Deutscher Rat für Wiederbelebung

Animation zur Reanimation

Notfallmediziner appellieren an Politik und Gesellschaft, sich verstärkt für die Reanimation einzusetzen. Manch anderes europäisches Land ist da längst weiter als Deutschland. Fünf Maßnahmenvorschläge.

Dr. Thomas MeißnerVon Dr. Thomas Meißner Veröffentlicht:
Herzdruckmassage: Bei der Reanimation zählt jede Minute. (Symbolbild mit Fotomodellen)

Herzdruckmassage: Bei der Reanimation zählt jede Minute. (Symbolbild mit Fotomodellen)

© Gina Sanders / stock.adobe.com

Ulm. Der Deutsche Rat für Wiederbelebung (GRC – „German Resuscitation Council“) fordert von den Bundesländern stärkere Anstrengungen zur Verbesserung der Reanimationserfolge in Deutschland. Vorstandsvorsitzender Professor Bernd Böttiger aus Köln hat dazu anlässlich der Vorstellung der aktualisierten europäischen Reanimationsleitlinien fünf Vorschläge gemacht.

  • Bewusstsein für Bedeutung der Laienreanimation fördern! Bereits drei bis fünf Minuten nach einem Kreislaufstillstand wird das Gehirn dauerhaft geschädigt, nur zehn Prozent der Betroffenen überleben. Der Rettungsdienst trifft im Mittel nach acht bis zwölf Minuten ein. Beginnen Ersthelfer sofort mit der Reanimation, könnten dreimal mehr Menschen überleben, als wenn erst der Rettungsdienst damit beginnt, erklärte Böttiger bei einem Webinar von springermedizin.de. Die Laienreanimationsrate liege in Deutschland derzeit bei 40 Prozent – im europäischen Durchschnitt sind es 58 Prozent.
  • Digitale Technologien nutzen! Längst existieren in verschiedenen Regionen Smartphone-basierte Alarmierungssysteme, zum Beispiel Meine-stadt-rettet.de oder Mobile-retter.de: Per App werden im Notfall parallel zum Rettungsdienst registrierte und medizinisch qualifizierte Ersthelfer alarmiert. Sind sie in der Nähe, können sie die für die Prognose des Patienten wichtigen ersten Minuten bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes überbrücken. „In mehr als 50 Prozent der Fälle sind Ersthelfer vor dem Rettungsdienst vor Ort“, sagte Böttiger.
  • Ersthelferkenntnisse deutlich vor der Pubertät vermitteln! Die Initiative „Kids Save Lives“, bei der vor allem Schulkinder trainiert werden, wird seit 2015 von der WHO unterstützt, in einigen Ländern Europas ist sie bereits gesetzlich verankert. Böttiger zeigte sich enttäuscht, dass bislang nur wenige Bundesländer in Deutschland die Initiative umsetzen.
  • Zertifizierte „Cardiac Arrest Center“ aufbauen! Erfreut zeigte sich der GRC-Vorsitzende von der Tatsache, dass bereits 68 Krankenhäuser in Deutschland zertifizierte „Cardiac Arrest Center“ seien. Bis Ende 2021 seien mehr als 100 Zertifizierungsaudits geplant. Cardiac Arrest Center müssen zum Beispiel permanent die Möglichkeit einer Herzkatheter-Versorgung bei akutem Koronarsyndrom vorhalten sowie weitere Kriterien für eine hochqualitative innerklinische Notfallversorgung erfüllen.
  • Telefonisch assistierte Reanimation ermöglichen! Hierbei wird der Anrufer aufgefordert, sein Telefon auf Lautsprecher umzustellen. Nun kann der Leitstellendisponent das Vorgehen bei Personen anleiten, die nicht reagieren und keine normale Atmung aufweisen. Statistisch müsse ein Disponent nur sieben Mal für wenige Minuten Ersthelfer telefonisch anleiten, um ein Leben zu retten, so Böttiger. In Deutschland machen das bislang 23 Prozent der Leitstellen. In Tschechien ist dieses Vorgehen bereits gesetzlich vorgeschrieben.

Ohne politische Unterstützung werde es nicht gelingen, mehr Menschen mit Kreislaufstillstand als bislang zu retten, so Böttiger, und die Überlebensrate von etwa acht Prozent nach außerklinischer Reanimation zu steigern. Denn etwa 200-mal pro Tag passiert in Deutschland ein Kreislaufstillstand außerhalb medizinischer Einrichtungen. „Wenn wir hier aktiv werden, werden wir sehr viel mehr erreichen als durch Einsatz von Medikamenten oder eine verbesserte Postreanimationsphase.“

An den jetzt in deutscher Übersetzung vorliegenden neuen Reanimationsleitlinien des European Resuscitation Council (ERC) hat sich seit 2015 nicht viel verändert (Kurzfassung: Notfall Rettungsmed 2021; 24: 274-345). Neu hinzugekommen sind die Kapitel „Epidemiologie“ und „Lebensrettende Systeme“.

Letzteres beschreibt Ansätze auf Systemebene, um Reanimationsergebnisse auf nationaler Ebene zu verbessern, zum Beispiel durch Kampagnen, Einbindung digitaler Hilfsmittel, Frühwarnsysteme oder die Implementierung von Medical Emergency Teams (MET). Dies zielt auf Entscheider in Politik, Gesundheitswesen und Bildung.

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
Grippeschutz in der Praxis – Jetzt reinhören!

© DG FotoStock / shutterstock

Update

Neue Podcast-Folgen

Grippeschutz in der Praxis – Jetzt reinhören!

Anzeige | Viatris-Gruppe Deutschland
Herz mit aufgemalter Spritze neben Arm

© Ratana21 / shutterstock

Studie im Fokus

Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Prävention durch Influenzaimpfung?

Anzeige | Viatris-Gruppe Deutschland
Junge Frau spricht mit einer Freundin im Bus

© skynesher | E+ | Geytty Images

Update

Impflücken bei Chronikern

Chronisch krank? Grippeimpfung kann Leben retten

Anzeige | Viatris-Gruppe Deutschland
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Kommentare
Sonderberichte zum Thema
SCD-PROTECT-Studie-- Frühe Phase nach Diagnose einer Herzinsuffizienz – deutlich höheres Risiko für den plötzlichen Herztod als in der chronischen Phase.

© Zoll CMS

SCD-Schutz in früher HF-Phase

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: ZOLL CMS GmbH, Köln
Abb. 1: Risikoreduktion durch Bempedoinsäure gegenüber Placebo in der CLEAR-Outcomes-Studie für den primären 4-Komponenten-Endpunkt (A) und den sekundären 3-Komponenten-Endpunkt (B) stratifiziert nach Diabetes-Status

© Springer Medizin Verlag

Diabetes mellitus

Bempedoinsäure: Benefit für Hochrisiko-Kollektive

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Daiichi Sankyo Deutschland GmbH, München
Kardiologie und Hausärzteschaft im Dialog

© Springer Medizin Verlag

Kardiologie und Hausärzteschaft im Dialog

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Puren Pharma GmbH & Co. KG, München
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Neuerungen

Das gilt 2026 bei Abrechnung und Honorar

Der positive Jahresrückblick

Diese guten Nachrichten gab es 2025 im Gesundheitswesen

Lesetipps
Eine Person hält drei Figuren in den Händen

© Suriyo/stock.adobe.com

Man kann nicht nicht führen

Mitarbeiterführung in der Arztpraxis: Tipps für Praxisinhaber

Frau telefoniert

© Matthias Balk / picture alliance

Kontakt mit Patienten

Arztpraxis ohne Telefon: Kann das funktionieren?