffentlicht:
Die Kodierrichtlinen beschäftigen weiterhin die Ärzte.

Die Kodierrichtlinen beschäftigen weiterhin die Ärzte.

© [M] Schlünz

NEU-ISENBURG. Die Ambulanten Kodierrichtlinien (AKR) beschäftigen seit Monaten die Ärzte. Ein Teil der Ärzteschaft ist dagegen, ein anderer Teil sieht die AKR als ein notwendiges Übel, um die Morbidität in Zukunft korrekt abzubilden.

Zwar haben KBV und Krankenkassen noch keine endgültige Entscheidung über die Zukunft der AKR getroffen, aber wie auch immer die Entscheidung ausfallen wird, Ärzte, die schon einmal einen Blick in die AKR geworfen haben, werden weniger Stress bei der Umstellung haben und eventuell künftig auch mehr Honorar bekommen.

Grundsätzlich bringen die AKR auch erst einmal nichts Neues. Schon seit 2000 müssen Vertragsärzte und -psychotherapeuten ihre Diagnosen nach ICD-10 verschlüsseln. Dies bleibt auch weiterhin so, die Kodierrichtlinien geben lediglich Anwendungsvorgaben.

Der Grund für die Einführung der AKR ist zum einen, dass die Gesamtvergütung der Vertragsärzte künftig stärker an die Morbidität der Versicherten geknüpft werden soll. Dazu ist es erforderlich, dass die KBV den Behandlungsbedarf gegenüber den Kassen nachweisen kann, um die notwendigen finanziellen Mittel zu erhalten.

Zum anderen war die Kodierqualität bisher nicht immer ausreichend. Ein Beispiel macht das deutlich: Der am häufigsten verwendete Kode für Diabetes ist "E14.- Diabetes nicht näher bezeichnet". Obwohl in den meisten Fällen klar sein müsste, ob es sich um einem Typ 1- oder einem Typ 2-Diabetes-Patienten handelt. Für die Krankenkasse bedeutet ungenaues Kodieren einen gewaltigen Einnahmeunterschied.

Beispiel: Ein Patient ist Diabetiker mit Nierenkomplikationen. Falsch kodiert: "Diabetes nicht näher bezeichnet" (E.14.-) bedeutet, dass die Kasse 632 Euro im Jahr aus dem Gesundheitsfonds erhält. Richtig kodiert: "Diabetes Typ 1 mit Nierenkomplikationen" (E10.2), die Kasse bekommt 2470 Euro im Jahr.

Für Ärzte bedeuten die AKR zunächst mehr Arbeit: Die Dauerdiagnosen müssen nach behandlungsrelevanten und anamnestischen Diagnosen in der Praxis-EDV sortiert werden.

Der Grund: Die AKR legen eindeutig fest, dass im Rahmen der Abrechnung nur Diagnosen zu übermitteln sind, für die im jeweiligen Quartal auch Leistungen, Untersuchungen oder Verordnungen zulasten der gesetzlichen Krankenkasse erbracht wurden oder die im Zusammenhang mit erbrachten Leistungen stehen.

Das kann etwa eine akute Gastritis sein oder auch der Bluthochdruck, der regelmäßig kontrolliert und behandelt wird. Eine saisonale Pollenallergie oder ein Herzinfarkt, der schon zehn Jahre zurückliegt, ist allerdings nicht für die Abrechnung relevant.

Jedoch kann die Pollenallergie, wenn sie in die anamnestische Diagnosen sortiert ist, sobald sie behandlungsrelevant wird, in die behandlungsrelevanten Diagnosen verschoben werden - etwa in der Pollensaison oder wenn eine Desensibilisierung gemacht wird.

Ein weiteres Beispiel macht deutlich, was unter einer Behandlungsdiagnose zu verstehen ist: Wenn bei einer Sonografie wegen Gallenkoliken als Nebenbefund eine solitäre Nierenzyste auffällt, die nicht weiter abgeklärt oder behandelt wird, dann ist die Nierenzyste keine Behandlungsdiagnose. Sie muss aber in die Patientenakte eingetragen werden.

Wichtig ist, dass Ärzte möglichst vollständig kodieren. Aber: In der hausärztlichen Versorgung, im organisierten Notfalldienst und in der fachärztlichen Versorgung für Diagnosen außerhalb des Fachgebietes reichen vierstellige Kodes aus.

Das erleichtert die Umsetzung. Bei chronisch Kranken können sich Hausärzte zudem an den Diagnosen des Facharztes orientieren. Die wichtigsten Diagnosen sollten Ärzte zudem relativ schnell kennen. Pflicht ist die Angabe der Zusatzkennzeichen: V = Verdacht, G = Gesichert, A = Ausgeschlossen, Z = Zustand nach.

Ärzte sollten stets prüfen, ob sie für jeden ICD-Schlüssel das treffende Kennzeichen ausgewählt haben.

Ärzte sollten zudem anhand der vorliegenden Krankheitsinformation die ICD-Schlüsselnummer auswählen, die die Diagnose am besten beschreibt: Ist etwa eine "Atherosklerotische Herzkrankheit mit Ein-Gefäßerkrankung" bekannt, so ist die I25.11 "Atherosklerotische Herzkrankheit, Ein-Gefäßerkrankung" die treffendste ICD-Schlüsselnummer.

Ist dagegen nur die Diagnose "Koronare Herzkrankheit (KHK)" bekannt, so ist die I25.9 "Chronische ischämische Herzkrankheit, nicht näher bezeichnet" die treffendste ICD-Schlüsselnummer.

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