Kokain

Drogenrausch verlief "herzzerreißend"

Dass Drogenkonsum tödlich enden kann, ist an sich nicht überraschend. Die konkrete Todesursache war es bei einem 25-jährigen Mann aber durchaus.

Von Dr. Dagmar Kraus Veröffentlicht:
Kokain ist die eine gefährliche Droge fürs Herz. Folgen des Konsums: Akutes Koronarsyndrom, Myokardinfarkt, früher Tod.

Kokain ist die eine gefährliche Droge fürs Herz. Folgen des Konsums: Akutes Koronarsyndrom, Myokardinfarkt, früher Tod.

© Driving South / Fotolia

BRESCIA. Die Medizinerin Adelaide Conti von der Universität in Brescia, Italien, und ihre Kollegen berichten über einen 25-jährigen Mann, der von seiner Frau bewusstlos im Badezimmer aufgefunden wurde (Am J Med 2018, online 8. Januar). Innerhalb weniger Minuten war der Notarzt vor Ort und begann mit der kardiopulmonalen Reanimation.

Der Patient wurde intubiert in die Notaufnahme des lokalen Krankenhauses eingeliefert. Doch trotz intensiver Reanimationsbemühungen konnte nach einer Stunde schließlich nur noch der Tod des jungen Mannes festgestellt werden. Die Angehörigen hatten zuvor angegeben, dass der Patient regelmäßig Kokain konsumiert und vor etwa zwei Tagen über Oberbauchbeschwerden geklagt habe.

Komplette Myokardruptur gefunden

Um zu klären, woran der junge Mann so unerwartet gestorben war, hatten die Ärzte eine Obduktion angeordnet. Neben einer sternalen Fraktur in Höhe des dritten Interkostalraumes, den die Ärzte auf die Reanimationsmaßnahmen zurückführten, fand sich eine massive kardiale Tamponade sowie eine etwa zwei Zentimeter lange komplette Myokardruptur im Bereich der freien linksventrikulären Wand.

 Außerdem fiel bei anatomisch regelrecht angelegten Koronararterien eine atherosklerotische Plaque im Ramus interventricularis anterior mit einer 20%igen Stenosierung auf.

Im Rahmen der histologischen Untersuchung waren neben kernlosen Myozyten und gewellten kollagenen Fasern auch zahlreiche neutrophile Granulozyten im interstitiellen Gewebe nachweisbar. Rund um die Rupturstelle imponierten zudem zerrissene Muskelfasern und extravasierte Erythrozyten.

Anhand der Befundkonstellation kommen Adelaide Conti und ihre Kollegen zu der Überzeugung, dass ein Myokardinfarkt mit anschließender Ruptur der linken Ventrikelwand zum plötzlichen Tod des jungen Mannes geführt haben muss, getriggert durch einen - vermutlich wiederholten - Kokainkonsum innerhalb der vorausgegangenen 48 Stunden.

Sowohl im Blut als auch im Urin des Mannes fanden sich hohe Konzentrationen des Aufputschmittels und seiner Metaboliten. Zum Zeitpunkt der Klinikeinweisung lag die Konzentration im peripheren Blut bei 1,575 µg/ml, im post mortem gewonnen Herzblut bei 1,528 µg/ml. Auch die Haaranalyse war positiv für Kokain (31,64 ng/ml) und Benzoylecgonin (5,07 ng/ml).

Pathomechanismus kann nur vermutet werden

Dass Kokain Herzrhythmusstörungen oder sogar Herzinfarkte bedingen kann, ist hinlänglich bekannt, wie die italienischen Ärzte ausführen, Myokardrupturen seien jedoch bislang noch nicht beschrieben worden.

Als Pathomechanismus vermuten die italienischen Ärzte, dass infolge des wiederholten Kokainkonsums des Patienten die Herzfrequenz und -kontraktilität sowie der Blutdruck rapide gestiegen und gleichzeitig aufgrund von Koronarspasmen die Blutversorgung des Myokards stark abgefallen sei, was schließlich zum Infarkt und infolge zur Myokardruptur geführt habe.

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Rauchfreies Europa?

Rauchstopp: EU hat neben Tabak auch Nikotin im Blick

Das könnte Sie auch interessieren
Was die MS-Behandlung auszeichnet

© Suphansa Subruayying | iStock

Lebensqualität

Was die MS-Behandlung auszeichnet

Anzeige | Merck Healthcare Germany GmbH
Unsichtbare MS-Symptome im Fokus

© AscentXmedia | iStock

Lebensqualität

Unsichtbare MS-Symptome im Fokus

Anzeige | Merck Healthcare Germany GmbH
Prognostizierbares Therapieansprechen?

© Stockbyte | gettyimages (Symbolbild mit Fotomodellen)

Antidepressiva

Prognostizierbares Therapieansprechen?

Anzeige | Bayer Vital GmbH
Depression und Schmerz gehen häufig Hand in Hand

© brizmaker | iStock (Symbolbild mit Fotomodell)

Depressionsscreening

Depression und Schmerz gehen häufig Hand in Hand

Anzeige | Bayer Vital GmbH
Kommentare
Dr. Thomas Georg Schätzler 07.02.201811:04 Uhr

Kokain ist nicht nur ein "Hauptstadtproblem"!

Nicht nur Berlin, sondern auch Hamburg, Bremen, Hannover, Düsseldorf, Köln, Leipzig, Frankfurt, Dresden, Stuttgart, München sind Umschlagsplätze für Kokain & Co. Eine Meldung aus 2015:
https://www.ksta.de/panorama/in-berliner-aldi-filialen-polizei-findet-386-kilo-kokain-in-bananenkisten-1695128
Aktuell aus 2018:
https://www.morgenpost.de/berlin/article105077544/Berliner-Polizei-beschlagnahmt-100-Kilo-Kokain.html

Kokain (Erythroxylon Coca):
- Kokain (rein)
- Kokainhydrochlorid (halbsynthetisch)
- Crack (synthetisch)
- Freebase
- Mischungen (+Heroin z.B.)

Kokain–Symptomatik allgemein:
Crack-Raucher - schwarzes Sputum, Thoraxschmerzen
Hautveränderungen - Kratzspuren („Coke bugs“)
Chronischer Konsum - dilatative Kardiomyopathie
Bei Herzinfarkt keine Lyse wegen erhöhter Hirnblutungsgefahr!
Mydriasis - erhöhter Sympathikotonus

Kokain macht ausgeprägte Herz-/Kreislaufsymptomatik! Erhöht Sympathikotonus; verringert die Inotropie; erhöht Thrombozyten-Aggregation. Mit den Folgen:
- Hypertonie
- Tachykardie
- Koronarspasmen
- Rhythmusstörungen
- Myokardischämie.
Modifiziert nach:
http://www.leipzig-kardiologie.de/veran/notfall/download/nft_10_Prof_Adam_Drogennotfall.pdf)

Zum Thema Kokain-Missbrauch gibt es bei der Berliner Berufsfeuerwehr im Rettungsdienst seit vielen Jahren einen verbindlichen Algorithmus, in jedem Einzelfall die Frage nach zurückliegendem Kokain-Konsum bei pectangiösen Beschwerden (AP) und V. a. akutes Koronarsyndrom (ACS) auch bei jungen Patienten unter 25 Jahren zu stellen.

Mf + kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

Sonderberichte zum Thema
Abb. 1: Risikoreduktion durch Bempedoinsäure gegenüber Placebo in der CLEAR-Outcomes-Studie für den primären 4-Komponenten-Endpunkt (A) und den sekundären 3-Komponenten-Endpunkt (B) stratifiziert nach Diabetes-Status

© Springer Medizin Verlag

Diabetes mellitus

Bempedoinsäure: Benefit für Hochrisiko-Kollektive

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Daiichi Sankyo Deutschland GmbH, München
7-Jahres-Daten belegen günstiges Nutzen-Risiko-Profil von Ofatumumab

© Vink Fan / stock.adobe.com

Aktive schubförmige Multiple Sklerose

7-Jahres-Daten belegen günstiges Nutzen-Risiko-Profil von Ofatumumab

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Novartis Pharma GmbH, Nürnberg

ADHS im Erwachsenenalter

Wechseljahre und ADHS: Einfluss hormoneller Veränderungen auf Symptomatik und Diagnose

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: MEDICE Arzneimittel Pütter GmbH & Co. KG, Iserlohn
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Update der Studie EPIsoDE

Psilocybin hält therapieresistente Depressionen ein Jahr lang in Schach

Lesetipps
Warnschild Grippewelle

© nmann77 / stock.adobe.com

ARE in Grafiken

RKI: Grippewelle deutet sich an

Fünf Menschen im Wartezimmer.

© Tyler Olson / stock.adobe.com

Einteilung in fünf Gruppen

Diabetes: Risiken für Komorbiditäten vom Subtyp abhängig

Im Krankenhaus wird der Patient unter Aufsicht eines Radiologen einer CT-Untersuchung unterzogen.

© Valerii Apetroaiei / stock.adobe.com

Vereinfachter Diagnose-Algorithmus

Lungenembolie mit weniger Bildgebung sicher ausschließen