Alkohol und Pfunde: Duo infernale für die Leber

Bei zwei von drei Menschen mit erhöhten Leberwerten lassen sich diese auf einen ungesunden Lebensstil zurückführen. Wer adipös ist, bei dem wirkt Alkohol verstärkt leberschädigend.

Dr. Thomas MeißnerVon Dr. Thomas Meißner Veröffentlicht:
95 Prozent der adipösen Alkoholiker haben eine Fettleber.

95 Prozent der adipösen Alkoholiker haben eine Fettleber.

© Guy Erwood / fotolia.com

FREIBURG. Erhöhte Leberwerte sind häufiger als gedacht: So wurden in einer Studie mit knapp 7000 Einwohnern in Norditalien bei etwa zwei Dritteln erhöhte Leberenzyme nachgewiesen. Davon ließen sich je etwa ein Drittel auf eine nicht-alkoholbedingte Fettleber (NASH) sowie auf Alkoholabusus zurückführen.

Das sind die Ergebnisse der DIONYSOS-Studie, einem populationsbasierten Screening der Lebergesundheit der Bevölkerung zweier Städte in den Jahren 1992 und 2002. Die Prävalenz der nicht-alkoholbedingten Fettlebererkrankung nahm in den zehn Jahren von 25 auf 32 Prozent deutlich zu.

Dagegen halbierten sich die Anteile schwerer Trinker von 14 auf 6 Prozent und die alkoholbedingter Lebererkrankungen von 20 auf 10 Prozent. Das führt Studienleiter Professor Stefano Bellentani aus Carpi auf Aufklärungskampagnen in der Bevölkerung zurück.

Der Gastroenterologe warnte bei der IV. Falk Gastro-Konferenz in Freiburg allerdings davor, die Leberenzyme als Screening-Marker für Leberprobleme zu überschätzen. So fänden sich auch unter Menschen mit normalen Leberenzymen sonografisch viele mit nicht-alkoholbedingter Steatohepatitis.

"Zu viel Nahrung ist schlimmer als zu viel Alkohol"

Die leberschädigenden Wirkungen von Adipositas, häufigem Alkoholgenuss und anderen addieren sich. Normalgewichtige Menschen, die mehr als 60 g Alkohol pro Tag zu sich nehmen, haben seltener eine Fettleber als Adipöse ohne übermäßigen Alkoholabusus, adipöse Menschen wiederum seltener als Trinker, die zusätzlich fettleibig sind.

So hatten 95 Prozent der adipösen Alkoholiker eine Fettleber, aber nur knapp die Hälfte der normalgewichtigen Trinker. Bezogen auf die Leber scheine zu gelten: Zu viel Nahrung ist schlimmer als zu viel Alkohol, sagte Bellentani.

Diese Risikofaktoren-Kombination lässt eine einheitliche Schwellendosis, ab der der Alkoholgenuss gefährlich wird, fraglich erscheinen. Die Dosisabhängigkeit der Leberschädigungen ist zwar nachweisbar und eine Schwelle von 30 g / Tag (zwei bis drei Halblitergläser Bier, drei bis vier Gläser Wein) ließ sich definieren. Andererseits entwickeln lediglich etwa 20 Prozent der Menschen, die viel Alkohol trinken, eine Leberkrankheit.

Und: Wenn weitere leberschädigende Faktoren hinzukommen, kann man die Schwellendosis nicht mehr gelten lassen, weil dann viel häufiger Leberschäden beobachtet werden. Das gilt für die Adipositas, aber auch für Infektionen mit Hepatitis B und C.

Bei HCV-Patienten, die trinken, sei das Mortalitätsrisiko um das Achtfache erhöht im Vergleich zu nicht Infizierten, bei HBV-Patienten um das Vierfache, sagte Bellentani. Hinzu kommen offenbar eine genetische Empfindlichkeit für bestimmte Schäden aufgrund verschiedener Enzymausstattungen der Leber sowie weitere Risikofaktoren wie das Rauchen.

Bellentani zeigte eine Berechnung, wonach in der Studie null Risikofaktoren mit einer Mortalitätsrate von 0,22 Prozent pro Jahr einhergeht, bei zwei Risikofaktoren sind es bereits 1,1 Prozent der Durchschnittsbevölkerung, bei vier Risikofaktoren (chronische Hepatitis, mehr als 30 g Alkohol / Tag, Adipositas, Rauchen) 3,3 Prozent.

Fazit: Die Fettleber und die nichtalkoholische Fettlebererkrankung werden künftig für Hepatologen eine zunehmende Bedeutung haben.

Die Prognose dieser Patienten ist abhängig von der Zahl der vorhandenen Risikofaktoren. Die chronische Lebererkrankung schreitet besonders bei vorhandener Virusinfektion und bei Alkoholabusus rasch voran.

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Frühe Nutzenbewertung

G-BA: Geringer Zusatznutzen für Nivolumab bei Ösophaguskrebs

Zentralnervöse und psychiatrische Nebenwirkungen

Promethazin bei Kindern unter sechs Jahren nun kontraindiziert

Kardiovaskuläre, renale und hepatische Komorbiditäten

Therapie der Adipositas – mehr als Gewichtsabnahme

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Novo Nordisk Pharma GmbH, Mainz
Das könnte Sie auch interessieren
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Therapie

Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Medizinischer Infusions-Tropf mit buntem Hintergrund

© Trsakaoe / stock.adobe.com

Hochdosis-Therapie

Vitamin C bei Infektionen und Long-COVID

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Maximale Vitamin-C-Blutspiegel nach oraler (blau) und parenteraler (orange) Tagesdosis-Gabe.

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Infusion

Parenterale Gabe erzielt hohe Plasmakonzentrationen an Vitamin C

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Abb. 1: FIB-4 1,3: numerische 26%ige Risikoreduktion der 3-Punkt-MACE durch Semaglutid 2,4mg

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [17]

Kardiovaskuläre, renale und hepatische Komorbiditäten

Therapie der Adipositas – mehr als Gewichtsabnahme

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Novo Nordisk Pharma GmbH, Mainz
SCD-PROTECT-Studie-- Frühe Phase nach Diagnose einer Herzinsuffizienz – deutlich höheres Risiko für den plötzlichen Herztod als in der chronischen Phase.

© Zoll CMS

SCD-Schutz in früher HF-Phase

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: ZOLL CMS GmbH, Köln
Abb. 2: Schneller Wirkeintritt von Naldemedin im Vergleich zu Placebo in den Studien COMPOSE-1 und COMPOSE-2

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [15]

Opioidinduzierte Obstipation

Selektive Hemmung von Darm-Opioidrezeptoren mit PAMORA

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Viatris-Gruppe Deutschland (Mylan Germany GmbH), Bad Homburg v. d. Höhe
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Krebs in Deutschland

Bei zwei Krebsarten nahm die Sterblichkeit am stärksten ab

Geldanlage

Vermögen auf Rezept: Wie sich eine langfristige Finanzplanung auszahlt

Lesetipps
Die Luftbelastung in Innenräumen mit Reinigungsprodukten betrifft jede Person. Sie beeinflusst unsere Lungenfunktion, und das lebenslang. Diese Gefahr wird unterschätzt. So die Meinung einer Pneumologin aus Italien.

© natali_mis / stock.adobe.com

Verschmutzte Luft

Was Reinigungsmittel in der Lunge anrichten können