Die Zahnbürste ist kein Schrubber - wie Zähne richtig geputzt werden

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Von Kai Gerullis

Sie vollbringen tagtäglich im Mund Höchstleistungen. Die Zähne zerkleinern das Essen in magengerechte Portionen und müssen dabei mit einer Mischung aus hart und weich, heiß und kalt zurechtkommen. Doch damit sich jeder auch bis ins hohe Alter auf seine Zähne verlassen kann, ist bekanntlich gründliche Pflege Pflicht. Zähneputzen allein reicht nach Meinung von Experten aber längst nicht mehr aus, um dauerhaft Parodontose und Karies zu verhindern.

"Für die meisten Patienten gilt nach wie vor, wer Schäden an seinen Zähnen vermeiden möchte, sollte dreimal täglich putzen", sagt Zahnarzt Klaus-Dieter Bastendorf aus Eislingen. "Dabei ist einmal am Tag eine gründliche Zahnpflege mit Reinigung der Zahnzwischenräume wichtig, ansonsten reicht nach den Mahlzeiten eine einfache Speiserest-Entfernung."

Soweit die Theorie. "Leider befolgen die meisten Bundesbürger diese Empfehlungen nicht, denn eine gründliche Reinigung dauert wissenschaftlich gesehen 5,4 Minuten. Doch nur 20 Prozent putzen hierzulande gerade mal maximal zwei Minuten lang die Zähne."

Allgemeine Regeln fürs Zähneputzen gibt es nicht, weil beispielsweise Menschen mit freiliegenden Zahnhälsen oder vielen Brücken andere Techniken anwenden müssen als gesunde. "Die individuelle Empfehlung kann nur nach ausführlicher Diagnose vom Zahnarzt gegeben werden", erläutert Bastendorf.

Nur leichter Druck beim Zähneputzen

"Oberstes Gebot für jeden ist aber, nur mit leichtem Druck zu putzen, denn die Zahnbürste ist kein Schrubber", sagt Lisa Loewenthal vom Informationskreis Mundhygiene und Ernährungsverhalten. "Auch sollte niemals nur seitlich hin und her oder nur auf und ab geputzt werden, denn dadurch wird der Zahnbelag noch tiefer in die Zahnzwischenräume gepreßt", sagt die Mundhygiene-Expertin.

Im Berufsalltag ist die Zahnpflege nicht immer problemlos möglich. Wer trotzdem etwas für sein Gebiß tun möchte, für den gibt es kleine Hilfsmittel. "Ein sogenanntes Zahnpflegekaugummi hilft, die Speichelproduktion anzuregen. Speichel neutralisiert Säuren, die entweder von Bakterien im Mund produziert werden oder von Speiseresten stammen", sagt Loewenthal. Doch dies darf nur die Ausnahme bleiben, denn ein Zahnpflegekaugummi kann nie die Bürste ersetzen.

Die Wahl der passenden Zahnbürste ist in den letzten Jahren besonders durch die rasante Verbreitung von elektrischen Zahnbürsten geprägt. "Mit einer elektrischen Zahnbürste legt man im Mund in der gleichen Zeit eine deutlich längere Wegstrecke zurück als mit einer Handzahnbürste, wodurch bei richtiger Anwendung eine bessere Reinigungswirkung erzielt wird", sagt Bastendorf.

"Aber auch der Umgang mit dem elektrischen Helfer sollte erlernt werden." Wer eher ungeschickt im Umgang mit der Zahnbürste ist, sollte sich nach Meinung des Experten für eine sogenannte schallaktivierte Bürste entscheiden; wer die Technik gut beherrscht, kann sich auch für eine rotierende Bürste mit kleinerem Kopf entscheiden.

Zungenreinigung mit dem Eßlöffel

Doch außer der Pflege der Zähne sollte im Mundraum auch die Zunge nicht vergessen werden. Im Zungenbelag tummeln sich besonders viele Bakterien, die Mundgeruch verursachen können. "Nach jedem Zähneputzen einen unter anderem in Apotheken erhältlichen Zungenreiniger auf der rausgestreckten Zunge einsetzen", empfiehlt Loewenthal.

"Man kann den Zungenbelag aber auch mit der Innenseite eines Eßlöffels von hinten nach vorne von der Zunge schaben." Eventueller Würgereiz verschwindet, wenn man die rausgestreckte Zungenspitze mit einem Tuch nach unten drückt.

Außerdem sollte der Mundraum regelmäßig von Experten untersucht werden. "Erwachsene sollten eine professionelle Zahnreinigung wenigstens zweimal jährlich in der Zahnarztpraxis machen lassen", betont Loewenthal. Dafür muß der Patient allerdings selbst zahlen. Für die etwa einstündige Reinigung, zu der auch immer eine umfangreiche Beratung gehört, werden durchschnittlich etwa 100 Euro fällig.

"Das Ziel ist dabei immer die absolute Belagfreiheit", sagt Bastendorf. Eine schwedische Studie über 30 Jahre hinweg unter 375 Patienten hat ergeben, daß in dem Zeitraum jeder Teilnehmer dank regelmäßiger Prophylaxe durch Zahnärzte nur durchschnittlich 0,67 Zähne verloren hat.

Zahnschutz durch die richtige Ernährung

Löchern im Zahn oder Schäden am Zahnfleisch kann übrigens auch ganz ohne technische Hilfsmittel vorgebeugt werden. So empfiehlt Loewenthal, bei der Ernährung Lebensmittel mit natürlichen zahnschützenden, Karies und Parodontitis vorbeugenden Stoffen zu bevorzugen.

Dazu gehören Käse, Grüner Tee, Avocados, Cranberries, rohe Zwiebeln oder auch Lakritz. Die Vitamine C und D sind zudem gut für Zähne und Zahnfleisch, Joghurt und Petersilie vertreiben Bakterien, die Mundgeruch verursachen.

Unnatürlich abgenutzt werden Zähne auch durch Zähnknirschen im Schlaf. Hier helfen Beißschienen.



Korrekte Zahnpflege, aber bitte gerüttelt

Als eine optimale Möglichkeit zum Zähneputzen gilt die "Rütteltechnik nach Bass". Dazu muß man die Zahnbürste leicht schräg am Zahnfleischsaum so ansetzen, daß ein Teil der Bürste den Zahn und ein weiterer Teil das Zahnfleisch erfaßt, teilt der Informationskreis Mundhygiene und Ernährungsverhalten mit. Grund dafür ist, daß am Zahnfleischsaum die hartnäckigsten Bakterien sitzen. Dann sollte man leicht mit der Zahnbürste auf der Stelle die Beläge losrütteln und zur Kaufläche des Zahnes hin wegwischen.

Dabei gilt es, systematisch Zahn für Zahn vorzugehen: erst die obere Zahnreihe außen, dabei zuerst eine Hälfte von Backen- bis Schneidezähnen, dann die andere Hälfte. Ebenso ist das Verfahren für die untere Zahnreihe außen. Danach im gleichen Verlauf die obere und untere Zahnreihe innen und zum Schluß die Kauflächen.

Diese Technik erfordert allerdings Übung und kann beim Zahnarzt erlernt werden. Da Zahnpflege immer individuellen Erfordernissen folgt, werden in der Praxis je nach Diagnose und Zustand der Zähne auch andere Möglichkeiten zur Mundhygiene erklärt. (ddp.vwd)

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