Forschung

Entschlüsselt: Wie Gerinnungshemmer gegen Tumoren wirken

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HAMBURG. Für seine Arbeit zu Gerinnungshemmern in der Krebstherapie ist Dr. Jan Suckau, Assistenzarzt in der Plastisch- und Handchirurgischen Klinik am Uniklinikum Erlangen, mit dem Deutschen Studienpreis 2017 der Körber-Stiftung ausgezeichnet worden. In seiner Dissertation "Die Rolle des vaskulären Endothels bei der Metastasierung des malignen Melanoms" habe Suckau die Wirkweise von Gerinnungshemmern in der Krebstherapie entschlüsselt, teilt die Stiftung mit. Seine Arbeit schaffe die Grundlage für eine neue Art von Krebsarzneien.

"Thrombosen und Embolien sind, nach dem Krebsleiden selbst, die häufigste Todesursache bei Krebspatienten", weiß Suckau. "Umso schwerer wiegt der Umstand, dass aktuelle Krebstherapeutika oft selbst die Blutgerinnung und damit das Auftreten von Thrombosen und Embolien fördern." Gleichzeitig ist bekannt, dass eine gesteigerte Gerinnung die Ausbildung von Metastasen im Körper und damit das Fortschreiten der Krebserkrankung begünstigt – ein Teufelskreis. Während der Therapie von Gerinnungsstörungen bei Krebspatienten wurde bereits der positive Effekt gängiger Gerinnungshemmer aus der Gruppe der niedermolekularen Heparine, wie zum Beispiel Tinzaparin, auf die Tumorausbreitung beobachtet. "Da man allerdings den Mechanismus dahinter nicht entschlüsseln konnte, blieb das volle Potenzial der Gerinnungshemmer in der Krebstherapie ungenutzt. Wir konnten nachweisen, wie Tinzaparin die Kommunikation der Krebszellen mit der inneren Gefäßwand stört – und damit auch deren Metastasierung hemmt", wird Suckau zitiert.

Die tumorhemmende Wirkung: Ein Gerinnungshemmer bindet das von Krebszellen freigesetzte Signalprotein VEGF-A, wodurch die Kommunikation mit dem Endothel unterbrochen wird. Dadurch setzt die innere Gefäßwand weniger "von-Willebrand-Faktor-Fäden" frei. Das Trägerprotein bildet in der Blutbahn lange Netzwerke aus, um Blutkörperchen, Blutplättchen und Krebszellen an die Gefäßwand zu binden. Gerinnung sowie Anheftung der Krebszellen an die innere Gefäßwand werden so reduziert, die Ausbildung von Metastasen wird gehemmt und die Tumorlast nimmt ab, wodurch sich ein Überlebensvorteil ergibt. "Künftig wäre es denkbar, gängige Gerinnungshemmer gezielt als Krebsmedikamente einzusetzen", so Suckau in der Mitteilung der Körber-Stiftung, "sowohl als Alternative als auch in Kombination mit den bisher verabreichten Krebstherapeutika."

Im Gegensatz zu diesen seien Gerinnungshemmer nicht thrombosefördernd, wesentlich kostengünstiger, einfacher in der Anwendung und sie weisen generell weniger Nebenwirkungen auf. Suckau regt an, die Gerinnungshemmer auch für eine "Metastasierungsprophylaxe" im Frühstadium der Krebserkrankung in Betracht zu ziehen. "Gerinnungshemmer könnten in der Krebstherapie entscheidend zu einer besseren Lebensqualität und Überlebensrate von Patienten beitragen."(mal)

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