Telemedizin

Ottonova darf nicht für Fernbehandlung werben

Ottonova darf laut Gericht nicht mehr für sein Telemedizin-Angebot werben. Das Unternehmen nutzt das Urteil für einen Appell an die Bundesregierung.

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München. Der digitale Krankenversicherer Ottonova darf nicht mehr für sein Angebot der ärztlichen Fernbehandlung werben. Das hat das Landgericht München I entschieden. Die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs hatte das Unternehmen auf Unterlassung verklagt. Sie wirft Ottonova einen Verstoß gegen Paragraf 9 des Heilmittelwerbegesetzes vor, der die Werbung für die Fernbehandlung untersagt.

Ottonova bietet seinen Versicherten seit Oktober 2017 die Möglichkeit der Videokonsultation an. Der Versicherer kooperiert dabei mit dem Schweizer Unternehmen Eedoctors. Das Angebot wird nach Angaben des Gründers und Vorstandschefs von Ottonova Roman Rittweger gut angenommen. In Anspruch genommen werde die Fernbehandlung durch Eedoctors vor allem am Wochenende, im Urlaub und bei Erkältungen und ähnlichen Erkrankungen, berichtet Rittweger, der selbst Arzt ist. „Das Angebot ersetzt nicht den klassischen Arztbesuch.“

Werben soll er dafür aber nicht mehr dürfen. Nach Überzeugung der Münchener Richter führt am eindeutig formulierten Paragrafen 9 Heilmittelwerbegesetz kein Weg vorbei. Rittweger bedauert die strenge Orientierung am Wortlaut des Gesetzes. Das Landgericht lasse anscheinend die aktuellen Gesetzesinitiativen und Entwicklungen zur Zukunft der Telemedizin außer Acht. „Wir appellieren an die Bundesregierung, das neue Digitalisierungsgesetz zügig zu verabschieden und umzusetzen, damit wir in Deutschland nicht weiterhin wegen veralteter Gesetze den Anschluss im internationalen Wettbewerb um innovativen Gesundheitsdienstleistungen verlieren“, sagt er.

Es müsse Aufgabe der Krankenversicherer sein, das Interesse der Versicherten zu vertreten und Innovationen auf den Markt zu bringen. Ottonova werde auch in Zukunft „innovative Formen der Unterstützung der Kunden selbst gegen Widerstände in den Markt bringen“, kündigt Rittweger an. Erst wenn die Urteilsbegründung vorliegt, will der Versicherer entscheiden, ob er gegen die Entscheidung des Landgerichts in die Berufung geht.

Die Wettbewerbszentrale hofft auf diesen Schritt. „Wir möchten eine höchstrichterliche Entscheidung“, sagt Rechtsanwältin Christiane Köber, die bei der Organisation für das Gesundheitswesen zuständig ist. Nach Meinung der Wettbewerbshüter gibt es rund um das Thema Fernbehandlung widersprüchliche Regelungen. „Wir brauchen klare gesetzliche Rahmenbedingungen.“ Der Gesetzgeber müsse deutlich machen, wie weit er die Möglichkeiten der Fernbehandlung fassen will und ob er beispielsweise auch die Krankschreibung per Handy zulassen will, findet sie.

Auch nach dem Beschluss des Deutschen Ärztetages 2018, das Fernbehandlungsverbot zu lockern, bleibe die persönliche Beziehung zwischen Arzt und Patient der „Goldstandard“ und die Fernbehandlung die Ausnahme, betont Köber.

„Geschäftsmodelle wie das von Ottonova werden davon nicht erfasst.“ Dem Versicherer geht es ihrer Meinung nach nicht um eine bessere Qualität der Versorgung, sondern darum, die Kosten zu senken.

Das weist Rittweger als „irreführend und falsch“ zurück. „Kunden haben die Wahl, ob sie eine Fernbehandlung wählen oder einen Arzt vor Ort aufsuchen wollen.“ Die Höhe der Kosten sei dabei nicht der entscheidende Faktor, sondern es zählten die Qualität der Leistung und des Services. (iss)

Landgericht München

Az.: 33 O 4026/18

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